Entscheidungsstichwort (Thema)
Zolltarifrecht: Einreihung von Schmelzmagnesiachrom
Leitsatz (amtlich)
1. Aus Magnesit und Chromit hergestelltes Schmelzmagnesiachrom (MgO mit Cr2O3) ist in Pos. 6815 KN einzureihen (Fortführung von FG Hamburg 4 K 27/03 zu Spinell - MgAl2O4 -).
2. Dass eine Ware in einer Zollaussetzungsverordnung unter Nennung einer KN-Nummer erwähnt ist, begründet keine grundsätzliche Bedeutung in revisionsrechtlicher Hinsicht für eine anderweitige Einreihungsentscheidung.
Normenkette
KN Pos. 6815
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über den Widerruf einer verbindlichen Zolltarifauskunft (vZTA) für Schmelzmagnesiachrom, das zur Herstellung feuerfester Steine verwendet wird.
Zur Erzeugung des Schmelzmagnesiachroms werden geschmolzenes oder kaustisch gebranntes Magnesit (Magnesiumoxid) und Chromit (ein Chromerz) in einem bestimmten Verhältnis gemischt und in einem Lichtbogen geschmolzen. Das Produkt erstarrt in harten Brocken zementgrauer Färbung mit einem Durchmesser von ca. 1-5 cm und besteht überwiegend aus Magnesiumoxid (chemische Formel: MgO, auch Magnesia genannt), zu rund einem Fünftel aus Chrom(III)-oxid (chemische Formel: Cr2O3) und in geringem Umfang aus weiteren Oxiden.
1. Der Klägerin war am 28.11.2008 durch die seinerzeit zuständige Bundesfinanzdirektion ... antragsgemäß eine vZTA (Nr. DE ...-1) erteilt worden, mit der das Schmelzmagnesiachrom in die Unterposition 6815 9100 der Kombinierten Nomenklatur (KN) eingereiht worden war ("Waren aus Steinen oder anderen mineralischen Stoffen (einschließlich Kohlenstofffasern, Waren aus Kohlenstofffasern und Waren aus Torf), anderweitig weder genannt noch inbegriffen - Magnesit, Dolomit oder Chromit enthaltend").
Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 28.06.2011 widerrief der nunmehr bundesweit für vZTA zuständige Beklagte die vZTA mit der Begründung, die ihr zugrunde liegende Einreihungsauffassung könne nicht mehr aufrecht erhalten werden.
Die Klägerin legte unter dem 15.07.2011 Einspruch ein. In ihrer Begründung nahm sie Bezug auf das Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 28.02.2008 (4 K 27/03). Dort sei für ein im Wesentlichen gleiches Erzeugnis, Spinell der chemischen Formel MgAl2O4, entschieden worden, dass diese Art von Waren in die Pos. 6815 KN einzureihen seien.
Mit Einspruchsentscheidung vom 28.02.2012 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Eine Einreihung unter Pos. 6815 KN scheide aus, weil das Schmelzmagnesiachrom unregelmäßig geformt und damit keine Ware im Sinne der Pos. 6815 KN sei. Es handele sich auch nicht um einen mineralischen Stoff, sondern um ein chemisches, synthetisches Erzeugnis. Zutreffend sei es in die Unterpos. 3824 9097 einzureihen. Für Waren dieser Unterposition ("Schmelzmagnesia mit einem Gehalt an Dichromtrioxid von 15 GHT oder mehr") gelte im Übrigen ab dem 01.01.2012 eine auf den 31.12.2016 befristete autonome Zollaussetzung, VO (EU) Nr. 1344/2011. Wegen ihres genauen Inhalts wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen (Gerichtsakte - GA - Bl. 11 ff.).
2. Die Klägerin hat am 09.03.2012 Klage erhoben.
Die Klägerin macht geltend, trotz der Zollaussetzung durch die VO (EU) Nr. 1344/2011 ein Rechtsschutzbedürfnis zu haben. Die Verordnung betreffe eine andere Ware und der Bestand der Verordnung bis zum Ablauf der genannten Frist sei in Anbetracht ihrer jährlichen Überprüfung nicht sicher. Außerdem könnte sich die Einreihung außer auf den Zollsatz auch auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme etwaiger Präferenzen oder handelspolitscher Maßnahmen auswirken. Für die Einreihung sei die Aussetzungsverordnung unbeachtlich. In der Sache sei Schmelzmagnesiachrom zutreffend in die Unterpos. 6815 9100 KN einzureihen, denn es bestehe aus in Abschnitt V KN erfassten mineralischen Stoffen. Das streitgegenständliche Erzeugnis werde ohne eine chemische Veränderung der Ausgangsstoffe hergestellt. Eine chemische Erzeugung der Ware würde der Einreihung in Pos. 6815 KN nicht entgegenstehen. Die Klägerin bestreitet, dass das in der Beschreibung der Pos. 6815 KN verwendete Wort "Ware" eine engere Bedeutung als etwa der Begriff des körperlichen Gegenstands habe und eine besondere Formgebung verlange oder dass die Ware gebrauchsfertig sei.
Die Klägerin vertritt die Ansicht, Schmelzmagnesiachrom gehöre zur Warenart "Spinell", die nach den Ausführungen des rechtskräftigen Urteils FG Hamburg vom 28.02.2008 (4 K 27/03) der Pos. 6815 KN unterfalle. Das Bildungs- und Wissenschaftszentrum der Bundesfinanzverwaltung habe in einem verwaltungsinternen Schreiben (vom 09.08.2011, Beklagtenakte - BA - Bl. 10 ff.) selbst eingeräumt, dass beide Erzeugnisse vergleichbar seien. Die Ware gehöre nicht zur Pos. 3824 KN, weil jede anderweitige Einreihung Vorrang habe.
Die Klägerin beantragt, den Widerruf der verbindlichen Zolltarifauskunft vom 28.06.2011 und die Einspruchsentscheidung vom 28.02.2012 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte vertr...