Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattung bei abgezweigtem Kindergeld
Leitsatz (amtlich)
Änderungen in den Verhältnissen, die für die Zahlung des Kindergeldes erheblich sind, sind unverzüglich der Familienkasse mitzuteilen. Die Beendigung der Schulausbildung sowie die Einberufung zum Wehrdienst sind erhebliche Änderungen in diesem Sinne. Unerheblich ist, dass der Kläger während des Rückzahlungszeitraums Sozialhilfe erhielt und diese um das Kindergeld vermindert ausgezahlt wurde, auch wenn durch Mitteilung über die Beendigung des Schulbesuchs die Zahlung des Kindergeldes eingestellt worden wäre mit der Folge, dass sich die vom Kläger zu beanspruchende Sozialhilfe entsprechend erhöht hätte.
Normenkette
AO § 37; EStG § 68
Tatbestand
Streitig ist die Rückzahlung des abgezweigten Kindergeldes. Der Kindergeldberechtigte A erhielt für seinen Sohn, den Kläger, Kindergeld. Das Kindergeld wurde bis zum 31. Dezember 1995 nach den Vorschriften des Bundeskindergeldes gewährt, und gilt deshalb ab 1.01.1996 nach der Übergangsregelung des § 78 Abs. 1 EStG als gegenüber dem Kindergeldberechtigten festgesetzt. Es wurde bis zum 31.12.1995 an das Amt für Jugend gezahlt. Mit Schreiben vom 11.01.1996 (Bl. 151 KG-Akte) bat das Amt für Jugend um Auszahlung des Kindergeldes an den Kläger. Mit Schreiben vom 22.01.1996 teilte die Beklagte dem Kindergeldberechtigten mit, dass das Kindergeld für den Kläger ab Februar 1996 an ihn, den Berechtigten, ausgezahlt werde. Noch im Februar 1996 trat das Sozialamt (Ortsamt ...) an die Beklagte heran und machte einen Erstattungsanspruch gemäß §§ 104 ff. SGB X geltend. Diesen Erstattungsanspruch lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 26.03.1996 (Bl. 164 KG-Akte) ab und teilte dem Kläger sowie dem Kindergeldberechtigten gleichzeitig mit, dass das Kindergeld ab März 1996 zur Sicherstellung des Unterhalts an den Kläger ausgezahlt werde. Dementsprechend wurde verfahren.
Im September 1998 erlangte die Beklagte davon Kenntnis, dass der Kläger den Besuch der Staatlichen Handelsschule im Juni 1996 beendet und zwischenzeitlich (bis Februar1998) den Wehrdienst geleistet hatte. Mit Bescheid vom 3.02.1998 wurde die Kindergeldfestsetzung gegenüber dem Kindergeldberechtigten ab Juli 1996 aufgehoben.
Die Beklagte nahm zunächst den Kindergeldberechtigten wegen Erstattung des überbezahlten Kindergeldes in Anspruch. Im Verfahren I 241/99, das beim erkennenden Senat anhängig war, hob die Beklagte den Erstattungsbescheid auf.
Mit Bescheid vom 6.10.1999 nahm die Beklagte nunmehr den Kläger als Abzweigungsempfänger wegen Erstattung des Kindergeldes für Juli 1996 bis Juli 1998 in Anspruch. Der Kläger legte mit Schreiben vom 30.10.1999 (Eingang 2.11.1999) Einspruch ein (Bl. 259 KG-Akte). Der Rechtsbehelf blieb erfolglos. Die Einspruchsentscheidung wurde am 23.03.2000 zur Post gegeben.
Unter dem 4.04.2000 erhob der Kläger Klage. Er macht geltend, nicht Leistungsempfänger und damit nicht Rückzahlungspflichtiger i.S.d. § 37 Abs. 2 AO gewesen zu sein. Hierzu trägt er vor: Das Schreiben der Beklagten vom 28.03.1996 habe er nach seiner Erinnerung nicht erhalten. Ein Merkblatt oder ein Hinweis auf irgend welche Mitwirkungspflichten sei ihm nicht übersandt worden. Die Zahlung des Kindergeldes unmittelbar an ihn habe er so verstehen müssen, dass auf diese Weise die Unterhaltsverpflichtung seines Vaters, der im Übrigen keine Unterhaltszahlungen geleistet habe, erfüllt werden würden. Aus den Überweisungsträgern habe er lediglich entnehmen können, dass die Zahlungen von der Familienkasse erfolgten. Den genauen Rechtsgrund für die Zahlungen habe er jedoch nicht erfahren. Sein Vater sei über seine jeweiligen Entwicklungs- und Ausbildungsschritte informiert worden. Der Vater habe ihn andererseits nicht über irgend welche Meldepflichten informiert und es unterlassen, der Beklagten Mitteilung über die Beendigung der Schulausbildung zu machen. Neben dem Kindergeld habe er in dem betreffenden Zeitraum Sozialhilfe bezogen. Das Sozialamt hat das übergeleitete Kindergeld auf die Sozialhilfe angerechnet. Im Fall des Nichtbezuges von Kindergeld hätte das Sozialamt einen entsprechend höheren Betrag an Sozialhilfe an den Kläger ausgezahlt. Wirtschaftlich sei damit die Zahlung des Kindergeldes dem Sozialamt zu Gute gekommen.
Der Kläger habe überdies keinen Anlass gehabt, an der Rechtmäßigkeit der Zahlung zu zweifeln. Er sei davon ausgegangen, dass es sich bei der Zahlung um übergeleiteten Unterhalt des Vaters gehandelt habe. Dieses Verständnis sei durch den Inhalt des Schreibens der Beklagten (Bl. 163 KG-Akte) dadurch geweckt worden, dass das Kindergeld "zur Sicherstellung des Unterhalts" ausgezahlt werde. Da die Beklagte es unterlassen habe, ihn, den Kläger, über die ihm obliegenden Wirkungspflichten in Kenntnis zu setzen, sei zudem von einem Verschulden der Beklagten an der Überzahlung des Kindergeldes auszugehen. Da der Kläger andererseits darauf vertrauen durfte, dass sich die Familienkasse mit den anderen Leistungsträgern - Jugendamt und Sozialamt - i...