rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeld für EG-Arbeitnehmer: Abzweigung an ausländische Stelle

 

Leitsatz (amtlich)

1. Beim Kindergeld für hiesige Arbeitnehmer aus einem EG-Land gehen Art. 72 ff VO (EG) NR. 1408/71 vom 14. 6. 1971 als Spezialregelungen den §§ 62 ff EStG vor.

2. Wenn der Wanderarbeitnehmer seiner Unterhaltspflicht gegenüber seinen im EG-Ausland lebenden Kindern nicht nachkommt, kann das Kindergeld auf Antrag des dortigen Trägers an die dortige Stelle abgezweigt werden, die tatsächlich für die Familienangehörigen sorgt.

 

Normenkette

EStG §§ 62-65, 74 Abs. 1 Sätze 1, 4; EGV 1408/71 Art. 73 Abs. 1; EGV 1408/71 Art. 75 Abs. 1 Buchst. a, b

 

Tatbestand

I. Streitig ist nur, ob Kindergeld für die Kinder des Klägers an ihn auszuzahlen ist oder ob es von der beklagten Familienkasse rechtmäßig an die Seguranca Social, d.h. die portugiesische Sozialversicherung, in Lissabon abgezweigt worden ist.

Bei der streitigen Abzweigung geht es nur um den Kindergeld-Zeitraum für das außereheliche jüngere Kind ab Januar 2002 (monatlich 179 EUR; Januar bis Juli 2002 bzw. 7 Monate zusammen 1.253 EUR) und für die drei anderen älteren Kinder ab August 2002 (monatlich für alle vier Kinder ab August 2002 zusammen 554,36 EUR).

Die Kinder des Klägers leben bisher in Portugal und gehen bisher dort zur Schule.

Vor dem Streitzeitraum wurden in Portugal nach Trennung der Eltern familienrechtliche Entscheidungen über das Kinder-Sorgerecht und -Umgangsrecht getroffen.

Die älteren drei Kinder kamen von der Tagesschule ins Internat, als der Kläger zur Nachtschicht-Arbeit wechselte, bevor er zur Arbeit nach Deutschland zog (portugiesische Bescheinigungen und Übersetzung im Protokoll vom 20. April 2004, Finanzgerichts-Akte -FG-A- Bl. 28). Bereits seit November 1999 war der Kläger in Deutschland berufstätig (Bescheinigung der portugiesischen Sozialversicherung und Übersetzung, Kindergeld-Akte -KiG-A- Bl. 124, 137). Diese drei Kinder lebten bis Juli 2001 in dem Internat, bei dem es sich um eine Einrichtung der portugiesischen Sozialversicherung handelt, und leben seitdem bei ihrer Mutter.

Das jüngere außereheliche Kind lebt bei der Großmutter mütterlicherseits.

II. Im Januar 2002 reichte der Kläger das von ihm ausgefüllte europäische Formular E 411 mit der Bescheinigung der portugiesischen Sozialversicherung ein, d.h. "Anfrage betreffend den Anspruch auf Familienleistungen (Kindergeld) in dem Mitgliedstaat, in dem die Familienangehörigen wohnen". Darin wurde die Mutter der erst genannten drei Kinder aufgeführt und bescheinigt, dass sie dort Familienleistungen bezog (KiG-A Bl. 28).

Unter dem 26. März 2002 wandte sich der Kläger an die beklagte Familienkasse und an die portugiesische Sozialversicherung und begehrte das volle Kindergeld mit der Behauptung, dass er die drei älteren Kinder durch Bezahlung des Internats und zu Hause in Portugal unterhalte und dass er auch den jüngeren außerehelichen Sohn zu Hause in Portugal unterhalte. Außerdem bezog er sich auf die Sorgerechtsentscheidung des portugiesischen Familiengerichts zu seinen Gunsten aus 1998 (KiG-A Bl. 46-47, Übersetzung Bl. 56).

Die portugiesische Sozialversicherung teilte mit umfangreichen Unterlagen am 9. Juli 2002 mit, dass die Erklärungen des Klägers offensichtlich wahrheitswidrig seien. Eine von ihm vorgelegte Quittung der Schule (KiG-A Bl. 66) sei eine grobe Fälschung, wie durch Schreiben des Internats betreffend die Fälschung und betreffend die Übergabe der Kinder an die Mutter bei Schuljahresende Juli 2001 belegt (KiG-A Bl. 64 ff). Die von dem Kläger erwähnte Sorgerechtsentscheidung sei überholt durch die beigefügten und vom Kläger verschwiegenen weiteren Gerichtsentscheidungen (KiG-A Bl. 71 ff) zu Gunsten der Mutter der drei ehelich geborenen Kinder und (KiG-A Bl. 77 ff) zugunsten der Großmutter des nichtehelichen Kindes (KiG-A Bl. 61 ff, 85 ff, Übersetzungen Bl. 93 ff).

Weiter beantragte die portugiesische Sozialversicherung mit Formularen gemäß Art. 75 Abs. 2 VO (EG) NR. 1408/71 die Kindergeld-Abzweigung an sich, da nicht der Kläger das Kindergeld für den Unterhalt der Kinder verwende, sondern sie - die Sozialversicherung - entsprechende näher bezeichnete Leistungen gewähre (KiG-A Bl. 74 ff, 81 ff, 83 ff).

Mit Bescheid vom 24. September 2002 lehnte die beklagte Familienkasse die Auszahlung des Kindergelds für die genannten Kinder und Zeiträume an den Kläger ab mangels seiner Verwendung für den Unterhalt der Kinder in Portugal und verfügte die Abzweigung an die portugiesische Sozialversicherung gemäß Art. 75 Abs. 2 VO (EG) NR. 1408/71 (KiG-A Bl. 106).

Am 27. September legte der Kläger Widerspruch bzw. sinngemäß Einspruch ein und behauptete, gemäß nachzureichenden Belegen seine Kinder in Portugal zu unterstützen (KiG-A Bl. 110).

Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 12. Dezember 2002 zurückgewiesen (KiG-A Bl. 110).

III. Nach Klageerhebung vom 19. Dezember 2002 (FG-A Bl. 1) hat der Kläger am 22. April 2003 mit der Klagebegründung (FG-A Bl. 5) wiederum eine Kopie...

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