Entscheidungsstichwort (Thema)
Nacherhebung von Abgaben - Vertrauensschutz
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, ob der Nacherhebung von Abgaben eine von der Kommission geduldete nationale gemeinschaftswidrige Verwaltungspraxis entgegensteht.
Normenkette
ZK Art. 32 Abs. 1, Art. 220
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Nacherhebung von Einfuhrabgaben.
Die Klägerin führte im Frühjahr 2003 Gemüsekonserven aus China in die Gemeinschaft ein. Die Umschließungen für diese Konserven - scil. Metalldrehverschlüsse sowie Gläser -, die aus dem freien Verkehr der Gemeinschaft stammten und in der Zeit zwischen dem 27.02.2002 und 30.09.2002 ausgeführt wurden, hatte die Klägerin den chinesischen Lieferanten unentgeltlich zur Verfügung gestellt.
In den einzelnen Zollanmeldungen hatte die Klägerin der Zollwertberechnung lediglich die ihr von den chinesischen Lieferern in Rechnung gestellten Preise zugrunde gelegt, die die Kosten der Umschließungen nicht umfassten. Diese Verfahrensweise entsprach der früheren Dienstanweisung VSF Z 5314 vom 15.03.1993, die auf einer Duldungsabsprache mit der Europäischen Kommission beruhte. Dort hieß es unter Ziffer 7: "Dem tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis sind folgende Kosten hinzuzurechnen, soweit diese für den Käufer entstanden sind, aber nicht in dem tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis enthalten sind: a) ... b) Kosten von Umschließungen, ... Dies gilt nicht, wenn die Umschließungen aus dem freien Verkehr des Zollgebiets der Gemeinschaft stammen und vom Käufer zur Verfügung gestellt worden sind."
Im Dezember 2002 änderte die Bundesfinanzverwaltung die Dienstvorschrift zum Zollwertrecht. Unter Abs. 42 der Dienstvorschrift Z 51 01 heißt es nunmehr: "Kosten für Umschließungen sind dem tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis hinzuzurechnen, wenn die zu bewertende Ware und ihre Umschließung gemeinsam einzureihen sind. Umschließungen sind Behältnisse (z. B. Kamerataschen, Geigenkästen, Brillenetuis, Bierfässer) und Verpackungen (z. B. Papiersäcke, Getränkedosen, Eierkartonagen und Joghurtbecher), die eine Lagerung oder Verpackung der Ware ermöglichen." Die geänderte Dienstanweisung zum Zollwertrecht wurde in den VSF-Nachrichten vom 10.12.2002 (N 65 2002 Nr. 466) bekannt gegeben. Mit VSF-Nachrichten vom 27.02.2003 (N 13 2003) wies die Bundesfinanzverwaltung zudem darauf hin, dass aufgrund geänderter zollwertrechtlicher Regelung für die Behandlung von Umschließungen (Hinweis auf die in den VSF-N 65 2002 veröffentlichte neue Dienstvorschrift Zollwert, VSF Z 51 01 Absatz 42) eine entsprechende Änderung der Dienstvorschrift Passive Veredelung, VSF Z 1601, erforderlich sei. Die bisherige Regelung könne nicht mehr beibehalten werden. Vom Inhaber der Bewilligung zur Verfügung gestellte Verpackungs- und Umschließungsmaterialien seien künftig in die Bewilligung der passiven Veredelung mit einzubeziehen und in das Verfahren der passiven Veredelung zu überführen (III B 1 - Z 1490 - 1/03 vom 17.02.2003).
Über die Änderung der zollwertrechtlichen Behandlung von Umschließungen und Verpackungen unterrichtete das beklagte Hauptzollamt die Klägerin unter dem 02.04.2003. In diesem Schreiben heißt es:
"Verpackungs- und Umschließungsmaterialien, die vom Inhaber der Bewilligung dem ausländischen Veredelungsbetrieb zur Verfügung gestellt werden, sind bislang in die Bewilligung einer passiven Veredelung nicht aufgenommen worden, da sie bei der Überführung der Veredelungserzeugnisse in den freien Verkehr formlos als Rückwaren abgabenfrei belassen worden sind. Aufgrund geänderter zollwertrechtlicher Regelung für die Behandlung von Umschließungen kann diese Regelung nicht mehr beibehalten werden. Es ist deshalb erforderlich, alle erteilten PV-Bewilligungen entsprechend anzupassen.
Zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsanwendung beabsichtige ich, alle PV-Bewilligungen zeitgleich umzustellen und räume deshalb bis zum 30.04.2003 eine Übergangsfrist ein, in der bis zum Ablauf dieser Frist noch nach der bisherigen Regelung verfahren werden darf.
Ab 01.05.2003 ist der in Rede stehende Warenkreis in die Bewilligung der passiven Veredelung mit einzubeziehen und in das Verfahren der passiven Veredelung zu überführen.
Um künftig auch für diese Waren in den Genuss einer Zollermäßigung bei der Einfuhr der Veredelungserzeugnisse zu gelangen, bitte ich - soweit erforderlich - bis zum 14.04.2003 die Erweiterung der o. a. PV-Bewilligung für diesen Warenkreis zu beantragen. Es genügt, die Verpackungs- und Umschließungsmaterialien einschließlich Etiketten im Erweiterungsantrag mit der vierstelligen HS-Position zu bezeichnen.
PV-Scheine, die vor Ablauf der Übergangsfrist (30.04.2003) erteilt wurden, können noch nach dem bisherigen Verfahren abgerechnet werden. Ab 01.05.2003 kommt eine diesbezügliche Zollbetragsminderung nur noch in Betracht, wenn die PV-Bewilligung auf den o. a. Warenkreis erweitert wurde."
Mit Erlass vom 13.01.2005 - Z 5314 - 2/04 Z 42 - wies da...