Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässiger Binnenverkehr im Verfahren der vorübergehenden Verwendung - Erteilte Drittstaatengenehmigung erlaubt keinen Gütertransport in der Kombination Schiff - Schiene - Straße
Leitsatz (amtlich)
1. Eine deutsche Drittstaatengenehmigung zum internationalen Güterkraftverkehr zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei im Wechsel- und/oder Transitverkehr, die auch zur Beförderung von Gütern in Anhängern oder Sattelaufliegern im "Ro-Ro-Verkehr" von, nach oder durch Deutschland berechtigt, erlaubt keine Anschlussbeförderung der Güter auf der Straße im Bundesgebiet, wenn die in einem Sattelauflieger verstauten Waren von Istanbul mittels Fähre nach Triest, anschließend auf der Schiene nach Luxemburg und von dort durch eine Zugmaschine nach Deutschland befördert werden.
2. Der Begriff des "Ro-Ro-Verkehrs" in der Drittstaatengenehmigung ist dahingehend auszulegen, dass lediglich der Ro-Ro-Schiffs- bzw. Fährverkehr aber keine Beförderung im kombinierten Verkehr auf der Schiene gemeint und damit erlaubt ist.
Normenkette
ZK Art. 137, 204 Abs. 1 lit. a Alt. 2; ZKDV Art. 558 Abs. 1 lit. c; UStG § 21 Abs. 2 Hs. 1; GüKG § 6 S. 2 Nr. 5; GüKGrKabotageV § 9
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen einen Einfuhrabgabenbescheid für eine Sattelzugmaschine.
Die Klägerin ist eine internationale Spedition mit Sitz in der Türkei. Im Oktober 2014 transportierte sie für die XXX bestimmte Waren aus der Türkei nach A in Deutschland. Sie lud die Waren in der Türkei in einen dort zugelassenen Sattelauflieger und verschiffte diesen ohne Zugmaschine zunächst von Istanbul mittels Fähre nach Triest. Von dort wurde der Auflieger mittels Eisenbahn nach Luxemburg verbracht und sodann auf eine in der Türkei zugelassene Zugmaschine aufgesattelt, die nach A fuhr.
Der Fahrer der Zugmaschine war am 17.10.2014 per Flugzeug nach Slowenien eingereist und hatte die Zugmaschine im Gebiet der EU zu einem unbekannten Zeitpunkt übernommen. Von Italien hatte er einen ersten Auflieger nach Frankreich verbracht und von dort einen weiteren nach Luxemburg. In Luxemburg hatte er schließlich den streitgegenständlichen Auflieger aufgeladen.
Am 31.10.2014 verließ er Luxemburg und fuhr mit der Zugmaschine und dem Auflieger über den Grenzübergang B in das Bundesgebiet, um die Ladung nach A zu bringen. Dabei war er im Besitz einer güterkraftverkehrsrechtlichen Genehmigung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung. Die Genehmigung berechtigte zum internationalen Güterverkehr zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei sowie im Durchgangsverkehr durch die Bundesrepublik Deutschland mit einem Kraftfahrzeug einschließlich Anhänger und im Ro-Ro-Verkehr gemäß Nr. 7 der besonderen Bedingungen der Genehmigung. In diesen Bedingungen heißt es unter Nr. 3, dass die Genehmigung nur für eine Hin- und Rückfahrt im Wechsel- und/oder Transitverkehr gelte. Nach Nr. 6 gelte die Genehmigung auch für die Durchführung eines Transports im Dreiländerverkehr, sofern der Zulassungsstaat des Kraftfahrzeuges auf verkehrsüblichem Weg durchfahren werde. Nach Nr. 7 berechtige sie auch zur Beförderung von Gütern in Anhängern/Sattelaufliegern im Ro-Ro-Verkehr von/nach oder durch Deutschland, wenn die Anhänger/Sattelauflieger in der Türkei oder in Deutschland zugelassen seien. Daneben besaß der Fahrer weitere güterkraftverkehrsrechtliche nationale Genehmigungen der Länder Italien, Belgien und Luxemburg.
Nahe A kontrollierten Beamte des Beklagten das Gespann. Sie vermerkten, dass mit der vorgelegten Einzelfahrtgenehmigung keine Nachlaufbeförderung auf der Straße erfolgen dürfe, wenn zuvor ein "unbegleiteter Ro-Ro-Verkehr auf der Schiene" erfolgt sei. Die Einzelfahrtgenehmigung gelte nur, wenn die türkische Zugmaschine den Auflieger in Triest abhole und eine direkte Nachlaufbeförderung zur Fährverbindung begleitet durchgeführt werde. Die Beamten schätzten den Wert der Zugmaschine durch einen Vergleich mit Verkaufsanzeigen im Internet auf 50.000 €, berechneten daraus einen Zollwert von 36.221,39 € und setzten mit Bescheid vom 17.11.2014 Zoll und Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von 5.795,42 € bzw. 7.983,19 €, insgesamt 13.788,61 €, fest. Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Zollverfahrens der vorübergehenden Verwendung mit vollständiger Befreiung von den Einfuhrabgaben seien für die Zugmaschine bei der Einfuhr in die Bundesrepublik nicht mehr erfüllt gewesen. Die nach § 3 Güterkraftverkehrsgesetz (GüKG) notwendige Genehmigung habe gefehlt. Die vorgelegte bilaterale Genehmigung habe nicht zur Durchführung eines Transports zwischen Luxemburg und der Bundesrepublik berechtigt, weil der Zulassungsstaat der Zugmaschine (Türkei) nicht auf verkehrsüblichem Weg durchfahren worden sei. Insoweit sei gegen Nr. 6 der besonderen Bedingungen der Genehmigung verstoßen worden. Die Genehmigung berechtige auch nicht zu einer Straßenbeförderung im Nachlauf zu Fährverbindungen (begleiteter oder unbegleiteter Ro-Ro-Verkehr) mit ansch...