Entscheidungsstichwort (Thema)

FGO: Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand - Pflicht zur wirksamen Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze per Telefax

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Prozessbevollmächtigter genügt seiner Pflicht zur wirksamen Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze per Telefax nicht bereits dann, wenn er seine Angestellten anweist, das Sendeprotokoll dahingehend zu überprüfen, ob der Schriftsatz vollständig und an die zuvor aufgeschriebene und zumeist in das Schriftstück entsprechend eingefügte Nummer versandt wurde. Zusätzlich bedarf es der Anweisung, die im Sendeprotokoll aufgeführte Nummer - z. B. anhand eines geeigneten Verzeichnisses bzw. den Angaben in der Rechtsbehelfsbelehrung - mit derjenigen des Empfängers nochmals abzugleichen.

 

Normenkette

FGO § 56

 

Tatbestand

I.

1. Die klagende GmbH wurde in den Streitjahren zunächst jeweils erklärungsgemäß zur Gewerbe- und Körperschaftsteuer veranlagt. Aufgrund einer Außenprüfung versagte das beklagte Finanzamt (FA) für erzielte Veräußerungsgewinne das Befreiungsprivileg des § 8b Abs. 2 Körperschaftsteuergesetz (KStG) und rechnete die durch die Klägerin als steuerfrei behandelten Veräußerungsgewinne in 2005 in Höhe von 215.965,- € und in 2006 in Höhe vom 179.066,- € dem Gewinn hinzu. Das FA erließ am 19.03.2012 geänderte Körperschaftsteuerbescheide für 2005 bis 2007 und geänderte Bescheide für 2005 bis 2007 über den Gewerbesteuermessbetrag und hob die Bescheide über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2006 sowie über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2006 und 31.12.2007 auf.

2. Gegen diese Bescheide legte die Klägerin am 19.04.2012 Einspruch ein, der mit Einspruchsentscheidung vom 29.11.2013 als unbegründet zurückgewiesen wurde.

II.

1. a) Dagegen hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 06.01.2014, eingegangen beim Gericht am 08.01.2014, Klage erhoben. Die Klageschrift ist an das Finanzgericht Hamburg adressiert und enthält den Zusatz: "Vorab per FAX: 040 ...". Unter dieser Fax-Nummer, die dem - an dem Rechtsstreit unbeteiligten - FA Hamburg-1 gehört, ist die Klagschrift am 06.01.2014 um 16:46 Uhr eingegangen (Finanzgerichtsakte -FGA- Bl. 36). Sie ist von dort aus an das beklagte FA weitergeleitet worden und dort am 09.01.2014 eingegangen. Die Original-Klagschrift ist am 08.01.2014 beim Finanzgericht eingegangen.

b) Mit an den Klägervertreter gerichteter Eingangsnachricht vom 08.01.2014 hat das Gericht der Klägerin mitgeteilt, dass "die Klage vom 06.01.2014 am 08.01.2014 eingegangen ist", und sie aufgefordert, die Klage binnen 4 Wochen zu begründen (FGA Bl. 37).

c) Nachdem die Klägerin durch Verfügung der Berichterstatterin im Zusammenhang mit der Übersendung der Klagabweisungsschrift des FA am 18.03.2014 an den Klägervertreter noch einmal darauf hingewiesen worden war, dass die Klage erst am 08.01.2014 beim Gericht eingegangen war (FGA Bl. 16R), hat die Berichterstatterin den Klägervertreter mit Telefonat vom 06.06.2014 ausdrücklich auf die (verspätete) Klageinreichung am 08.01.2014 hingewiesen (FGA Bl. 24R).

d) Mit Schreiben vom 10.06.2014, eingegangen beim Gericht am 11.06.2014, hat die Klägerin hinsichtlich der versäumten Klagefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt (FGA Bl. 25 ff.). Zur Begründung trägt sie vor, die Einspruchsentscheidung sei erst am 04.12.2013 im Büro ihres Prozessbevollmächtigten eingegangen; dies ergebe sich aus dem auf dem Einspruchsschreiben befindlichen Eingangsstempel (FGA Bl. 35).

Von dem Büro des Prozessbevollmächtigten sei beim Versand der Klagschrift versehentlich eine falsche Telefax-Nummer verwendet worden. Da ausweislich des in Kopie beigefügten Übertragungsprotokolls die Übermittlung der Klagschrift erfolgreich gewesen sei, habe keine Veranlassung bestanden, an der fristgemäßen Einreichung der Klage zu zweifeln. Erst durch den telefonischen Hinweis des Gerichts sei am 06.06.2014 die Verwendung der falschen Telefax-Nummer offenbar geworden.

In der Sache lägen die Voraussetzungen des § 8b Abs. 7 KStG vor, da sie, die Klägerin, im Zeitpunkt der Anschaffung der Aktien keinen Eigenhandelserfolg habe erzielen wollen. Der Erfolg habe sich vielmehr zufällig realisiert.

Die Klägerin beantragt,

unter Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der versäumten Klagefrist die angefochtenen Bescheide vom 19.03.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.11.2013 in der Weise zu ändern, dass die erzielten Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an anderen Kapitalgesellschaften als steuerfrei gem. § 8b Abs. 2 KStG behandelt werden.

Das FA beantragt,

die Klage zu weisen.

Das FA ist der Auffassung, dass die Klage unzulässig sei, weil sie verspätet erhoben worden sei. Im Übrigen sei die Klage unbegründet, da die Voraussetzungen des § 8b Abs. 7 KStG vorlägen und damit die Befreiungsregelung des § 8b Abs. 2 KStG nicht anzuwenden sei.

III.

1. Der Senat hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 24.06.2014 ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?