Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifrecht: Tarifierung von getrockneten und gesalzenen Tomaten
Leitsatz (amtlich)
1. Solange getrocknete und gesalzene Tomaten ohne Gefährdung der Gesundheit jedenfalls in kleineren Mengen verzehrt werden können, sind sie nicht in Pos. 0711 KN einzureihen.
2. Das Salzen von zu trocknenden Tomaten ist eine über die in Pos. 0712 KN zulässige Trocknung hinausgehende Zubereitung.
3. Daher sind derart getrocknete und gesalzene Tomaten in die Pos. 2002 KN einzureihen, auch wenn sie noch nicht für den Endverbrauch zubereitet sind.
Normenkette
KN Pos. 0711; KN Pos. 0712; KN Pos. 2002
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Nacherhebung von Einfuhrzoll für getrocknete und gesalzene Tomaten.
1. Mit Zollanmeldung vom 19.10.2010 führte die Klägerin die in 5-Kilogramm-Beuteln abgepackte Ware aus der Türkei ein. Entsprechend der in der Anmeldung angegebenen Codenummer 0712 903000 0 erhob der Beklagte mit Einfuhrabgabenbescheid vom selben Tag lediglich Einfuhrumsatzsteuer.
Im Rahmen der Einfuhrabfertigung wurden zwei Waren entnommen. Das Bildungs- und Wissenschaftszentrum der Bundesfinanzverwaltung (BWZ) reihte die Ware nach Prüfung, zu der auch eine Verkostung gehörte, in seinem Gutachten vom 16.03.2011 in die Codenummer 2002 1090 00 0 ein. Das BWZ ermittelte einen Salzgehalt von 8,4%.
Dieser Einreihung entsprechend erließ der Beklagte am 18.04.2011 einen Nacherhebungsbescheid, mit dem er auf der Grundlage des für diese Codenummer geltenden Zollsatzes von 14,4% Zoll-EURO in Höhe von EUR 6.012 festsetzte.
2. Die Klägerin legte am 05.05.2011 Einspruch ein, mit dem sie im Wesentlichen geltend machte, einer Einreihung der eingeführten Ware unter Pos. 2002 der Kombinierten Nomenklatur (KN) stehe entgegen, dass es sich nicht um ein für den Verbraucher verzehrfertiges Produkt handele. Mit dem Einspruch reichte sie Unterlagen zur Wareneinfuhr ein, unter anderem einen Analyse-Bericht ihres Lieferanten, demgemäß der Salzgehalt der Tomaten 8,12% und ihr Wassergehalt 21,42% betrugen.
3. Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 22.03.2012 als unbegründet zurück. Die Tomaten seien getrocknet und gesalzen worden und daher im Sinne von Pos. 2002 KN haltbar gemacht und zubereitet worden. Einer Einreihung in Pos. 0712 KN stehe entgegen, dass die Tomaten außer der Trocknung durch die Gabe des Salzes eine weitere Zubereitung erfahren haben. Eine Einreihung unter die Pos. 0711 KN komme nicht in Betracht, weil die streitgegenständlichen Tomaten nicht ungenießbar seien; bei der Verkostung durch das BZW sei ihnen ein Geschmack nach getrockneten Tomaten, salzig und leicht säuerlich attestiert worden. Hinweise, die auf Ungenießbarkeit hindeuten, existierten nicht. Die Tomaten seien auch nicht allein aufgrund der Höhe des Salzgehalts ungenießbar; es komme nach höchstrichterlicher Rechtsprechung allein darauf an, ob sie für den menschlichen Verzehr überhaupt geeignet seien. Weil für die Einreihung in den Zolltarif der Positionswortlaut maßgeblich sei und dieser in den in Betracht kommenden Tarifstellen zu diesen Kriterien nichts vorgeben, blieben Verpackung, Menge und Endkundenzugänglichkeit unberücksichtigt. Wegen der Einzelheiten ihres Inhalts wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.
4. Die Klägerin hat am 26.04.2012 Klage erhoben.
Zur Begründung wiederholt und vertieft die Klägerin ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren. Ihr Lieferant habe die Ware unter der Codenummer 0712 9030 ausgeführt. Kapitel 7 KN umfasse Waren, die vorläufig mit Salz haltbar gemacht worden seien. Nach dem Wortlaut der Pos. 0712 KN, der eine Salzung nicht erwähne, sei die Salzung kein Ausweisungsgrund dieser Position. In Pos. 0711 KN sei die Salzung sogar ausdrücklich erwähnt. Die Tomaten erreichten fast den in den Erläuterungen zu Pos. 0711 KN erwähnten Richtwert von 10 GHT Salz. Es sei nicht erforderlich, dass die Zubereitungs- und Haltbarmachensverfahren zu einer vorübergehenden Ungenießbarkeit der Ware geführt haben müssten. Im Übrigen werde bestritten, dass von den Zollbehörden eine organoleptische Prüfung vorgenommen worden sei. Das Salzen der Tomaten sei keine eigenständige Zubereitung oder Haltbarmachung. Das Salzen unterstütze einen jeglichen Trocknungsprozess und werde entsprechend zur Beschleunigung der Trocknung eingesetzt. Dass derart getrocknete Tomaten einen erhöhten Salzgehalt aufwiesen, sei nicht mehr als eine logische Folge dieser Trocknungsmethode Der dadurch bedingte vorläufige Konservierungserfolg könne daher einer entsprechenden Einreihung in Kapitel 7 KN nicht entgegenstehen. Die für eine Einreihung unter Pos. 2002 KN maßgebliche Verzehrfertigkeit, die sich auch auf die Art und Weise sowie Menge und Form bei Einfuhr beziehe, sei bei den Tomaten nicht gegeben gewesen. Sie seien nicht sterilisiert gewesen und seien in 5-kg-Beuteln eingeführt worden, mithin nicht in einer zur Abgabe an den Endverbraucher geeigneten Form. Die von dem Beklagten im Einspruchsverfahren erwähnte verbindliche Zoll...