Entscheidungsstichwort (Thema)
Überwachung des Rücklaufs der Kontrollexemplare bzw. Vorlage gleichwertiger Unterlagen
Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Anforderungen an das Vorliegen höherer Gewalt i.S.v. Art. 47 Abs. 2 VO (EWG) Nr. 3665/87.
2. Die gebotene Sorgfalt i.S.v. Art. 47 Abs. 2 VO (EWG) Nr. 3665/87 wendet nur der Ausführer auf, der dem Rücklauf der Kontrollexemplare aktiv überwacht und - soweit erforderlich - von den Möglichkeiten der Fristverlängerung (Art. 47 Abs. 4 VO (EWG) Nr. 3665/87) bzw. der Anerkennung gleichwertiger Unterlagen (Art. 47 Abs. 3 VO (EWG) Nr. 3665/87) konsequent Gebrauch macht.
Normenkette
EWGV 3665/87 Art. 47 Abs. 2
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Gewährung ungekürzter Ausfuhrerstattung.
Im Februar 1996 führte die Klägerin - soweit hier im Streit - 5 Sendungen Kindernahrungsmittel auf dem Seeweg über Bremen nach Algerien aus.
Die Ausfuhranmeldungen wurden zwischen dem 20.2.1996 und dem 28.2.1996 vom Hauptzollamt Hamburg-A angenommen. Abfertigende Zollstelle war ebenfalls das Hauptzollamt Hamburg-A, das auf den Ausfuhranmeldungen bescheinigte, dass die Waren auf Kontrollexemplar T 5 abgefertigt worden seien. Die Ausfuhranmeldungen sind zwischen dem 22.2.1996 und dem 4.3.1996 bei dem Beklagten eingegangen.
Mit Schreiben vom 7.8.1996 wandte sich der Beklagte u.a. mit dem Hinweis an die Klägerin, die Kontrollexemplare T 5 seien "bis heute" nicht eingetroffen und bat sie, nach deren Verbleib zu forschen und ggf. Duplikate vorzulegen.
Am 15.8.1996 telefonierte ein Mitarbeiter des Beklagten mit einer Mitarbeiterin der Klägerin. Ausweislich eines in der Beiakte befindlichen Telefonvermerks erklärte die Mitarbeiterin der Klägerin, dass sich vier der fünf ausstehenden Kontrollexemplare beim Hauptzollamt Hamburg-A befänden. Eine Kontaktaufnahme mit der dort zuständigen Sachbearbeiterin sei bislang gescheitert.
Ebenfalls am 15.8.1996 telefonierte ein Mitarbeiter des Beklagten mit einem Mitarbeiter der Firma ... (F) GmbH, die seinerzeit die Ausfuhranmeldungen für die Klägerin vorgenommen hatte. Dieser erklärte, dass nicht klar sei, wo das fünfte Kontrollexemplar eingereicht worden sei, er werde nach dem Verbleib des Papiers forschen. Die übrigen vier Kontrollexemplare befänden sich beim Hauptzollamt Hamburg-C.
Mit Schreiben vom 21.2.1997 forderte der Beklagte die Klägerin erneut auf, die Kontrollexemplare vorzulegen.
Am 28.2.1997 beantragte die Klägerin für die Vorlage der fünf ausstehenden Kontrollexemplare die Verlängerung der Frist. Zur Begründung schrieb sie, dass sie sich beim Hauptzollamt Hamburg-C um Weiterleitung der Kontrollexemplare bemühe, dort habe man jedoch die Nummern der Kontrollexemplare nicht nachvollziehen können und um die Beschaffung eines Schiffszettels gebeten.
Der Fristverlängerungsantrag wurde mit Bescheid vom 1.4.1997, der noch am gleichen Tag zur Post gegeben wurde, mit der Begründung abgelehnt, die Vorlagefrist könne gem. Art. 47 Abs. 4 VO Nr. 3665 nur für die Unterlagen nach Art. 18 VO Nr. 3665/87, nicht jedoch für die Vorlage von Kontrollexemplaren verlängert werden. Der Bescheid war mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen. Die Kontrollexemplare T 5 gingen - in einem Fall als Duplikat - jeweils erst am 28.5.1997 beim Beklagten ein.
Mit Bescheiden vom 30.6.1997 gewährte der Beklagte unter Berufung auf Art. 48 Abs. 2 lit. a VO Nr. 3665/87 Ausfuhrerstattung jeweils nur in Höhe von 85 %, da die Kontrollexemplare nicht innerhalb der Jahresfrist des Art. 47 Abs. 2 VO Nr. 3665/87 eingereicht worden seien.
Am 25.7.1997 legte die Klägerin gegen diese Bescheide Einspruch ein.
Mit Schreiben vom 26.4.1999 teilte das Hauptzollamt Hamburg-C, Zollamt ...(Z), mit, dass die Sendungen im März 1996 ausgeführt worden seien. Vier der fünf Kontrollexemplare hätten wegen fehlender Schiffszettel und B/L nicht zugeordnet sowie wegen eines fehlenden Kontrollexemplars nicht weiter bearbeitet werden können. Erst nach Eingang des Schreibens der Klägerin vom 14.5.1997 mit Vorlage eines Duplikat-Kontrollexemplars habe der Vorgang abgeschlossen werden können. Eine Registrierung der Kontrollexemplare sei auf Grund der damaligen Organisationsstruktur erst nach Erteilung der Ausgangsbestätigung erfolgt.
Die Einsprüche wurden mit Einspruchsentscheidung vom 30.7.2001 zurückgewiesen.
Mit ihrer am 30.8.2001 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie trägt vor, die Ware sei im Februar 1996 zollamtlich abgefertigt worden. Die Ausfuhr sei auf den Kontrollexemplaren bestätigt worden. Diese seien zwar nicht innerhalb der 12-Monatsfrist beim Beklagten, wohl aber beim Hauptzollamt Hamburg-C eingegangen. Wenn sie nicht rechtzeitig an den Beklagten weitergeleitet worden seien, hätten die Zollbehörden für die Verspätung aufzukommen. Sie - die Klägerin - hätte sich "buchstäblich die Finger wundtelefonieren" müssen, um nachvollziehen zu können, wo die Kontrollexemplare verblieben seien. Als sie neun Monate später hätte vermuten müssen, dass die Kontrollexemplare nicht angekommen seien, h...