Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifierung eines zu medizinischen Zwecken verwendeten Transplantats aus Kunststoff
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der allgemeinen Verwendungsmöglichkeit eines Kunststofftransplantates
Normenkette
KN Pos. 90; KN Pos. 39
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Tarifierung eines nagelartigen Kunststoffgegenstandes.
Am 02.01.2007 stellte die Klägerin einen Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Zolltarifauskunft (VZTA) für ein ca. 50 mm langes, kanüliertes, resorbierbares Implantat aus Kunststoff, das als "A-Implantat" bezeichnet wurde. Das Implantat hat ein Durchmesser von ca. 5 mm und wird nach Angaben der Klägerin ausschließlich und dauerhaft im menschlichen Körper implantiert, wobei es zur Behebung von Funktionsschäden im Knie dient. Einsatzzweck ist die Umlenkung des Sehnenstransplantats nach einem Kreuzbandriss. Die Ware ist einzeln, steril verpackt und wird in einem handelsüblichen Karton verschickt.
Bereits mit Antrag vom 19.01.2006 hatte die Klägerin bei der zolltechnischen Prüf- und Lehranstalt (zPLA) München die Erteilung einer VZTA für eine als "A-Implantat" bezeichnete Ware beantragt. Die zPLA München hatte den Antrag an die zPLA Berlin abgegeben, da es sich nach ihrer Auffassung bei der Ware um eine orthopädische Vorrichtung zum Implantieren in den Körper gehandelt habe, die zum Beheben von Funktionsschäden oder Gebrechen vorgesehen sei. Von der zPLA Berlin wurde der Antrag an die zPLA der OFD Hamburg abgegeben, da die Ware sich nach Auffassung der zPLA Berlin aufgrund ihres Aufbaus und ihrer Funktion als ein "Teil mit allgemeiner Verwendungsmöglichkeit" darstellte (Anm. 1 f zu Kap. 90), und zwar als ein Nagel aus Kunststoff, der im Rahmen arthroskopischer Eingriffe zur Fixierung des Transplantats verwendet wird. Die zPLA der OFD Hamburg hat daraufhin die VZTA DE HH/.../06-1 über die KN-Unterposition 3926 9098 erteilt. Diese VZTA wurde wegen Änderung der KN-Unterposition zum 01.01.2007 ungültig, so dass die Klägerin Anlass hatte, den in diesem Verfahren streitigen neuen Antrag zu stellen.
Bei der Ware handelt es sich um einen ca. 5 cm langen, runden Gegenstand aus Kunststoff, der einen Durchmesser von ca. 5 mm aufweist. Die Form verjüngt sich zur Spitze, was dem Gegenstand ein nagelartiges Aussehen verleiht. Das andere Ende wird durch einen schraubenähnlichen Kopf mit einem Durchmesser von ca. 7 mm gebildet. In der Mitte befindet sich eine leichte Verdickung. Die Verwendung als Implantat soll der Fixierung des aus eigenem Körpergewebe rekonstruierten Kreuzbandes im Kniegelenk dienen. Zu diesem Zweck wird das Implantat in das Kniegelenk mittels eines Treibers (driver) in einen Bohrkanal eingeschlagen.
Die zPLA der Oberfinanzdirektion Hamburg erteilte unter Berufung auf das Ergebnis der Warenuntersuchung zur vorgenannten VZTA mit Bescheid vom 12.01.2007 die VZTA-Nr. DE HH/.../07-1 und nahm die Einreihung in die Zollnomenklatur 3926909790 vor.
Hiergegen wandte sich die Klägerin mit Einspruch. Sie berief sich darauf, dass die sich verjüngende Form des "A-Implantats" einer allgemeinen Verwendungsmöglichkeit als Nagel entgegenstehe. Die Ware könne vielmehr nur als Implantat verwendet werden. Sie diene ausschließlich zur Behebung von Funktionsschäden im menschlichen Knie. Nachdem die OFD Hamburg eine dienstliche Weisung des Bundesministeriums der Finanzen eingeholt hatte, blieb der Rechtsbehelf erfolglos.
Mit der fristgerecht erhobenen Klage begehrt die Klägerin weiterhin die Einreihung der Ware in die Position 9021 der kombinierten Nomenklatur. Nach ihrer Auffassung ist die Ausweisungsvorschrift der Anmerkung 1 f zu Kap. 90 nicht einschlägig, denn das streitgegenständliche Implantat sei aufgrund seiner objektiven Merkmale und Eigenschaften nicht als Teil mit allgemeiner Verwendungsmöglichkeit als Ware oder ähnliche Ware der Position 7317 der kombinierten Nomenklatur einzuordnen. Eine Einreihung als Nagel bzw. nagelähnliche Ware bestimme sich allein nach den objektiven Merkmalen und Eigenschaften zur allgemeinen Verwendung und nicht nach dem äußeren Erscheinungsbild. Dies bedeute insbesondere, dass die allgemeine Verwendung als Nagel aufgrund der objektiven Merkmale und Eigenschaften der Ware möglich sein müsse. Die äußere Form der Ware, worauf die Beklagte abstelle, ermögliche nicht die allgemeine Verwendung als Nagel. Die allgemeine Verwendung als Nagel umfasse die Möglichkeit, einen spitzen und schmalen Gegenstand in dichte Materialien von außen einschlagen zu können. Das Implantat weise jedoch nicht die hierfür erforderliche Steifheit und Härte auf, die eine allgemeine Verwendung als Nagel ermögliche. Das Material sei daher nicht geeignet, in dichtes Material wie Holz oder andere Kunststoffe eingeschlagen zu werden (Beweis: Sachverständigengutachten). Zudem sei die Spitze des Implantats stumpf auslaufend. Auch aufgrund dieser stumpfen Spitze sei das Implantat nicht - wie ...