Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbschaftsteuer: Negative Vorschenkungen
Leitsatz (amtlich)
Mit einem positiven Erbfallerwerb sind negative Vorschenkungen auch im Billigkeitsweg zumindest dann nicht zusammenzurechnen, wenn kein einheitliches Schenkungsversprechen ersichtlich ist.
Normenkette
AO §§ 163, 227; ErbStG § 14 Abs. 1 S. 4
Tatbestand
I. Die Klägerin begehrt im Billigkeitswege die Herabsetzung der Erbschaftsteuer mittels Zusammenrechnung des positiven Erbfall-Erwerbs mit negativen Vorschenkungen.
II. 1. Die Klägerin ist gemäß Testament vom 19. Januar 1998 Alleinerbin ihres am 7. Juni 1998 im Alter von 83 Jahren und ledig verstorbenen Vaters (Anlage K 2, Finanzgerichts-Akte -FG-A- Bl. 18, Erbschaftsteuer-Akte -ErbSt-A- Bl. 3, 4). Der verstorbene Vater war zuvor an Leukämie erkrankt (ErbSt-A Bl. 115).
Der Nachlass bestand aus Grundvermögen und Betriebsvermögen (jeweils darunter Grundstücksfonds- und andere Fonds-Beteiligungen) sowie aus Wertpapieren und Kapitalforderungen. Erbschaftsteuerlich wurde der Nachlasswert für die Klägerin mit 1.293.117 DM ermittelt (ErbSt-A Bl. 157). Dabei wurde eine Fondsbeteiligung im Wert von 7.485 DM doppelt gezählt, so dass der insoweit korrigierte Nachlasswert für die Klägerin 1.285.632 DM betrug (FG-A Bl. 18, 29, ErbSt-A Bl. 197, 203).
Außerdem wurde mit dem Tod des Vaters aus einem Vertrag vom 19. Juni 1996 über den Verkauf seines Hausgrundstücks ein Restkaufpreis von 300.000 DM fällig. Dieser Betrag war von der Käuferin jedoch an die Stiftung Frauenkirche in Dresden zu zahlen und stand dieser gemäß vorerwähntem Testament als Vermächtnis zu (Anlage K 2, FG-A Bl. 18, ErbSt-A Bl. 3, 4).
2. Im Dezember 1997 (nämlich am 10., 16., 23. und 31. Dezember 1997) hatte der Vater der Klägerin ihr bereits 10 Gesellschafts- und Fondsbeteiligungen geschenkt. Diese Schenkungen wurden im vorgenannten Testament vom 19. Januar 1998 nicht mehr erwähnt.
In den Schenkungs- und Abtretungsverträgen wurden Nominalwerte angegeben (Anlage Rb 2, ErbSt-A Bl. 82 ff). Von den Beteiligungen zählten neun als Betriebs- und eine als Grundvermögen. Auch bei den Betriebsvermögens-Anteilen handelte es sich weitgehend um Beteiligungen an Gesellschaften oder Fonds mit Grundbesitz (Anlage K 1, FG-A Bl. 14). Von neun Beteiligungen wurden die Nennwerte mit zusammen 900.000 DM ermittelt (ErbSt-A Bl. 24, Bl. 28).
III. 1. Der Beklagte (das Finanzamt -FA-) erließ wegen des Erbfalls am 21. Januar 2000 einen Erbschaftsteuerbescheid (ErbSt-A Bl. 62) und wegen der Vorschenkungen am 24. Januar 2000 einen Schenkungsteuerbescheid (ErbSt-A Bl. 69, 118).
Dabei bewertete es die Vorschenkungen mit 80 % der ermittelten Nennwerte. Bei den Betriebsvermögen-Beteiligungen nahm es von den so errechneten Werten den Betriebsvermögen-Bewertungsabschlag von 40 % vor (§ 13a Abs. 2 Erbschaftsteuergesetz -ErbStG-). Danach bezifferte es den Vorschenkungs-Gesamterwerb auf 491.200 DM. Diesen verminderte das FA um den Freibetrag von 400.000 DM (§ 16 ErbStG) auf 91.200 DM als Bemessungsgrundlage für die Schenkungsteuer, die sich dann mit 7 % in Höhe von 6.384 DM ergab.
2. Die inzwischen anderweitig vertretene Klägerin legte am 16. Februar 2000 gegen beide Bescheide Einspruch ein (ErbSt-A Bl. 77).
a) Dabei errechnete sie anhand eingeholter Bewertungsauskünfte für die Vorschenkungen vom Dezember 1997 auf den 1. Januar 1998 Negativwerte für Grundvermögen ./. 155.400 DM und Betriebsvermögen ./. 851.259,38 DM (Anlage K 1, FG-A Bl. 16; Anlage Rb 1, ErbSt-A Bl. 116).
Daraufhin hob das FA am 31. Mai 2000 den vorherigen Schenkungsteuerbescheid auf.
b) Die Klägerin reichte auch zum Nachlasswert Unterlagen ein und errechnete für das Grundvermögen 1.112.915,43 DM und für das Betriebsvermögen ./. 230.900,30 DM (Anlage Rb 4-5, ErbSt-A Bl. 120, 123).
Zusammen mit dem übrigen Vermögen (insbesondere Wertpapiere, Kapitalforderungen) ermittelte das FA einen Gesamt-Nachlasswert von 1.293.117 DM.
Am 31. Mai 2000 änderte das FA den Erbschaftsteuerbescheid vom 21. Januar 2000. Nach Abzug des Freibetrags 400.000 DM (§ 16 ErbStG) unterwarf es eine Bemessungsgrundlage von 893.100 DM der Erbschaftsteuer von 15 % bzw. 133.965 DM (ErbSt-A Bl. 157).
Die Klägerin führte das Einspruchsverfahren fort und wies auf die doppelte Erfassung eines Fonds mit 7.485 DM und auf den nicht berücksichtigten Versorgungsfreibetrag hin. Sie bat um eine Zusammenrechnung des Erbfall-Erwerbs mit den schenkungsteuerlich negativ bewerteten Vorschenkungen. Zur Begründung behauptete sie, dass ihr verstorbener Vater ihr auch die durch Erbfall erworbenen Vermögenswerte noch hätte schenken wollen, und zwar aufgrund eines einheitlichen Schenkungswillens im Zusammenhang mit den Schenkungen vom Dezember 1997 mit Wirkung auf den 1. Januar 1998. Dazu sei es wegen der nötigen Klärung der Gesellschaftsverhältnisse und wegen Krankheit und Tod des Vaters nicht mehr gekommen. Hilfsweise beantrage sie (die Klägerin) aus vorgenannten Gründen den Erlass der Erbschaftsteuer wegen sachlicher Unbilligkeit (ErbSt-A Bl. 163).
Am 14. Jun...