Entscheidungsstichwort (Thema)
Nicht examinierte Krankenschwester als gewerbliche Pflegedienstbetreiberin
Leitsatz (amtlich)
Vor der Gewerbesteuerbefreiung der ambulanten Krankenpflege unter den Voraussetzungen des § 3 Nr. 20 Buchst. d GewStG 1994 unterlag ein nicht examinierter Pflegedienstbetreiber der Gewerbesteuer.
Normenkette
EStG § 18 Abs. 1 S. 1 ff.; GewStG § 3 Nr. 20 Buchst. d
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob die Klägerin als nicht examinierte Betreiberin eines Krankenpflegeunternehmens freiberuflich oder gewerblich tätig ist.
Die Klägerin bezeichnete das Unternehmen in einer Gewerbeanmeldung vom 6. Juli 1992 als Alten- und Krankenpflege mit medizinischer Versorgung (Gewerbesteuer-Akte -GewSt-A- Bl. 1).
II.
Der Beklagte (das Finanzamt -FA-) erließ Gewerbesteuermess- und Gewerbesteuerbescheide 1992-1993 am 20. Juli 1998 (GewSt-A Bl. 13, 18). Die Klägerin legte am 20. August 1998 Einspruch ein (Rechtsbehelfs-Akte -Rb-A- Bl. 3). Sie habe in den Streitjahren bei 10 bis 40 Patienten 3 bis 14 Mitarbeiter beschäftigt, darunter examinierte Krankenschwestern. Das Aufgabengebiet umfasse Behandlungspflege, Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung. Sie (die Klägerin) habe in der Regel den Abend- und Nachtdienst und nach Bedarf auch den Mittagsdienst beim Patienten selbst übernommen (Rb-A Bl. 14).
Der Einspruch wurde am 20. Juli 2000 unter Hinweis auf die mit Schreiben vom 6. Juni 2000 bemängelte berufliche Qualifikation zurückgewiesen (Finanzgerichts-Akte -FG-A- Bl. 3 = Bl. 15, Rb-A Bl. 30, 32).
III.
Die Klägerin hat am 21. August 2000 Klage erhoben.
Die dafür zunächst gewährte Aussetzung der Vollziehung (AdV) hat das FA nach sechsmonatiger Untätigkeit der Klägerin im Klageverfahren durch Schreiben vom 26. März 2002 mit Wirkung zum 30. April 2002 widerrufen. Der gerichtliche AdV-Antrag ist mit Beschluss vom 28. Januar 2003 III 386/02 abgelehnt worden (Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst -DStRE- 2003, Heft 17).
Die Klägerin trägt vor: Sie sei leitend und eigenverantwortlich tätig gewesen. Sie habe sich gleichwertige Kenntnisse angeeignet. Nach ihrer Schwesternausbildung habe sie das Examen nur wegen Schwangerschaft nicht absolvieren können. Bei der fehlenden Erlaubnis handele es sich nur um eine reine Formalie. Für die Zeit vor 1994 könne kein schriftlicher Vertrag mit den Sozialversicherungen vorgelegt werden. Maßgeblich sei das "Gemeinsame Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkassen" vom 9. Dezember 1998 gewesen. Danach habe die Häusliche Krankenpflege nicht nur von examinierten, sondern auch von anderen geeigneten bzw. erfahrenen Personen erbracht werden können (schwer lesbare Kopie eines Ausschnitts ohne Fundstelle FG-A III 386/02 Bl. 9). Erst seit 1994 habe der Pflegedienst eine examinierte leitende Pflegefachkraft in Vollzeit beschäftigen müssen (Vertragsauszug-Kopien FG-A Bl. 28 ff).
Die Klägerin beantragt (FG-A Bl. 88), die Gewerbesteuermessbetrags- und Gewerbesteuerbescheide 1992-1993 ersatzlos aufzuheben.
Das FA beantragt (Bl. 13), die Klage abzuweisen.
Das FA trägt vor: Es fehle an der leitenden und eigenverantwortlichen Tätigkeit eines examinierten Pflegedienstbetreibers.
IV.
Der Berichterstatter hat die Klagesache III 275/01 am 20. September 2001 mit den Beteiligten erörtert und mit Schreiben vom 3. Mai 2002 Hinweise zu den von der Klägerin eingereichten Vertragsauszug-Kopien erteilt. Mit Beschlüssen vom 11. Dezember 2002 hat der Senat die Klage- und die AdV-Sache auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen. Am 28. Januar 2003 ist ein klageabweisender Gerichtsbescheid ergangen, zugestellt am 7. Februar 2003, gegen den die Klägerin am 25. Februar 2003 mündliche Verhandlung beantragt hat.
Das Gericht nimmt ergänzend Bezug auf die Protokolle der vorgenannten Erörterung und der mündlichen Verhandlung vom 30. September 2003 sowie auf die oben angeführten Vorgänge und die damit zusammenhängenden Unterlagen aus den beiden Gerichtsakten
- FG-Klageakte (FG-A III 275/01)
- FG-AdV-Akte (FG-A III 386/02)
und aus den Steuerakten
- Gewerbesteuer-Akte (GewSt-A),
- Rechtsbehelfs-Akte (Rb-A).
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
I.
Zu Recht hat das FA die Tätigkeit der Klägerin nach §§ 2, 7 Gewerbesteuergesetz (GewStG) i.V.m. § 15 Einkommensteuergesetz (EStG) als gewerblich qualifiziert. Die Befreiung der ambulanten Krankenpflege unter den Voraussetzungen des § 3 Nr. 20 Bstb. d GewStG gilt erst ab 1994 nach den Streitjahren; auf die für die Änderung maßgebenden Gesetzgebungs-Erwägungen kommt es wegen der Abschnittsbesteuerung nicht an.
1. Ein Krankenpflegebetreiber ohne eigene Qualifikation als examinierter Krankenpfleger oder examinierte Krankenschwester übt keinen ähnlichen Heilberuf i.S.v. § 18 Abs. 1 Satz 1-2 EStG aus und kann daher im Übrigen auch nicht leitend und eigenverantwortlich i.S.v. § 18 Abs. 1 Satz 3 EStG fachlich vorgebildete Arbeitskräfte einsetzen, ohne dass es noch auf deren Zahl und deren Kontrolle ankommt.
Für die ertrag- bzw. gewerbesteuerliche Abgrenzung der den im Gesetz g...