Entscheidungsstichwort (Thema)
Veräußerung eines Mitunternehmeranteils nach dem sog. Zwei-Stufen-Modell
Leitsatz (amtlich)
Ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten bei Veräußerung eines Mitunternehmeranteils nach dem sog. Zwei-Stufen-Modell kommt, wenn die Zeit zwischen dem Abschluss der beiden Verträge zur Erprobung des Eintretenden ausreichend ist, der Eintretende selbst sich zum Erwerb weiterer Anteile nicht verpflichtet hat und ihm ein Optionsrecht, das ihm rechtlich und wirtschaftlich den zeitnahen Erwerb weiterer Anteile gesichert hätte, nicht zusteht, nicht in Betracht.
Normenkette
AO § 42; EStG §§ 16, 18 Abs. 3, § 34 Abs. 2 Nr. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Gewinn des Klägers aus der Veräußerung eines Teils seines Mitunternehmeranteils an einer ärztlichen Gemeinschaftspraxis steuerbegünstigt ist, nachdem er unter Gründung einer Personengesellschaft (GbR) einen Gesellschafter in sein Einzelunternehmen aufgenommenen und diesem zunächst nur eine minimale Beteiligung gegen geringe Ausgleichszahlung eingeräumt hatte (sog. Zwei-Stufen-Modell).
Der Kläger ist von Beruf Arzt für Chirurgie, für Sportmedizin, Durchgangsarzt, Chirotherapeut und - seit 2000 - Osteopath. Bis Mitte August 1997 betrieb er eine Einzelpraxis in Hamburg, X-Straße.
Am 17.08.1997 schloss der Kläger mit Herrn Dr. H, ebenfalls Chirurg und Durchgangsarzt, einen Vertrag über die Gründung einer GbR zum Zwecke der gemeinsamen Ausübung der privat- und kassenärztlichen Berufstätigkeit sowie der Tätigkeit als Durchgangsarzt. Die Vertragspartner vereinbarten die Ausübung der Arztpraxen in gemeinsamer Organisation und strebten eine möglichst gleichmäßige Arbeitsbelastung eines jeden Partners an (§ 1 Abs. 3 des Vertrages).
Der Gesellschaftsvertrag wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen und begann am 15.08.1997. Jeder Gesellschafter konnte die Gesellschaft unter Einhaltung einer Frist von 9 Monaten zum Ende eines Kalendervierteljahres kündigen mit der Folge, dass er aus der Gesellschaft ausscheidet (§ 3 Abs. 1). Im Fall einer vor dem 31.12.1999 erklärten Kündigung konnte immer der Kläger als ursprünglicher Inhaber des Praxissitzes wählen, welcher der Vertragspartner aus der Gesellschaft ausscheidet und welcher berechtigt ist, das Gesellschaftsvermögen zu übernehmen und am bisherigen Sitz eine ärztliche Tätigkeit fortzusetzen (§ 3 Abs. 3).
Nach § 5 Abs. 1 des Vertrages brachte der Kläger seine bisherige Einzelpraxis mit allen dazugehörigen Wirtschaftsgütern insgesamt, ausgenommen die Forderungen und Verbindlichkeiten, die mit dem Betrieb der Einzelpraxis vor dem 15.08.1997 zusammenhingen, zu Buchwerten in die Gesellschaft ein. Den materiellen Wert der bisherigen Einzelpraxis bestimmten die Vertragspartner übereinstimmend mit 200.000 DM (§ 5 Abs. 3). Den Goodwill der bisherigen Einzelpraxis bestimmten sie mit 400.000 DM (§ 5 Abs. 4).
H beteiligte sich zunächst mit 5 % am Gesellschaftsvermögen. Zu diesem Zweck übertrug der Kläger mit Wirkung vom 15.08.1997 auf H einen Anteil von 5 % am Vermögen seiner bisherigen Einzelpraxis und brachte insoweit seine bisherige Einzelpraxis auch für H in das Gesellschaftsvermögen ein. Im Gegenzug verpflichtete sich H zur Ausgleichszahlung in Höhe von 5 % des Wertes der eingebrachten Einzelpraxis, was 30.000 DM entsprach (§ 5 Abs. 6) und zu einer Beteiligung des Klägers in Höhe von 95 % und des H in Höhe von 5 % führte (§ 5 Abs. 7).
Nach § 5 Abs. 11 behielten sich die Vertragspartner vor, dass H zu einem späteren Zeitpunkt eine Beteiligung am Gesellschaftsvermögen von bis 1/2 erwirbt, worüber zu gegebener Zeit eine gesonderte Absprache getroffen werden sollte. Die Beteiligung sollte dergestalt erworben werden, dass der Kläger weitere Anteile auf H gegen eine dem anteiligen aktuellen Verkehrswert entsprechende Ausgleichszahlung überträgt. Der Kläger bot H bereits im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses verbindlich an, auf diesen weitere 45 % Beteiligung am Gesellschaftsvermögen zu übertragen gegen eine Ausgleichszahlung von 270.000 DM unabhängig von Veränderungen im Bestand oder in der Bewertung des Gesellschaftsvermögens. Dieses Angebot konnte von H nicht vor dem 01.10.1998 und nicht nach dem 31.12.1999 angenommen werden (§ 5 Abs. 11).
In § 9 Abs. 1 vereinbarten die Vertragspartner, dass sämtliche durch die Tätigkeit im Rahmen dieser Gesellschaft erzielten Honorare Einnahmen der Gesellschafter sind. Am Gewinn und Verlust der Gesellschaft waren die Gesellschafter grundsätzlich zu gleichen Teilen beteiligt (§ 12 Abs. 1). Für die Zurverfügungstellung von Kapital sollte jeder Gesellschafter vorab aus den erwirtschafteten Erträgen eine Verzinsung des eingesetzten Kapitals von jährlich 5 % erhalten, so dass der verbleibende Betrag den Gesellschaftern zu gleichen Teilen zuzuordnen war.
Für den Fall des Ausscheidens des H vor dem 01.01.2000 sollte dieser als pauschale Abfindung mindestens die von ihm anlässlich seiner Beteiligung am Gesellschaftsvermögen geleistete Ausgleichszahlung nach § 5 Abs. 6 und geg...