Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuflusszeitpunkt eines Kaufpreises bei Zahlung auf ein Notaranderkonto
Leitsatz (amtlich)
Vereinbaren die Vertragsparteien eines Grundstückskaufvertrages, dass der Kaufpreis auf ein Notaranderkonto gezahlt wird und der Notar diesen Kaufpreis erst an den Verkäufer auszahlen darf, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, erfolgt der Zufluss des Kaufpreises beim Verkäufer erst im Zeitpunkt der Auszahlungsreife.
Der Zeitpunkt des Zuflusses kann von dem Abflusszeitpunkt beim Käufer abweisen.
Normenkette
EStG §§ 11, 23
Tatbestand
Streitig ist, ob der Spekulationsgewinn aus der Veräußerung eines Grundstücks im Streitjahr oder erst im Folgejahr zu versteuern ist.
Die Kläger sind Eheleute und werden für die Zwecke der Einkommensteuer gemeinsam veranlagt.
Durch Kaufvertrag vom 19.02.2003 kauften sie ein Grundstück in A (Anschaffungskosten in Höhe von 193.645 €), welches sie mit Vertrag vom 05.12.2005 veräußerten. Der notarielle Kaufvertrag vom 05.12.2005 enthält insbesondere folgende Bestimmungen:
§ 2 Übergabe- und Verrechnungstag
Übergabe- und Verrechnungstag ist der heutige Tag. Mit diesem Tage gehen die mit dem Vertragsgegenstand verbundenen Rechte und Pflichten sowie die Gefahr auf den Käufer über, dem von diesem Tage an auch die Versicherungsleistungen zustehen. Der Verkäufer verzichtet auf die bereits gezahlte Grundsteuer, Gebäudeversicherungs- und Heizungswartungskosten für 2005.
§ 3 Kaufpreis
Der Kaufpreis beträgt € 222.500,00 und wird vom Käufer bis zum 19.12.2005 - hier eingehend - auf das folgende Notaranderkonto des amtierenden Notars eingezahlt:
Bank-1 ...
Der Notar darf die Eigentumsumschreibung nur beantragen, wenn ihm die Zahlung des gesamten Kaufpreises nachgewiesen ist.
Im Falle des Verzuges hat der Käufer den Kaufpreis mit 5 %-Punkten pro Jahr über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen ...
Sobald die vertragsgemäße Eigentumsumschreibung des Vertragsgegenstandes auf den Käufer gewährleistet ist und dieser übergeben worden ist, wobei die Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes wegen der Grunderwerbsteuer nicht vorliegen muss, löst der Notar zunächst die etwa noch im Grundbuch eingetragenen Grundpfandrechte ab und kehrt den Restkaufpreis an den Verkäufer aus. Hierzu wird der Notar von beiden Parteien unwiderruflich angewiesen.
§ 9 Kostenregelung
Die Kosten dieses Vertrages und seiner Durchführung trägt der Käufer. Er zahlt auch die Grunderwerbsteuer. Die Kosten für die Ablösung der nicht übernommenen Belastungen sowie den Anteil der Hebegebühren, der durch besondere Auszahlungsanweisungen entsteht, trägt der Verkäufer. Ihm stehen auch die Zinsen des Notaranderkontos zu.
(Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Vertrag vom 05.12.2005 verwiesen.)
Der Kaufpreis ging am 19.12.2005 auf dem Notaranderkonto ein. Am 30.12.2005 wurde die Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen. Die Löschungsbewilligung der Grundschulden erfolgte am 13.01.2006. Am 17.01.2006 zahlte der Notar den Kaufpreis an die Kläger aus.
In ihrer Einkommensteuererklärung 2006 erklärten die Kläger einen Veräußerungsgewinn gem. § 22 Nr. 2 in Verbindung mit § 23 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) von zusammen 37.390 €. Der Beklagte vertrat die Ansicht, dass der Veräußerungsgewinn bereits in 2005 zugeflossen sei und berücksichtigte den Gewinn aus der Veräußerung im Einkommensteuerbescheid 2005 vom 18.06.2008.
Hiergegen legten die Kläger am 25.06.2008 Einspruch mit der Begründung ein, der Zufluss könne erst im Zeitpunkt der Auszahlungsreife erfolgt sein und diese sei erst im Jahr 2006 eingetreten.
Durch Einspruchsentscheidung vom 06.11.2008 wurde der Einkommensteuerbescheid 2005 geändert und wegen des hier streitigen Punktes als unbegründet zurückgewiesen. Auf die Auszahlungsreife komme es im Streitfall nicht an, weil sich aus besonderen vertraglichen Abmachungen in § 9 des Kaufvertrages ergebe, dass den Klägern bereits seit dem 19.12.2005 die Zinsen aus dem Kaufvertrag zugestanden hätten.
Durch Bescheid vom 25.11.2008 war der Einkommensteuerbescheid 2005 erneut geändert und statt der bisherigen 18.562 € und 18.563 € nunmehr jeweils 18.181 € beim Kläger und bei der Klägerin als sonstige Einkünfte festgesetzt worden.
Gegen die Einspruchsentscheidung vom 06.11.2008 richtet sich die am 28.11.2008 eingegangene Klage.
Zur Begründung der Klage tragen die Kläger vor, der Zufluss des Kaufpreises sei erst im Jahr 2006 erfolgt. Denn erst im Jahr 2006 seien die Voraussetzungen für eine Auszahlungsreife eingetreten. Der Beklagte verkenne bei seiner Würdigung die unterschiedlichen Regelungsbereiche des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums gem. § 23 EStG und des Zuflusses gem. § 11 EStG.
Bei dem Kaufvertrag hätten sich die Vertragsparteien bewusst für die Abwicklung über ein Notaranderkonto entschieden. Der Sinn der Überweisung auf das Notaranderkonto liege darin, dass der Käufer seine Dispositionsmacht über den Kaufpreis noch nicht vollständig verliere und der Verkäufer sie noch nicht erhalte. Der Notar handele al...