Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Ablauf der Festsetzungsfrist, falls über einen vorher gestellten Antrag auf Steuerfestsetzung, Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung noch nicht unanfechtbar entschieden worden ist

 

Leitsatz (amtlich)

Auf die nachträgliche Bekanntgabe der Aufhebung des Nachprüfungsvorbehalts und auf deren Anfechtung kommt es nicht mehr an, wenn der Nachprüfungsvorbehalt vor der nachträglichen Bekanntgabe durch Festsetzungsverjährung entfallen ist.

Wenn zu einer eingereichten Steuererklärung eine Anlage V für ein bestimmtes Vermietungsobjekt nachgefordert und eine diesbezügliche Überschussrechnung nachgereicht wird, handelt es sich nicht erst danach um eine den Verjährungsbeginn bewirkende Steuererklärung.

Eine bestandskräftige Steuerfestsetzung kann nicht mehr wegen einer nachträglich bekanntgewordenen Tatsache geändert werden (hier: für eine Teilwertabschreibung geltend gemachte Wertminderung eines Mandantenstamms), wenn der Steuerpflichtige das nachträgliche Bekanntwerden mangels rechtzeitiger diesbezüglicher Erklärung oder Einspruchseinlegung grob verschuldet hat (hier ehemaliger Steuerberater).

 

Normenkette

AO § 164 Abs. 4, §§ 169, 170 Abs. 2 Nr. 1, § 171 Abs. 3, 3a, § 173 Abs. 1 Nr. 2

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Einkommensteuerbescheide 1991 und 1996 noch zu ändern sind bzw. für 1995 noch ein Einkommensteuerbescheid ergehen kann und ob die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit für 1991 zu mindern sowie in 1995 und 1996 Teilwertabschreibungen im Rahmen seiner Einkünfte aus selbständiger Arbeit zu berücksichtigen sind.

I.

1. Der Kläger war im Streitjahr 1991 seit dem 12. Juni alleiniger Geschäftsführer der ... Steuerberatungsgesellschaft mbH (H-GmbH). In dieser Funktion wurde er von der H-GmbH auf Schadensersatz verklagt. Die ihm im Zusammenhang mit der Klage entstandenen Anwaltskosten in Höhe von insgesamt (7.531,98 DM + 7.675,51 DM =) 15.207,49 DM sowie einen Teilbetrag des Schadensersatzes in Höhe von 20.000,- DM will er bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit für 1991 nachträglich als Werbungskosten steuerlich geltend machen.

2. Daneben war der Kläger in den Streitjahren selbständig als Steuerberater tätig. Einen Teil seines Mandantenstammes verkaufte er durch Kaufvertrag vom 22. Juni 1991 an die H-GmbH. Da der Kaufvertrag nicht vertragsgemäß erfüllt wurde, fielen diese Mandate nach Vertragsrücktritt an den Kläger zurück. Der Kläger begehrt Teilwertabschreibungen für die Jahre 1995 und 1996 im Rahmen seiner Einkünfte aus selbständiger Arbeit wegen des zwischenzeitlich eingetretenen Werteverfalls dieses Mandantenstammes.

II.

1. Einkommensteuer 1991

a) Die Festsetzung der Einkommensteuer für das Jahr 1991 war bereits Gegenstand gerichtlicher Überprüfung.

Das Finanzgericht (FG) änderte mit seinem Urteil vom 21. November 2000 II 296/98 den unter Nachprüfungsvorbehalt stehenden Einkommensteuerbescheid 1991 des Beklagten (des Finanzamts -FA-) vom 18. Dezember 1997 und übertrug die Berechnung dem FA. Das FA errechnete aufgrund dieser Änderungen die Einkommensteuer im Berechnungsbescheid vom 11. April 2001 neu; darüber hinaus hob es den Vorbehalt der Nachprüfung auf und erklärte die Einkommensteuerfestsetzung für endgültig (FA-Anlage, Finanzgerichts-Akte -FG-A- Bl. 21a).

Gegen das Urteil des Finanzgerichtes Hamburg vom 21. November 2000 II 296/98 legte der Kläger beim Bundesfinanzhof (BFH) erfolglos Nichtzulassungsbeschwerde sowie Revision ein. Der BFH wies mit Beschluss vom 24. Juli 2002 XI B 30/01 die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision als unbegründet zurück und verwarf mit weiterem Beschluss vom 24. Juli 2002 XI R 15/01 die Revision des Klägers als unzulässig (Finanzgerichtsakte II 296/98 -FG-A II 296/98- Bl. 155, 157 ff).

b) Gegen die dem Kläger zumindest nachträglich in 2004 bekannt gegebene Aufhebung des Nachprüfungsvorbehaltes im Berechnungsbescheid vom 11. April 2001 legte der Kläger mit Schreiben vom 18. (eingegangen 22.) November 2004, Einspruch ein (Rechtsbehelfs-Akte -Rb-A- Bl. 1).

c) Das FA wies diesen Einspruch am 22. Februar 2005 als unbegründet zurück, da der Vorbehalt der Nachprüfung nicht erst bei nachträglicher Bekanntgabe des Berechnungsbescheides vom 11. April 2001 im Jahre 2004, sondern bereits mit den Entscheidungen über die Nichtzulassungsbeschwerde sowie die Revision durch den BFH im Jahre 2002 kraft Gesetzes wegen Festsetzungsverjährung (§§ 164 Abs. 4, §§ 169 ff Abgabenordnung -AO-) entfallen sei (Rb-A Bl. 6 f).

2. Einkommensteuer 1995

a) Die Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1995 ging am 10. August 1998 beim FA ein (Einkommensteuer-Akte -ESt-A- Bl. 3 ff). Mit Schreiben vom 15. April 1999 forderte das FA den Kläger auf, die Anlage V zur Einkommensteuererklärung 1995 für das Vermietungsobjekt "T..." nachzureichen (ESt-A Bl. 33). Auf erneute Anforderung des FA vom 6. Mai 1999 (ESt-A Bl. 34) übersandte dieser eine Einnahme-Überschussrechnung "... Vermietungen" für das Jahr 1995, beim Finanzamt eingegang...

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