Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgabenordnung: Festsetzung eines Verspätungszuschlags gegenüber nur einem Ehegatten bei Zusammenveranlagung
Leitsatz (amtlich)
1. Nach überwiegender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur kann gegenüber zusammen veranlagten Eheleuten ein einheitlicher Verspätungszuschlag festgesetzt werden.
2. Zulässig ist die Festsetzung eines Verspätungszuschlages aber auch nur gegenüber einem Ehegatten. Das gilt jedenfalls dann, wenn in die Ausübung des Entschließungs- und Auswahlermessens einbezogen werden soll, dass (nur) der betreffende Ehegatte in den Jahren vor der Ehe die Einkommensteuererklärungen verspätet eingereicht hat.
Normenkette
AO § 152; EStG § 25 Abs. 3 S. 2, § 26b
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit eines festgesetzten Verspätungszuschlags streitig.
Der Kläger reichte die Einkommensteuererklärungen für die Veranlagungszeiträume 2004 bis 2009 und 2011 jeweils erst nach Fristablauf und auf Erinnerung oder Schätzungsandrohung hin ein, und zwar
für 2004 am 28.02.2006,
für 2005 am 08.01.2008,
für 2006 am 04.03.2008,
für 2007 am 10.01.2010,
für 2008 am 03.03.2011,
für 2009 am 03.03.2011 und
für 2011 am 21.02.2013.
Der Kläger heiratete am ... 2011. Für den Veranlagungszeitraum 2012 reichten er und seine Ehefrau die Einkommensteuererklärung gemeinsam ein mit dem Antrag auf Zusammenveranlagung. Die Erklärung war durch eine Steuerberaterin angefertigt worden und ging am 19.03.2014 beim Beklagten ein.
Mit Einkommensteuerbescheid vom 01.07.2014 setzte der Beklagte die Einkommensteuer für die Eheleute auf 49.465,00 € fest. Hieraus ergab sich eine Nachforderung von 14.729,00 €. Gleichzeitig setzte der Beklagte einen Verspätungszuschlag in Höhe von 490,00 € fest.
Mit am 09.07.2014 beim Beklagten eingegangenem Schreiben beantragte die steuerliche Bevollmächtigte des Klägers und seiner Ehefrau eine nachträgliche Fristverlängerung für die Einreichung der Einkommensteuererklärung für 2012 bis zum 20.03.2014 und legte für den Fall, dass die Fristverlängerung nicht gewährt würde, Einspruch gegen die Festsetzung des Verspätungszuschlages ein. Diese sei mangels Begründung rechtswidrig. Zudem könne das Abgabeverhalten des Klägers in den Jahren 2004 bis 2011 den jetzt steuerpflichtigen Eheleuten nicht zugerechnet werden.
Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 11.11.2014 als unbegründet zurück. Die Frist für die Abgabe der Einkommensteuererklärung für 2012, die nach § 149 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) eigentlich am 31.05.2013 abgelaufen wäre, sei nach den gleichlautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder vom 02.01.2013 für Steuerpflichtige, deren Erklärung von Angehörigen der steuerberatenden Berufe gefertigt werde, allgemein und im Wege einer bereits extensiven Ermessensausübung bis zum 31.12.2013 verlängert worden. Gründe, die die Säumnis der Kläger entschuldbar erscheinen ließen, lägen nicht vor. Der Verspätungszuschlag sei auch der Höhe nach gerechtfertigt. Zwar sei der Zinsvorteil der Kläger lediglich mit rund 50,00 € anzusetzen; dies errechne sich aus der Fristüberschreitung von 2,6 Monaten bei einem angenommenen Zinssatz von 1,5 % auf die Nachforderung von 14.729,00 €. Ausschlaggebend sei aber, dass die Einkommensteuererklärungen seit 2004 durchgehend unentschuldigt verspätet abgegeben worden seien. Dieses Verhalten des Klägers sei einzubeziehen, da es von den Eheleuten nahtlos auch nach der Eheschließung fortgeführt worden sei. Unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Kläger, die sich in den in den Jahren 2009 bis 2012 durchgängig erzielten Einkünften von über 100.000,00 € zeige, sei ein Verspätungszuschlag in Höhe von insgesamt 1 % der festgesetzten Steuer für 2012 angemessen.
Der Kläger und seine Ehefrau haben am 08.12.2014 Klage erhoben. Sie haben vorgetragen, dass der Beklagte über den Antrag auf nachträgliche Fristverlängerung nicht entschieden habe. Vor allem aber trügen die vom Beklagten nachgeschobenen Begründungen die Festsetzung des Verspätungszuschlages nicht. Der Beklagte habe die verspätete Abgabe der Einkommensteuererklärungen durch den Kläger in den Vorjahren zu Unrecht berücksichtigt. Der hier maßgebliche Steuerpflichtige, nämlich "die Ehegatten" (§ 26b Einkommensteuergesetz -EStG-) existiere erst seit der Eheschließung im ... 2011. Das Abgabeverhalten eines anderen Steuerpflichtigen, nämlich des Klägers, und auch dessen steuerliche Leistungsfähigkeit könnten diesem neuen Steuerpflichtigen nicht zugerechnet werden.
Der Beklagte hat den gegenüber der Ehefrau des Klägers festgesetzten Verspätungszuschlag mit Bescheid vom 21.05.2015 (Finanzgerichtsakten -FGA- Bl. 35) zurückgenommen. Das diesbezügliche Klageverfahren ist mit Beschluss vom 25.06.2015 abgetrennt worden (neues Az.: 6 K 170/15).
Der Kläger trägt nunmehr vor, es lägen keine hinreichenden Feststellungen dazu vor, dass ihn hinsichtlich der verspäteten Erklärungsabgabe ein Verschulden treffe. Das Verschulden sei bei der Festsetzung eines einheitl...