Revision eingelegt (BFH VIII R 25/21)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Zahlungen einer ausländischen Stiftung als Kapitaleinkünfte Mit Gewinnausschüttung i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG wirtschaftlich vergleichbare Leistung. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: VIII R 25/21)
Leitsatz (amtlich)
1. Das Tatbestandsmerkmal der wirtschaftlichen Vergleichbarkeit mit Gewinnausschüttungen in § 20 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 EStG ist weit auszulegen. Es ist nicht erforderlich, dass der Leistungsempfänger unmittelbar oder mittelbar Einfluss auf das Ausschüttungsverhalten einer Stiftung nehmen kann.
2. Ausschüttungen einer Stiftung an einen Destinatär sind als Kapitalertrag zu berücksichtigen, soweit diese aus den Erträgen der Stiftung erfolgen.
Normenkette
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 9 S. 1
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Zahlung einer ausländischen Stiftung bei dem Kläger einkommensteuerpflichtig ist.
Im Dezember 2008 wurde mit Sitz in der Schweiz die Stiftung A als eine Familienstiftung im Sinne der Artikel 80 ff. des Schweizerischen Zivilgesetzbuches gegründet. Der 1988 geborene Kläger ist Angehöriger der Familie B im Sinne der Stiftungsstatuten.
Die Stiftungsstatuten enthalten insbesondere folgende Regelungen:
Art. 2 Zweck
Die Stiftung verfolgt die Zwecke einer Familienstiftung i.S.v. Art. 335 Schweizerisches Zivilgesetzbuch (ZGB). Als Familienstiftung bezweckt sie die Unterstützung von Angehörigen der Familie B zum Zwecke der Ausstattung und soll als Starthilfe für Mitglieder dieses Personenkreises verwendet werden.
Als Angehörige der Familie B im Sinne der Stiftungsstatuten gelten die Nachkommen der Familienstämme von C und D.
Die Stiftung verfolgt keinerlei wirtschaftliche Zwecke.
Art. 3 Stiftungsvermögen
[...] Zur Erfüllung des Stiftungszwecks stehen sowohl die Erträge des Stiftungsvermögens als auch das Stiftungsvermögen selbst zur Verfügung.
Art. 4 Ausrichtung
Die Unterstützungsleistungen können Angehörige der Familie B einmalig in jugendlichen Jahren ausgerichtet werden. Der Stiftungsrat entscheidet im Rahmen des Stiftungszwecks gemäß Art. 2 dieser Stiftungsstatuten nach seinem Ermessen darüber, ob eine Zuwendung erfolgt, über den Empfänger, die Höhe und den Zeitpunkt der auszurichtenden Unterstützungsleistung.
Niemand hat einen Rechtsanspruch auf die Gewährung von Mitteln aus der Stiftung. Leistungsversprechen können unter Einhaltung einer angemessenen Frist ohne Angabe von Gründen widerrufen werden.
Art. 6 Stiftungsrat
Der Stiftungsrat besteht aus 3-5 Mitgliedern.
Zwei Stiftungsratsmitglieder werden erstmalig von der Stifterin gemäß separatem Beschluss bestimmt. Die Ernennung des dritten Stiftungsratsmitglieds obliegt dem Stiftungsrat und hat innerhalb 6 Monaten nach Gründung der Stiftung A zu erfolgen. Der Stiftungsrat entscheidet im Rahmen von Art. 6 dieses Stiftungsstatuts über die Wahl von weiteren Personen in den Stiftungsrat.
Art. 11 Beschlussfassung
[...] Der Stiftungsrat ist beschlussfähig, wenn die Mehrheit der Stiftungsräte/innen anwesend ist. Die Beschlüsse werden mit einfachem Mehr gefasst. Bei Stimmengleichheit entscheidet der Vorsitzende/der Vorsitzende.
Art. 18 Aufhebung
Die Dauer der Stiftung ist unbegrenzt.
Die Stiftung wird aufgelöst, wenn ihr Zweck unerreichbar geworden ist (Art. 88 ZGB).
Das Stiftungsvermögen ist in diesem Falle der Stifterin zuzuwenden.
Im Jahr 2017 erhielten der Kläger und sechs weitere Angehörige der Familie B einen Brief, in dem sie eingeladen wurden, sich bei der Stiftung A vorzustellen. Im Rahmen dieses Vorstellungstermins hielt der Kläger einen Vortrag. Noch am Ende desselben Tages wurden dem Kläger und den anderen Teilnehmern die Zusage einer einmaligen Geldunterstützung erteilt.
Mit Schreiben des Stiftungsrates der Stiftung A vom 18. Mai 2017 erhielt der Kläger eine einmalige Geldunterstützung (Starthilfe) in Höhe von ... € (darin enthalten ... B-Aktien) aus den Erträgen der Stiftung. Der Stiftungsrat erklärte, dass die Zuwendung ohne Rechtsanspruch erfolge und unter Einhaltung einer angemessenen Frist ohne Angabe von Gründen widerrufen werden könne.
Zudem wies der Stiftungsrat daraufhin, dass die Starthilfe in der Bundesrepublik Deutschland möglicherweise als Schenkung unter Lebenden nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) oder nach § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Halbsatz 2 ErbStG schenkungspflichtig sein könnte. Es sei insoweit ein gerichtliches Verfahren vor dem Bundesfinanzhof (BFH) mit dem Aktenzeichen II R 6/16 bezüglich eines anderen Zahlungsempfängers anhängig. Der Stiftungsrat erklärte außerdem, dass, sollte die Zuwendung schenkungssteuerpflichtig sein oder einer anderen Steuer unterliegen, die auf die Zuwendung entfallene Steuer von der Stiftung A übernommen werde.
Die Stiftung A meldete die Zuwendung dem damaligen zuständigen Erbschafts- und Schenkungssteuerfinanzamt E, welches daraufhin die entsprechenden Schenkungssteuerbescheide erließ.
Nachdem der BFH durch Urteil vom 7. März 2019 (II...