Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur künstlerischen Tätigkeit eines Film-Editors
Leitsatz (amtlich)
Die Arbeiten eines Film-Editors können eine eigenschöpferische Leistung darstellen und eine künstlerische Gestaltungshöhe erreichen. Unschädlich ist insofern, dass der Film-Editor erst in der Postproduktion nach der originären Arbeit von Regie und Kameraführung tätig wird.
Normenkette
EStG §§ 15, 18
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger als Film-Editor künstlerisch und damit freiberuflich, oder aber gewerblich tätig ist.
Der Kläger ist als Film-Editor in den Bereichen Filmschnitt, Werbung und Trailerschnitt selbständig tätig. Aus dieser Tätigkeit erzielte er in den Streitjahren 2001 und 2002 Einkünfte in Höhe von ca. 110.000 DM (2001) und ca. 58.000 € (2002). Der Kläger erklärte diese Einkünfte als freiberufliche Einkünfte i. S. d. § 18 EStG. Dem folgte der Beklagte nicht und erließ gegen den Kläger am 22.12.2003 und 25.11.2004 Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer für 2001 und 2002.
Die hiergegen erhobenen Einsprüche vom 07.01.2004 (2001) und 29.11.2004 (2002) wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 27.05.2005 zurück.
Der Kläger sei nicht künstlerisch i. S. d. § 18 EStG tätig. Hierfür fehle es an dem Merkmal der eigenschöpferischen Gestaltung. Der Kläger habe keinen ausreichenden eigenen Gestaltungsspielraum. Die endgültige Endscheidung über das Produkt liege nicht in der Hand des Klägers, sondern bei den Auftraggebern und Regisseuren.
Der Kläger hat am 27.06.2005 Klage erhoben.
Der Kläger trägt vor: Seine künstlerische Tätigkeit bestehe darin, dass er das von der Regie gelieferte Filmmaterial nach eigenen Vorstellungen bearbeite. Im Rahmen einer Filmmontage würde das Material so ausgewählt, zusammengestellt und in eine zeitliche Abfolge (Timing) gebracht, dass daraus ein Kunstwerk entstehe. Erst durch den Filmschnitt werde aus dem Filmmaterial ein Film. Die eigenschöpferische Leistung komme zudem bei der Auswahl und Bearbeitung der Filmmusik zum Ausdruck. Er --der Kläger-- wähle die Musik selbst aus und komponiere diese zum Teil auch selbst und vervollständige so die filmische Dramaturgie. Im Wege dieser künstlerischen Gestaltung würde er aus dem vorgegebenen Rohmaterial einen Film "komponieren".
Alle Leistungen erbringe er zudem höchstpersönlich und frei von Weisungen. Insbesondere unterliege er keinen Weisungen des Drehbuchs, des Regisseurs, des Produzenten oder des Kunden. Die fehlende Weisungsgebundenheit habe beispielsweise beim Schnitt des Fernsehfilms ".........." dazu geführt, dass das Ende des Films ganz anders gestaltet worden sei, als es die Drehbuchautorin und der Regisseur zunächst vorgesehen hätten. Ähnlich wie ein Komponist würde er sich einer gängigen Formensprache als Werkzeug bedienen; diese werde von ihm --dem Kläger-- jedoch in jedem Film weiterentwickelt. So lasse er in dem jeweiligen Gesamtzusammenhang eines Films --seiner Dramaturgie, Emotionalität und innerem Rhythmus-- immer neue Formen entstehen. Die Tätigkeit setze also eine dramaturgische Begabung und ein musikalisch/rhythmisches Verständnis voraus, was es verbiete, den Filmschnitt als nur technische Tätigkeit zu verstehen. Hinzu komme, dass seine --des Klägers-- Werke dem Urheberrechtsschutz unterlägen und dass er Pflichtmitglied in der Künstlersozialkasse sei, welche nur Künstlern offen stehe.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 30.09.2005 und 31.01.2006 Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
die Einspruchsentscheidung vom 27.05.2005 und die Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer für 2001 und 2002 vom 22.12.2003 (2001) und 25.11.2004 (2002) aufzuheben,
sowie,
die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte trägt vor: Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH setze eine künstlerische Betätigung voraus, dass eigenschöpferisch gestaltet werde. Dem Kläger stünde aber kein ausreichender Gestaltungsspielraum zu, sodass eine künstlerische Tätigkeit nicht vorliege. Seine --des Klägers-- Arbeiten würde vielmehr als bloße Bestandteile in ein anderes Werk einfließen und in diesem aufgehen. Der Kläger bleibe immer an das ihm vorgegebene Material eines anderen gebunden. So entscheide letztendlich der Regisseur, ob die abgelieferten Arbeiten so übernommen würden. Zudem verlange eine künstlerische Betätigung im Bereich des Films nicht nur die Beherrschung des filmtechnischen Handwerks, sondern die Entwicklung einer eigenen Formensprache. Der Kläger verwende aber nur die gängige Formensprache und sei damit nicht eigenschöpferisch tätig.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 28.11.2005, 19.02. und 29.08.2007 verwiesen.
Das Gericht hat zu der Frage, ob die berufliche Tätigkeit des Klägers in den Streitjahren im Gesamtbild (oder in einem abgrenzbaren Tätigkeitsbereich) als künstlerisch i. S. d. § 18 EStG zu qualifizieren ist, ein Sachverständigengut...