Entscheidungsstichwort (Thema)
Zwischenurteil/Schenkungsausführung, einheitliche Schenkung/Grundstücksbelastungen
Leitsatz (amtlich)
- Für ein Zwischenurteil über eine entscheidungserhebliche Sach- oder Rechtsfrage ist deren Entscheidungserheblichkeit auch dann zu bejahen, wenn die Beantwortung der vorgezogenen Frage bei prozessökonomischer Prüfungsfolge Vorrang genießt.
- Die Entscheidung über eine schenkungsteuerliche Frage durch Zwischenurteil kann sachdienlich sein, wenn gleichzeitig noch der Ausgang eines Grundlagenbescheid-Klageverfahrens zum Grundbesitzwert abzuwarten ist.
- Eine Grundstücksschenkung ist mit Auflassung und Eintragungsbewilligung ausgeführt.
- Eine Schenkung von Anteilen an einer (Grundstücks-)GbR ist mit formloser Anteilsübertragung ausgeführt.
- Bei der Grundstücksschenkung ist die nur dinglich übernommene Grundschuld nicht abzuziehen.
- Als Ausnahme vom Verbot der Zusammenrechnung mit einer negativen Vorschenkung erfordert eine einheitliche Schenkung ein einheitliches Schenkungsversprechen vor Ausführung der Schenkung und den Vollzug in einem Zuge oder aus technischen Gründen binnen weniger Tage.
Normenkette
AO § 171 Abs. 10, § 175 Abs. 1 Nr. 1; BewG § 5 Abs. 2, §§ 6, 138; BGB §§ 311b, 518, 873 Abs. 1, § 925; FGO §§ 74, 99 Abs. 2; ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2, §§ 10, 12, 14 Abs. 1 letzter Satz, § 29 Abs. 1 Nr. 1; GBO § 19
Tatbestand
A.
Die Klägerin begehrt die Minderung der Schenkungsteuer-Bemessungsgrundlage um eine - nach bisherigen Angaben - negative Vorschenkung.
I.
1. Bei der Vorschenkung handelt es sich um den Erwerb von 50 % der Anteile an einer Grundstücks-GbR von ihrem jüngeren Sohn am 20. März 2005.
a) Diese GbR bestand laut Gesellschaftsvertrag ursprünglich aus dem Ehemann und dem älteren Sohn der Klägerin (Finanzgerichts-Anlage --FG-Anl.--).
Die GbR hatte am 19. März 2002 ein Mehrfamilienhaus-Grundstück in Hamburg erworben, und zwar gegen eine Leibrente von monatlich 2.659 Euro ab März 2002 auf Lebenszeit des im ... geborenen Verkäufers und unter dessen Vorbehalt eines lebenslänglichen Wohnrechts im ersten Obergeschoss und in der Dachgeschosswohnung (Schenkungsteuer-Akte --SchenkSt-A-- GbR-Anteil Bl. 8, 14; vgl. Finanzgerichts-Akte --FG-A-- Bl. 53).
Mit Vereinbarung vom 18. Juni 2003 und notariell beglaubigtem Grundbuchberichtigungsantrag vom 19. Juni 2003 schied der ältere Sohn der Klägerin aus und übertrug er seinen 50 % Anteil auf sie und trat sie in die Leibrentenvereinbarung ein (FG-Anl.; vgl. FG-A Bl. 53).
Mit Vereinbarung vom 17. Februar 2004 und Grundbuchberichtigungsantrag vom 19. Februar 2004 schied der Ehemann aus und übertrug er seinen 50 % Anteil auf den jüngeren Sohn und trat letzterer in die Leibrentenvereinbarung ein (FG-Anl.; vgl. FG-A Bl. 53).
b) Als Vorschenkung steht hier die Ausscheidensvereinbarung und Vertragsänderung vom 20. März 2005 in Rede. Gemäß dieser schied der jüngere Sohn aus und übertrug er seinen 50 % GbR-Anteil unentgeltlich auf die Klägerin - seine Mutter - (FG-Anl.). Die Klägerin wurde dadurch Alleineigentümerin des Mehrfamilienhaus-Grundstücks in Hamburg und hatte danach die Leibrentenverpflichtung allein zu tragen.
Am 23. März 2005 wurde der Antrag auf Berichtigung des Grundbuchs dahin, dass nunmehr die Klägerin Alleineigentümerin ist, notariell beglaubigt (FG-Anl., SchenkSt-A GbR-Anteil Bl. 3).
2. Der Beklagte (das Finanzamt --FA--) hat den Wert des 50 % Anteils am Mehrfamilienhaus-Grundstück mit Bescheid vom 19. Mai 2006 auf 173.750 Euro gesondert festgestellt (SchenkSt-A GbR-Anteil Bl. 11).
Mit Aktenvermerk vom 9. August 2006 berechnete das FA nach Abzug von Leibrente -119.127 Euro und Wohnrecht -58.347 Euro einen negativen Wert von -3.724 Euro; dementsprechend sah das FA bei dem Erwerb des 50 % Anteils von einer Schenkungsteuer-Veranlagung der Klägerin ab.
3. Die Klägerin verkaufte das Mehrfamilienhaus-Grundstück inzwischen laut ihren Angaben in 2006 nach Sanierungsrückstand, Leerstand im Souterrain und Mieterstreitigkeiten im Hochparterre; den Kauferlös hat sie im vorliegenden Klageverfahren - auch auf Rückfrage - nicht mitgeteilt (FG-A Bl. 53, 79).
II.
1. Bei der im Klageverfahren angefochtenen Schenkungsteuer geht es um das der Klägerin durch ihren jüngeren Sohn mit notariellem Vertrag vom 23. Mai 2005 überlassene, als unbebaut bezeichnete Grundstück in einem Wochenendgebiet in N (SchenkSt-A Grdst. Bl. 3; vgl. FG-A Bl. 53).
Der notarielle Überlassungsvertrag enthielt die Auflassung und die Bewilligung der Grundbucheintragung des Eigentumsübergangs (§ 8). Die Vertragsparteien gaben den Verkehrswert des Grundstücks mit 100.000 Euro an (§ 5). Die Übernehmerin übernahm die im Grundbuch mit 150.000 Euro eingetragene Briefgrundschuld "mit dinglicher Wirkung" (§ 2).
2. Nach notarieller Schenkungsanzeige vom 24. Mai 2005 ging die Schenkungsteuererklärung am 28. Juni 2006 ein. Hierin schätzte die Klägerin den Grundstückswert auf 80.000 Euro und erklärte sie, eine Grundschuld-Verbindlichkeit in Höhe von 150.000 Euro übernommen zu haben (SchenkSt-A G...