rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuergesetz/Gewerbesteuergesetz: Gewerblicher Einzug von Forderungen aus Leasinggeschäften
Leitsatz (amtlich)
1. Bei Qualifizierung der Einkunftsart einer Betätigung, insbesondere bei den Gewerbe-Merkmalen der über eine private Vermögensverwaltung hinausgehenden nachhaltigen Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr, sind die unter anderem mittels Scheinfirma oder Treuhändern verdeckten Rechtsgeschäfte und Einzelaktivitäten hinzuzurechnen.
2. In die Gesamtwürdigung einzubeziehen sind die tatsächlichen und scheinbaren Vermögensumschichtungen in wechselnde Beteiligungen oder Rechtsträger sowie die Nutzbarmachung von beruflichen und geschäftlichen Kenntnissen, Erfahrungen und Verbindungen.
3. Im Zusammenhang mit Leasinggeschäften, hier über Telefon- und TV-Anlagen in Kliniken für Patienten, wird das gewerbliche Gesamtbild geprägt durch die bankgeschäfts-ähnliche Finanzierung sowie durch Organisations- und Sonderleistungen, hier u. a. durch Wartung der Anlagen sowie Inkasso mittels Münz- und Karten-Automaten.
Normenkette
AO § 39 Abs. 2, § 41 Abs. 2; EStG § 15 Abs. 2, §§ 20-23; GewStG §§ 2, 7
Tatbestand
A.
Streitig ist die Einkunftsart der von den Klägern in Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) aufgrund Selbstanzeigen vom ... und ... 2007 nacherklärten Einkünfte. Diese resultieren aus abgetretenen Forderungen von Gesellschaften der Kläger im Zusammenhang mit vorangegangenen Leasinggeschäften über Telefon- und Fernseheinrichtungen in Kliniken für Patienten.
I. Wirtschaftlicher Sachverhalt
1. Gestattungsverträge zwischen Kliniken und Leasingnehmerin
a) Aus verschiedenen Jahren ab 1991 liegen unterschiedliche Gestattungsverträge zwischen mehreren Kliniken und der damaligen Leasingnehmerin (A-GmbH & Co KG) vor. Letztere installierte danach in den Kliniken für die Patienten die Telefon- und TV-Einrichtungen mit Münz- oder Karten-Inkassosystem. Inkasso, Wartung und Instandhaltung wurden durch die A-GmbH & Co KG übernommen oder zum Teil auf eine Fremdfirma übertragen. Die A-GmbH & Co KG zahlte den Kliniken eine Überschussbeteiligung oder übernahm ihnen entstehende Kosten wie z. B. Telefon-Grundtarifkosten und -Verbrauchseinheiten sowie GEZ-Gebühren. Die Verträge wurden auf 10 oder 15 Jahre mit Verlängerungsklausel geschlossen. Die A-GmbH & Co KG behielt sich die Einschaltung Dritter und die Übertragung von Ansprüchen vor (Rechtsbehelfs-Akte - Rb-A - Bl. 32 ff., Gewinnfeststellungs-Akte - Gf-A - Bd. I Bl. 48 ff., 54 ff., 60 ff., 136 ff.).
b) Die Kläger waren nach ihren Angaben und Handelsregister an der A-GmbH & Co KG nicht beteiligt (Protokoll S. 3, Finanzgerichts-Akte - FG-A - Bl. 38; Handelsregister-Auszüge - HR-Auszüge -, Finanzgerichts-Anlagenband - FG-Anlbd.).
2. Sale and Lease Back zwischen Leasingnehmerin und Leasinggeberin
a) Die in den Kliniken gemäß Gestattungsverträgen installierten Anlagen finanzierte die A-GmbH & Co KG gleichzeitig ab 1991 als Leasingnehmerin durch Verkauf der Anlagen an die Leasinggeberin L-GmbH für bis zu siebenstellige Kaufpreise, verbunden mit Leasingverträgen über die Rücküberlassung. Die Vertragsgegenstände beziehen sich auch auf die Rechte aus den mit den Kliniken geschlossenen Gestattungsverträgen. Nach den Vertragsbedingungen durften geleaste Anlagen nur zu einem vorübergehenden Zweck in Gebäude eingebaut werden, d. h. mit dem Recht zur Trennung bei Vertragsende. Die Leasingnehmerin sollte die Grundstückseigentümer auf den vorübergehenden Zweck der Verbindung aufmerksam machen (Rb-A Bl. 75 ff., 90 ff.; Gf-A Bd. I Bl. 103 ff.).
b) Geschäftsführer und Gesellschafter der Leasinggeberin L-GmbH war und ist der Kläger zu 1. Der Kläger zu 2 war auch Geschäftsführer bis etwa 2005 und Gesellschafter bis zur Übertragung seiner Gesellschaftsanteile auf den Kläger zu 1 in 2011. Weitere Gesellschafter sind die Ex-Frau des Klägers zu 1 und sein Sohn. Letzterer ist seit 1995 weiterer Geschäftsführer (Protokoll S. 4, FG-A Bl. 39; HR-Auszüge, FG-Anlbd.).
c) Der Kläger zu 1 oder beide Kläger waren oder sind daneben mittelbar oder unmittelbar an einer Reihe von Gesellschaften beteiligt, insbesondere an Leasinggesellschaften für verschiedene Branchen (vgl. Konzernübersicht 2004 mit achtstelligem Umsatz einer zweistelligen Firmenzahl, Gf-A Bd. I Bl. 35).
3. Forderungsverkäufe der Leasinggeberin an Banken
Die durch die Kläger vertretene Leasinggeberin L-GmbH refinanzierte ihre Leasinggeschäfte nach Rahmenverträgen von 1990 und 1991 mit zwei Banken (S-Bank und G-Bank) ab 1991 jeweils durch zeitnahen Verkauf ihrer Leasingraten-Forderungen aus den Leasingverträgen an die beiden Banken zu Barwerten in einem Volumen von mehr als 7 Mio. DM.
Die L-GmbH übertrug auch das Sicherungseigentum und die weiteren Rechte aus den Leasingverträgen, übernahm jedoch keine Regressverpflichtung für Forderungsausfälle der Banken bei der Leasingnehmerin A-GmbH & Co KG (Protokoll S. 4, FG-A Bl. 39; Rb-A Bl. 90 ff.; Gf-A Bd. I Bl. 19 ff., 120 ff.; Übersicht Rb-A Bl. 105 ff.).
4. ...