Revision eingelegt (BFH VIII R 30/13)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuerrecht: Die Besteuerung von Erstattungszinsen als Einkünfte aus Kapitalvermögen
Leitsatz (amtlich)
Die rückwirkend angeordnete Besteuerung von Erstattungszinsen als Einnahmen aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG verstößt nicht gegen Verfassungsrecht.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3; EStG § 20 Abs. 1 Nr. 7 S. 3, § 52a Abs. 8 S. 2, § 12 Nr. 3; AO § 233 a
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die dem Kläger in 2004 zugeflossenen Erstattungszinsen die Einnahmen aus Kapitalvermögen erhöhen und damit der Einkommensteuer unterliegen.
Der Kläger war bis 31.12.1999 mit einer Unterbeteiligung an einem Kommanditanteil an der Firma A ... (Fa) beteiligt. Bei einer von dem Finanzamt B-1 durchgeführten Betriebsprüfung wurden für die Jahre 1996 und 1997 höhere Gewinne ermittelt und dem Kläger zugerechnet. Mit Einkommensteuerbescheiden für 1996 und 1997, jeweils vom 04.11.2004, wurde die Einkommensteuer für diese Jahre höher festgesetzt; zugleich wurden Nachzahlungszinsen um insgesamt 4.912 € (3.120 € für 1996 und 1.792 € für 1997) höher festgesetzt und zum 08.12.2004 fällig gestellt (Anlagen K1 und K2 zum Schriftsatz vom 07.03.2007).
Für die Jahre 1998 bis 2002 wurde die Einkommensteuer mit Bescheiden vom 04. und 08.11.2004 herabgesetzt; zugleich wurden Erstattungszinsen um insgesamt 11.649 € (825 € für 1998, 1.033 € für 1999, 4.573 € für 2000, 4.005 € für 2001 und 1.213 € für 2002) höher festgesetzt.
Der Beklagte erhöhte im Einkommensteuerbescheid 2004 vom 20.06.2006 die erklärten Einnahmen aus Kapitalvermögen um in 2004 erstattete Zinsen von 11.319 € (S. 3 des Einkommensteuerbescheides - Anlage zur Klagschrift vom 08.02.2008) gem. § 20 Abs. 1 Nr. 7 Einkommensteuergesetz (EStG). Die vom Kläger entrichteten Nachzahlungszinsen von 4.912 €, die am 04.01.2005 bei dem Beklagten eingegangen sind, wurden steuerlich nicht berücksichtigt. Der Gesamtbetrag der Einkünfte wurde in Höhe von 20.485 € ermittelt, und die Einkommensteuer 2004 wurde nach Berücksichtigung eines entsprechenden Verlustvortrags auf 0 € festgesetzt. Mit gleichem Datum erging ein Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer zum 31.12.2004; der verbleibende Verlustvortrag wurde um den für 2004 in Abzug gebrachten Verlust von 20.485 € niedriger berücksichtigt und zum 31.12.2004 auf 30.852 € festgestellt.
Gegen den Einkommensteuer-Bescheid 2004 legte der Kläger am 26.07.2006 Einspruch ein und wies darauf hin, dass die für frühere Jahre in 2004 fällig gestellten und in 2005 gezahlten Nachzahlungszinsen nicht berücksichtigt worden seien. Der Kläger beantragte zunächst, die als Einkünfte aus Kapitalvermögen angesetzten Erstattungszinsen in 2004 um die in 2005 gezahlten Nachzahlungszinsen zu mindern.
Der Beklagte wertete diesen Rechtsbehelf als Einspruch gegen den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31.12.2004 vom 20.06.2006 und wies ihn mit Einspruchsentscheidung vom 09.01.2008 als unbegründet zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass Erstattungszinsen als Entgelt für die - wenn auch nicht freiwillige - Überlassung des Kapitalvermögens gewährt würden und sie damit einen Ertrag aus dem Steuererstattungsanspruch darstellten. Dem gegenüber seien Nachzahlungszinsen aus Steuernachforderungen als privat veranlasste Schuldzinsen gem. § 12 Nr. 3 EStG einkommensteuerrechtlich unerheblich. Die für die Veranlagungszeiträume 1990 bis 1998 geltende Rechtslage (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG), wonach diese als Sonderausgaben abgezogen werden konnten, habe sich ab 1999 geändert.
Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 08.02.2008, beim Finanzgericht eingegangen am 11.02.2008, Klage, nunmehr mit dem Ziel der Nichtberücksichtigung der Erstattungszinsen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen für 2004.
Mit Beschluss vom 09.10.2008 des Finanzgerichts Hamburg wurde das Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung des Bundesfinanzhofs zum Az. VIII R 33/07 angeordnet. Das Urteil des Bundesfinanzhofs erging am 15.06.2010. Nach dieser Entscheidung unterliegen Zinsen im Sinne von § 233a Abgabenordnung (AO), die das Finanzamt an den Steuerpflichtigen zahlt, beim Empfänger nicht der Besteuerung, soweit sie auf Steuern entfallen, die gem. § 12 Nr. 3 EStG nicht abziehbar sind.
Mit dem Jahressteuergesetz 2010 (JStG 2010) vom 08.12.2010 wurde § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG um den Satz 3 ergänzt, wonach Erstattungszinsen im Sinne des § 233a AO Erträge im Sinne des Satzes 1 sind. Diese Regelung ist gem. § 52a Abs. 8 Satz 2 EStG in allen Fällen anzuwenden, in denen die Steuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt war.
Der Kläger führt zur Begründung seiner Klage aus, dass der Umstand, dass Nachzahlungszinsen steuerlich irrelevant seien, während Erstatt...