Entscheidungsstichwort (Thema)
Handelsübliche Qualität von Zuchtrindern
Leitsatz (redaktionell)
Angeblich reinrassige Zuchtrinder, die 1991 in Drittländer ausgeführt wurden, waren ohne die für den innergemeinschaftlichen Handel vorgeschriebenen Zuchtbescheinigungen und Gesundheitszeugnisse nicht von handelsüblicher Qualität.
Normenkette
EWGV 3665/87 Art. 13
Tatbestand
In der Zeit vom 26. September bis 16. Oktober 1991 meldete die Klägerin mit mehreren Kontrollexemplaren (KE) insgesamt 472 "lebende Hausrinder, reinrassige Zuchtrinder, weiblich, mit einem Gewicht von mehr als 250 kg" der Marktordnungs-Warenlistennummer 0102 1000 1900 Rinder zur Ausfuhr nach Polen an. Abfertigungsvermerke auf den Kontrollexemplaren wiesen aus, dass "Abstammungsnachweise" vorgelegen hätten. Den überwiegenden Teil der mit Ohrmarkennummern aufgeführten Tiere hatte die Klägerin aus ehemaligen LPG-Beständen in A gekauft. Wenige Wochen nach der Ausfuhrabfertigung, nämlich am 5., 9. und 17. Dezember 1991 fertigten die Abfertigungszollstellen Ergänzungen zu den Kontrollexemplaren, in denen es jeweils hieß, dass Originale der Zuchtbescheinigungen des Rinderzuchtverbandes A (oder anderer Zuchtverbände) mit zusätzlicher Erklärung sowie eine Gesundheitsbescheinigung nach der Richtlinie 64/432/EWG oder Veterinär-Zertifikate für lebende Rinder (sog. polnische Atteste) nachträglich vorgelegt worden seien. Tatsächlich waren allerdings in allen Fällen lediglich die sog. polnischen Atteste vorgelegt worden. Auf die entsprechenden Anträge der Klägerin gewährte der Beklagte für die o.g. Ausfuhrsendungen mit mehreren Bescheiden vom 18. und 20. Dezember 1991 sowie 21. und 23. Januar 1992 Ausfuhrerstattungen nach dem für reinrassige Zuchtrinder dieser Marktordnungs-Warenlistennummer vorgesehenen Erstattungssatz.
Nachdem das Zollfahndungsamt Hannover (ZFA) aufgrund von Ermittlungen zu dem Ergebnis gekommen war, dass für mehrere von der Klägerin im Jahr 1991 angeblich ausgeführte Zuchtrinder die Erstattungsvoraussetzungen nicht vorgelegen hätten, weil sie z.T. in der Gemeinschaft geschlachtet oder an in der Gemeinschaft befindliche Firmen verkauft worden seien bzw. sich trotz angeblicher Ausfuhr noch im tatsächlichen Bestand der Verkäufer befunden hätten (auf den Schlussbericht des ZFA v. 28.3.1995, beim Beklagten eingegangen am 7.4.1995, wird wegen der Einzelheiten verwiesen), forderte der Beklagte mit Rückforderungsbescheid vom 20. Juni 1995 die Ausfuhrerstattungen für insgesamt 147 Tiere in Höhe von insgesamt 166.872,96 DM zurück (diese Rückforderung ist Gegenstand des Klageverfahrens IV 116/00).
Unter Bezugnahme auf diesen Rückforderungsbescheid forderte der Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 21. Juni 1995 auf, für die übrigen Tiere bis zum 1. September 1995 Zuchtbescheinigungen vorzulegen und nachzuweisen, dass es sich um gesunde Tiere gehandelt habe, die insbesondere frei von Leukose gewesen seien. Die Klägerin berief sich demgegenüber mit Schreiben vom 29. August 1995 darauf, dass in den Anträgen auf Ausfuhrvergünstigung ausgeführt worden sei, dass die Tiere von gesunder und handelsüblicher Qualität seien und die Voraussetzungen dafür von den Gepflogenheiten im Empfängerland bestimmt seien. In Polen seien die Tiere einwandfrei abgenommen worden. Auch habe sie nachträglich Bestätigungen der Zuchtverbände beigebracht. Mit einem weiteren Schreiben vom 16. November 1995 wies der Beklagte die Klägerin auf die Voraussetzungen hin, die nach seiner Ansicht reinrassige Zuchtrinder erfüllen müssten, sowie darauf, dass die danach erforderlichen Abstammungsnachweise gemäß § 7 der Verordnung über Zuchtorganisationen für die von der Klägerin ausgeführten Rinder z.T. nicht vorlägen oder - soweit solche vorgefunden worden seien - unvollständig seien, und forderte die Klägerin auf, bis zum 31. Dezember 1995 vollständig ausgefüllte Abstammungsnachweise und Gesundheitsbescheinigungen zum Nachweis der Leukosefreiheit vorzulegen (wegen der Einzelheiten wird auf das genannte Schreiben nebst Anlagen verwiesen). Hierauf antwortete die Klägerin mit Schreiben vom 8. Dezember 1995, dass die Vorlage von Leukosebescheinigungen damals keine Voraussetzung für die Ausfuhr der Rinder gewesen sei. Die Tiere seien geschlachtet worden, weil sie als Leukosetiere aus dem Zuchtverkehr hätten genommen werden müssen, und es sei niemand auf die Idee gekommen, dass für Schlachttiere Leukosebescheinigungen beigebracht werden müssten. Die nachträglich geforderten Abstammungsnachweise seien nicht mehr vorhanden.
Mit Rückforderungsbescheid vom 17. Januar 1996 forderte der Beklagte die für die übrigen (nicht bereits von dem Rückforderungsbescheid vom 20. Juni 1995 erfassten) Rinder gewährten Ausfuhrerstattungen in Höhe von 355.297,15 DM zurück. (Wegen der Berechnung und der betroffenen Erstattungsbescheide wird auf die Anlage 18 zum Rückforderungsbescheid verwiesen). Auf den hiergegen am 9. Februar 1996 erhobenen Einspruch der Klägerin verminderte der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 2...