Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (BFH VII B 139/19)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmissbräuchliche Vertragsgestaltungen und Vertrauensschutz bei der Einfuhr von Pilzkonserven unter Ausnutzung eines Zollkontingents
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Rechtsmissbräuchlichkeit von Vertragsgestaltungen, mit denen Unternehmen auf dem Binnenmarkt Waren vermarkten können, die zuvor von einem anderen Unternehmen unter Ausnutzung von dessen Importlizenz eingeführt wurden.
2. Zur Erkennbarkeit rechtsmissbräuchlicher Fallgestaltungen nach dem Urteil des EuGH vom 13.03.2014 (C-155/13, SICES u.a.).
Normenkette
ZK Art. 220; EUVO-1979/2006
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Nacherhebung von Zöllen.
Die Klägerin war im hier relevanten Zeitraum in erster Linie mit dem Exporthandel mit ... befasst. Darüber hinaus hatte sie seit den 1980er Jahren in Einzelfällen mit Champignonkonserven chinesischen Ursprung gehandelt, die sie ausschließlich von der A & Co. (GmbH & Co.) KG (im Folgenden: A) bezog. Die Klägerin und A haben dieselben Gesellschafter und Geschäftsführer. Sie gehören zum A-Unternehmensgruppe, die seit den 1950er Jahren mit Champignons handelt und 1979 den ersten Kontrakt mit chinesischen Lieferanten schloss.
Die Klägerin, vertreten durch A, beantragte und erhielt als "neuer Einführer" die Einfuhrlizenz XXX-1 vom 25. Januar 2013, die ihr gestattete, 289,5 t Champignonkonserven (Unterposition 2003 1030 KN) zum Kontingentzollsatz von 23 % einzuführen. Die Sicherheit für die Lizenz stellte A. Mit sieben Zollanmeldungen vom 24. Juni 2013 (xxx-1, xxx-2, xxx-3, xxx-4, xxx-5, xxx-6, xxx-7) meldete die Klägerin, vertreten durch A, derartige Champignons beim Beklagten zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr an. Hierfür beantragte die Klägerin mit der Einfuhrlizenz vom 25. Januar 2013 die Anrechnung auf ihr Zollkontingent. Unter Anwendung des ermäßigten Zollsatzes von 23 % wurden mit Einfuhrabgabenbescheiden vom 24. und 25. Juni 2013 insgesamt ... € Zoll festgesetzt.
Auf Antrag der Klägerin, ebenfalls vertreten durch A, wurde ihr die Einfuhrlizenz XXX-2 vom 27. Januar 2014 erteilt, die sie berechtigte, als "traditioneller Einführer" 120 t der genannten Champignonkonserven zu einem Kontingentzollsatz von 23 % einzuführen. Die Sicherheit für die Lizenz stellte ebenfalls A. Mit drei Zollanmeldungen vom 15. Mai 2014 (xxx-8, xxx-9, xxx-10) meldete die Klägerin, vertreten durch A, derartige Waren beim Beklagten unter Anrechnung auf ihr Zollkontingent zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr an. Unter Anwendung des ermäßigten Zollsatzes von 23 % wurden mit Einfuhrabgabenbescheid vom 15. Mai 2014 insgesamt ... € Zoll festgesetzt. Mit diesen drei Einfuhren wurde das der Klägerin zugeteilte Kontingent von 120 t - bis auf eine winzige Restmenge - erschöpft.
Die Einfuhren wurden jeweils wie folgt abgewickelt: Zunächst erwarb A Paletten à 12 Gläser Champignons in Scheiben von einem chinesischen Lieferanten und verbrachte sie in ein Zolllager nach Hamburg. In den noch streitigen Einfuhren vom 15. Mai 2014 (NEE-Vorgänge 8-10) wurden mit der Handelsrechnung Rg.-1 vom 21. März 2014 7.040 Paletten (NEE-Vorgang 8), mit der Handelsrechnung Rg.-2 vom 13. März 2014 35.200 Paletten (NEE-Vorgang 9) und mit der Handelsrechnung Rg.-3 vom 2. April 2014 17.600 Paletten (NEE-Vorgang 10) fakturiert.
Sodann verkaufte A die Ware unverzollt an die Klägerin. Dies erfolgte dergestalt, dass die Klägerin am 14. Mai 2014 bei A zu den Lieferbedingungen "Frei ab Hamburger Lager, unverzollt" die in den drei Handelsrechnungen bezeichneten Waren bestellte, wobei sie von der zuletzt genannten Partie nur 16.583 Paletten orderte. Diesen Auftrag hatte A bereits am Vortag bestätigt. A berechnete hierfür mit Rechnung vom 14. Mai 2014 nahezu ihren FOB-Einkaufspreis zuzüglich Beförderungs-, Transport, Versicherungs-, Lager- und Umschlagkosten.
Am 15. Mai 2014 überführte die Klägerin, vertreten durch A, die Waren in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr. Hierbei gab sie als Zollwert den Einkaufspreis an, den A an die chinesischen Hersteller gezahlt hatte. Für die Zahlung der Einfuhrabgaben wurde das Aufschubkonto der A belastet, die die verauslagten Einfuhrabgaben an die Klägerin weiterbelastete.
Zeitgleich mit dem unverzollten Verkauf von A an die Klägerin einigten sich die Parteien über den Rückkauf der Ware. Bereits am 13. Mai 2014 bestellte A dieselbe Ware, verzollt, bei der Klägerin, die diesen Auftrag am 14. Mai 2014 bestätigte und am 26. Mai 2014 in Rechnung stellte. Als Kaufpreis wurde der Einkaufspreis zuzüglich Zoll vereinbart. Die Kaufpreise wurden miteinander verrechnet. Erst nachdem A die Ware an Dritte weiterveräußert hatte, wurde sie aus dem Zolllager entfernt.
Veranlasst durch eine turnusmäßige Zollprüfung bei A ordnete der Beklagte am 17. August 2015 bei der Klägerin eine Zollprüfung für den Prüfungszeitraum Oktober 2012 bis Juli 2015 an. Nach den Feststellungen des Prüfungsberichts vom 17. Dezember 2015 (b-1) sei A in ihrer Funktion a...