Revision eingelegt (BFH I R 52/17)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Gestaltungsmissbrauch anlässlich eines Verkaufs von Gesellschaftsanteilen - Missbrauchsvorschrift des § 42 AO und Spezialvorschrift
Leitsatz (amtlich)
Auch bei Vorliegen einer typisierenden Missbrauchsregelung kann die allgemeine Missbrauchsvorschrift des § 42 AO ausnahmsweise dann zur Anwendung kommen, wenn die Spezialvorschrift ihrerseits missbraucht wird.
Normenkette
KStG § 8b; AO § 42
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Anwendung des § 42 der Abgabenordnung in der bis zum 28.12.2007 geltenden Fassung (AO) anlässlich eines Verkaufs von Gesellschaftsanteilen sowie über die Rechtmäßigkeit der Festsetzung von Zinsen zur Körperschaftsteuer.
Die Klägerin ist Organträgerin der A Verwaltungsgesellschaft mbH (A); der Ergebnisabführungsvertrag wurde am 18.11.2002 geschlossen und am 08.12.2014 geändert. Die A ihrerseits ist zu 94,9996 % Anteilseignerin der B GmbH und zugleich ihre Organträgerin; der Ergebnisabführungsvertrag wurde am 19.11.2002 geschlossen und am 08.12.2014 geändert.
Die B GmbH übertrug gemäß § 123 Abs. 3 Nr. 2 des Umwandlungsgesetzes (UmwG) nach Maßgabe des Ausgliederungsplanes vom 24.08.2004 sowie des Zustimmungsbeschlusses ihrer Gesellschafterversammlung vom 24.08.2004 einen Teil ihres Vermögens (den Teilbetrieb "C") als Gesamtheit im Wege der Umwandlung durch Ausgliederung auf die dadurch neu gegründete D GmbH mit Sitz in E als übernehmenden Rechtsträger. Der notariell beurkundete Gesellschaftsvertrag der D GmbH datiert ebenfalls vom 24.08.2004. Das Vermögen - der Teilbetrieb "C" - wurde zu seinen steuerlichen Buchwerten übertragen. Die Ausgliederung des Teilbetriebs "C" der B GmbH wurde am ... 2004 in das Handelsregister der B GmbH als ausgliedernde Gesellschaft eingetragen und somit wirksam. Mit der B GmbH wurde ein Beherrschungs- und Ergebnisübernahmevertrag vom 27.08.2004 abgeschlossen, dem die Gesellschafterversammlungen am 04.08.2004 zustimmten. Die B GmbH war bis zum Jahr 2008 alleinige Anteilseignerin der D GmbH. Im August 2008 wurde die D GmbH in F GmbH umbenannt und am 01.09.2015 als übertragender Rechtsträger mit der G GmbH, eine 100 %-ige Tochtergesellschaft der in H, J, ansässigen K, mit Sitz in E verschmolzen.
Am 09.11.2007 legte die 100 %-ige Tochtergesellschaft der K, die L GmbH & Co. KG (L KG), die in 2008 in M GmbH & Co. KG umbenannt wurde, der B GmbH ein verbindliches Kaufpreisangebot ("Final Offer") für den Erwerb der Anteile an der D GmbH vor. Grundlage für dieses Angebot war nach einer (Käufer-) Due-Diligence der Erwerberin die Annahme eines Unternehmenswerts von ... €. Das Kaufpreisangebot belief sich daher, unter Berücksichtigung von Verbindlichkeiten der D GmbH i. H. v. ... € zum 30.06.2007, auf ... € (...).
Alsdann entstand mit notariell beurkundetem Gesellschaftsvertrag vom 20.11.2007 die N GmbH, im September 2008 umbenannt in O GmbH, dadurch, dass die D GmbH als übertragender Rechtsträger gemäß § 123 Abs. 3 Nr. 2 UmwG einen Teil ihres Vermögens, den Geschäftsbereich "C", zur Neugründung der N GmbH rückwirkend zum 01.10.2007 ausgliederte.
Ebenfalls mit Vertrag vom 20.11.2007 wurde der Ergebnisabführungsvertrag zwischen der B GmbH und der D GmbH - vor Ablauf der Mindestvertragslaufzeit von 5 Jahren im Sinne des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 1 des Körperschaftsteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (KStG) - zum 30.12.2007 aufgehoben.
Anschließend schlossen die B GmbH als Veräußerer ("Seller") und die L KG als Erwerber ("Purchaser") sowie die K als Bürge ("Guarantor") am 23.11.2007 einen notariell beurkundeten Anteilskaufvertrag ("Share Sale and Purchase Agreement") über die Gesellschaftsanteile an der D GmbH. Der vorläufige Kaufpreis (Preliminary Purchase Price) von ... € folgte in seiner Höhe grundsätzlich dem Angebot vom 09.11.2007 und berechnete sich aus dem Unternehmenswert abzüglich einer Nettoverbindlichkeit zum 30.06.2007 i. H. v. ... € (...). Der endgültige Kaufpreis sollte die zum - für den 30.06.2008 avisierten - Erwerbszeitpunkt (Closing Date) bestehenden endgültigen Nettoverbindlichkeiten berücksichtigen (...).
Ebenfalls mit Vertrag vom 23.11.2007 schlossen die P als Übertragender ("Transferor") einerseits und die L KG als Erwerber ("Purchaser") sowie die K als Bürge ("Guarantor") andererseits einen Darlehensübernahmevertrag ("Loan Acquisition and Assumption Agreement"). In diesem Vertrag wird Bezug genommen auf den zwischen der B GmbH und der L KG am selben Tag abgeschlossenen Anteilskaufvertrag, mit dem die L KG von der B GmbH, welche eine Konzerngesellschaft der P ist, alle Anteile an der D GmbH erwirbt (...). Zu diesem Zweck werde die P der D GmbH ("Borrower") einen Betrag von bis zu ... € zur Verfügung stellen. Mit dem Darlehensübernahmevertrag werden alle Rechte und Pflichten aus einem zwischen der P und der D GmbH abzuschließenden Darlehensvertrag, insbesondere der Anspruch der P auf Rückzahlung der ausgereicht...