Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Stromsteuerbegünstigung für die Umwandlung von Klärschlamm in Klärschlammmehl, das als Sekundärbrennstoff in Kraftwerken verwendet wird

 

Leitsatz (amtlich)

Die Umwandlung von Klärschlämmen mit einem Trocknungsrückstandsgehalt von mindestens 20 % und höchstens 35 % in Klärschlämme mit einem Trocknungsrückstandsgehalt von mindestens 60 % und höchstens 75 % (Klärschlammmehl) durch mechanische Einwirkung und Wärmeeinsatz mit dem Ziel der Gewinnung ausschließlich eines zur Mitverbrennung in Kraftwerken eingesetzten Sekundärbrennstoffs ist nicht dem Produzierenden Gewerbe im Sinne des § 2 Nr. 3 StromStG zuzurechnen. Es handelt sich weder um Recycling im Sinne des Abschnitts D, Unterabschnitt DN, Abteilung 37 (hier: Klasse 37.20), noch um die Herstellung von chemischen Erzeugnissen im Sinne des Abschnitts D, Unterabschnitt DG, Abteilung 24 (hier: Klasse 24.14 oder Klasse 24.15), der Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2003, sondern um Abwasserbeseitigung im Sinne des Abschnitts O, Unterabschnitt OA, Klasse 90.01, der Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2003.

 

Normenkette

StromStG § 2 Abs. 3, § 9 Abs. 3-4

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Erteilung einer Erlaubnis zur steuerbegünstigten Entnahme von Strom für das Jahr 2010 nach § 9 Abs. 3, Abs. 4 Stromsteuergesetz (StromStG) in der Fassung des Gesetzes vom 23.12.2002 (BGBl. I S. 4602) - im Folgenden bezeichnet als StromStG a. F., soweit abweichende Regelungen enthaltend -.

Die Klägerin betreibt eine Anlage zur Herstellung von Klärschlammmehl, das als Sekundärbrennstoff an Kraftwerke abgegeben und dort im Wege der Mitverbrennung eingesetzt wird. In einem eigens hierfür entwickelten Produktionsverfahren werden bereits entwässerte und vorbehandelte Klärschlämme, die aus verschiedenen deutschen Kläranlagen stammen und einen Trocknungsrückstandsgehalt von mindestens 20 % und höchstens 35 % haben, zu Klärschlämmen mit einem Trocknungsrückstandsgehalt von mindestens 60 % und höchstens 75 % umgewandelt. Die umgewandelten Klärschlämme weisen nach Darstellung der Klägerin als Sekundärbrennstoffe besondere Produkteigenschaften, insbesondere in Bezug auf den Heizwert und definierte Verbrennungseigenschaften mit niedriger Schadstoffkonzentration und CO2-neutraler Verbrennung, auf. Das Produktionsverfahren stellt sich wie folgt dar: Nach Prüfung und Verwiegung des Ausgangsmaterials wird dieses mit einem Radlader in Trocknungshäuser (großflächig verglaste Gewächshäuser) transportiert und dort gleichmäßig verteilt sowie durch einen vollautomatischen Roboter ("elektrisches Schwein") durchmischt und zerkleinert. Anschließend erfolgt die Trocknung unter fortlaufendem Einsatz des "elektrischen Schweins" zwecks Herstellung einer möglichst großen Fläche zur Trocknung und Vermeidung von Verkrustungen und unter Nutzung von Abwärme aus dem Produktionsprozess der benachbarten A GmbH über Wärmetauscher sowie solarer Strahlungsenergie. Die durch den Trocknungsvorgang gesättigte Innenluft in den Trocknungshäusern wird mit Hilfe von Ventilatoren über geregelte Lüftungsklappen an die Außenluft abgegeben. Durch den Trocknungsvorgang werden die Klärschlämme zum einen biologisch gegen Gärungsprozesse stabilisiert und zum anderen erreichen sie nur so die definierten Verbrennungseigenschaften, die ihren Einsatz als Sekundärbrennstoff gestatten. Die wirtschaftliche Tätigkeit der Klägerin basiert ausschließlich auf einem zwischen der B ... GmbH (im Folgenden: B) und der Klägerin bestehenden Dienstleistungsvertrag über die Trocknung durch die B gelieferter Klärschlämme und den Weitertransport der getrockneten Klärschlämme zu von der B bestimmten Verbrennungsanlagen.

Mit Antrag vom 28.09.2010 beantragte die Klägerin beim Beklagten, ihr eine Erlaubnis zur steuerbegünstigten Entnahme von Strom als Unternehmen des Produzierenden Gewerbes nach § 9 Abs. 3 und 4 StromStG a. F. ab 01.01.2010 zu erteilen. Ihre wirtschaftliche Tätigkeit beschrieb die Klägerin als Auftragstrocknung von fremden Klärschlämmen durch Wärmeeinsatz, die als Brennstoffe einer energetischen Endverwendung zugeführt werden, und ordnete diese als Recycling von Reststoffen dem Abschnitt D und dort der Unterklasse 37.20.5, der Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2003 (WZ 2003), zu. Mit Bescheid vom 14.10.2010 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung verwies er darauf, dass die wirtschaftliche Tätigkeit der Klägerin nicht dem Abschnitt D, Klasse 37.20 (Recycling von nichtmetallischen Altmaterialien und Reststoffen) der WZ 2003 zuzuordnen sei, weil Recycling nur ein Transformationsprozess sei, bei dem konstruktiv oder chemisch miteinander verbundene oder vermischte Stoffe durch spezifische Verfahren und im allgemeinen mit einem wesentlichen Einsatz von Investitionsgütern so in ihrer Beschaffenheit verändert würden, dass sie unmittelbar in einem industriellen Verarbeitungsprozess stofflich (materialbezogen) zur Herstellung von Waren verwendet werden könnten und verwend...

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