Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (BFH VIII B 38/21)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Abfärbung von gewerblichen Beteiligungseinkünften bei der Gewerbesteuer. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: VIII R 1/22)
Leitsatz (amtlich)
1. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG ist verfassungskonform dahin auszulegen, dass ein gewerbliches Unternehmen i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 EStG nicht als nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG der Gewerbesteuer unterliegender Gewerbebetrieb gilt. Das gilt auch für Personengesellschaften, die ansonsten Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielen (Anschluss an BFH, Urteil vom 6. Juni 2019, IV R 30/16, BStBl II 2020, 649).
2. Bei den Ausführungen des BFH in dieser Entscheidung zur verfassungskonform einschränkenden Auslegung des § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG handelt es sich nicht um ein obiter dictum, sondern um entscheidungstragende Rechtssätze.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 3 Nr. 1; GewStG § 2 Abs. 1, § 9 Nr. 2 S. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob Einkünfte einer Personengesellschaft aus selbständiger Arbeit aus einer Beteiligung an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft in Einkünfte aus Gewerbebetrieb umzuqualifizieren sind und der Gewerbesteuer unterliegen.
Die Klägerin ist eine Steuerberatungsgesellschaft, die ursprünglich in der Rechtsform einer GmbH gegründet wurde. Mit Beschluss vom ... 2014 wurde sie im Wege des Formwechsels rückwirkend zum 1. Januar 2014 in eine Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung (PartGmbB) umgewandelt und am ... 2014 in das Partnerschaftsregister eingetragen.
Nach dem Gesellschaftsvertrag vom ... 2014 waren am Gesellschaftskapital von ... € Herr A zu 85 % und Frau B zu 15 % beteiligt.
Mit Schenkungsvertrag vom ... 2014 schenkte A B einen Anteil in Höhe von 35 % unter der Auflage, den geschenkten Anteil zum 31. März 2019 auf den Sohn des A, Herrn C, zu übertragen, falls dieser zu dem Stichtag als Steuerberater und/oder Wirtschaftsprüfer zugelassen sein sollte. Es ist zwischen den Beteiligten aber unstreitig, dass A weiterhin Mitunternehmer der Klägerin blieb.
Mit Kaufvertrag vom ... 2014 veräußerte A einen Anteil von 50 % an Herrn D zum Preis von ... €.
Die Klägerin war an der E ... GmbH & Co. KG (im Folgenden: E-KG) beteiligt. Sie hatte diese Beteiligung in 2005 zur Refinanzierung einer Pensionszusage erworben.
Am 1. September 2015 reichte die Klägerin eine Gewerbesteuererklärung für 2014 ein und erklärte einen Gewinn aus der Anteilsveräußerung an D in Höhe von ... € als Gewerbeertrag.
In ihrer Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Streitjahr 2014 in der zuletzt am 4. Januar 2018 korrigierten Fassung erklärte die Klägerin neben laufenden Einkünften aus selbständiger Arbeit den Veräußerungsgewinn aus der Anteilsveräußerung an D.
Der Beklagte erließ - jeweils erklärungsgemäß - am 27. April 2017 einen Gewerbesteuermessbescheid (Gewerbesteuermessbetrag: ... €) und am 31. Januar 2018 einen Feststellungsbescheid für 2014 (Einkünfte aus selbständiger Arbeit: ... €).
Mit Bescheid vom 19. Dezember 2017 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2014 für die E-KG wurden für die Klägerin Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von ... € festgestellt.
Ab dem 19. März 2019 führte der Beklagte bei der Klägerin für den Zeitraum 2014 bis 2017 eine Außenprüfung durch. Der Prüfer vertrat die Auffassung, dass aufgrund der gewerblichen Beteiligungseinkünfte sämtliche Einkünfte der Klägerin im Streitjahr 2014 als gewerblich zu qualifizieren seien; eine Bagatellgrenze gelte insoweit nicht. Außerdem sei der Gewinn aus der Anteilsveräußerung kein begünstigter Veräußerungsgewinn, weil A mangels wirtschaftlicher Umsetzung des Schenkungsvertrages nicht seinen gesamten Mitunternehmeranteil an D veräußert habe. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bericht über die Außenprüfung vom 13. Juni 2019 (...) Bezug genommen.
Der Beklagte erließ am 3. Juli 2019 geänderte Bescheide für 2014 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und über den Gewerbesteuermessbetrag, in denen sowohl die laufenden Einkünfte als auch der Gewinn aus der Anteilsveräußerung in Höhe von insgesamt ... € als Einkünfte aus Gewerbebetrieb festgestellt bzw. angesetzt wurden.
Gegen beide Bescheide legte die Klägerin mit Schreiben vom 30. Juli 2019 Einspruch ein und nahm zur Begründung auf die Entscheidung des BFH vom 6. Juni 2019 (IV R 30/16) Bezug.
Mit Einspruchsentscheidung vom 20. Juli 2020 verband der Beklagte die Einsprüche zu gemeinsamer Entscheidung und wies sie als unbegründet zurück. Der Feststellungsbescheid sei rechtmäßig, weil die Beteiligung an einer gewerblichen Personengesellschaft ohne Anwendung einer Geringfügigkeitsgrenze zu einer Umqualifizierung aller weiteren Einkünfte führe, wie der BFH mit Urteil vom 6. Juni 2019 (IV R 30/16)entschieden habe. Der von der Klägerin erzielte laufende Gewinn unterliege auch der Gewerbesteuer. Das vom BFH aus verfassungsrechtlichen Gründen befü...