Entscheidungsstichwort (Thema)

Erfolgsaussichten eines Antrags des Insolvenzverwalters

 

Leitsatz (redaktionell)

Prozesskostenhilfe wird nicht für einen Finanzgerichtsprozess bewilligt, den der Insolvenzverwalter schon deshalb nicht führen muss, weil die Masse noch nicht einmal die Kosten des Insolvenzverfahrens deckt. Wenn gem. § 207 Abs. 1 InsO das Insolvenzverfahren alsbald eingestellt werden muss, wäre ein Finanzgerichtsprozess zugunsten des Insolvenzschuldners mutwillig.

 

Normenkette

ZPO §§ 114, 116; InsO § 207 Abs. 1; FGO § 142 Abs. 1

 

Tatbestand

I.

In dem dem Prozesskostenhilfeantrag zu Grunde liegenden Hauptsacheverfahren streiten die Beteiligten über die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheides gemäß § 50a Abs. 5 des EinkommensteuergesetzesEStG – i.V.m. § 73g der Einkommensteuerdurchführungsverordnung – EStDV –. Zu Grunde liegen umfangreiche Feststellungen im Rahmen eines Steuerfahndungsverfahrens. Besondere Probleme ergeben sich daraus, dass die den Zahlungen an die ausländischen Künstler zu Grunde liegenden Originalverträge nicht vorgelegt werden können.

Im Juli 2010 ist über das Vermögen des ursprünglichen Klägers wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Der Antragsteller wurde zum Insolvenzverwalter ernannt.

Das beklagte Finanzamt hat die streitbefangenen Forderungen zur Insolvenztabelle angemeldet. Der Antragsteller hat die Ansprüche bestritten und dem Gericht mitgeteilt, dass er eine Aufnahme des Verfahrens nicht beabsichtige. Daraufhin hat das beklagte Finanzamt das Verfahren zwecks Beseitigung der Widersprüche des Antragstellers und Feststellung der streitbefangenen Forderungen zur Insolvenztabelle wieder aufgenommen.

Der Antragsteller hat mit Schreiben vom 29. März 2012 Prozesskostenhilfe beantragt. Er hat mitgeteilt, dass sich der derzeitige Massebestand auf 1.712,85 EUR belaufe. Die Gerichtskosten einschließlich der Kosten des Gutachtens würden ca. 790 EUR ausmachen. Die Mindestvergütung des Insolvenzverwalters belaufe sich auf 1.000 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer. Daher sei die Masse nicht in der Lage, die Kosten des Verfahrens zu bestreiten. Den Gläubigern sei eine Kostenbeteiligung nicht zuzumuten. Die Nichtfeststellung der streitbefangenen Forderungen sei nicht mit einem Vorteil für die Gläubiger der festgestellten Forderungen verbunden, da mit Auszahlung einer Quote nicht gerechnet werden könne. Das Verfahren sei für die bisher festgestellten Gläubiger ohne Bedeutung.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Antrag ist unbegründet.

Gemäß § 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO – i. V. m. §§ 114, 116 der Zivilprozessordnung – ZPO – erhält ein Antragsteller, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Danach kann im vorliegenden Verfahren Prozesskostenhilfe nicht gewährt werden. Die Fortsetzung des Verfahrens erscheint mutwillig im Sinne der §§ 116 Satz 2, 114 Satz 1 ZPO.

Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe, weil die Abwehr des vorliegenden Feststellungsbegehrens des Beklagten nicht dazu geeignet ist, die nach seinem eigenen Vorbringen bereits eingetretene Massekostenarmut zu beseitigen und damit nicht mehr zu seinen gesetzlichen Aufgaben gehört.

Der Antragsteller als Insolvenzverwalter ist Partei kraft Amtes und kann als solche auf Antrag Prozesskostenhilfe erhalten, wenn die Kosten des Rechtsstreits aus der verwalteten Vermögensmasse nicht aufgebracht werden können und den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten ist, die Kosten aufzubringen (§ 116 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Das gilt sowohl im Hinblick auf Aktivprozesse (vgl. dazu Bundesgerichtshof – BGH – Beschluss vom 16. Juli 2009 IX ZB 221/08, Neue Juristische Wochenschrift – NJW – Rechtsprechungsreport – RR – 2009, 1346) als auch für Passivprozesse (Oberlandesgericht – OLG – Stuttgart-Beschluss vom 15. Februar 2012 7 U 197/11, Monatsschrift für Deutsches Recht – MDR – 2012, 551).

Der BGH hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass eine Anfechtungsklage nicht schon dann mutwillig im Sinne von § 114 Satz 1 ZPO sei, wenn der Verwalter Masseunzulänglichkeit angezeigt habe (BGH-Beschluss vom 28. Februar 2008 IX ZB 147/07, Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung – NZI – 2008, 431; BGH, NJW-RR 2009, 1346). Die Anzeige der Masseunzulänglichkeit habe Auswirkungen auf die Verteilung der vorhandenen Masse (§§ 208, 209 Insolvenzordnung – InsO –), nicht jedoch auf den Aufgabenkreis des Insolvenzverwalters. Der Verwalter bleibe vielmehr verpflichtet, das gesamte zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und zu verwerten (§ 208 Abs. 3 InsO). Dazu gehöre es, z. B. Anfechtungsansprüche durchzusetzen.

Anders sei die Lage, wenn sich nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens herausstelle, dass die Insol...

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