Entscheidungsstichwort (Thema)
Niedrigerer Einkommensteuertarif nach dem Strafbefreiungserklärungsgesetz auch für Steuerehrliche?
Leitsatz (redaktionell)
1) Es wird eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber eingeholt, ob 1. die Vorschriften der §§ 20 Abs. 1, 32a EStG in der für die Veranlagungszeiträume 2000 bis 2002 maßgeblichen Fassung mit dem Grundgesetz insoweit unvereinbar sind, wie sie im Zusammenwirken mit den ergänzenden Regelungen des Strafbefreiungserklärungsgesetzes (StraBEG) steuerehrliche Steuerpflichtige einer höheren Steuer unterwerfen als dies für Steuerunehrliche geschieht und
2. darüber, ob die Vorschrift des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG mit dem Grundgesetz unvereinbar ist, weil die Durchsetzung des aus dem Bezug von Zinseinkünften erwachsenden Steueranspruchs wegen struktureller Vollzugshindernisse weitgehend vereitelt wird.
2) Der pauschale Abschlag i.H.v. 40 v.H. auf sämtliche einkommen- und körperschaftsteuerpflichtigen Einnahmen nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 StraBEG kann nicht als Typisierung gerechtfertigt werden.
3) Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die strafbefreiende Erklärung hat der Gesetzgeber zwar zwischen den betroffenen Steuerarten differenziert, nicht aber hinsichtlich der Einkunftsarten innerhalb der Einkommensteuer. Eine solche Differenzierung wäre aber geboten gewesen, da bei der Höhe der abziehbaren Aufwendungen zwischen den jeweiligen Einkunftsarten erhebliche Unterschiede bestehen.
Normenkette
EStG 2000-2002 § 20 Abs. 1 Nr. 7, § 32a; StraBEG § 1 Abs. 2 Nr. 1; EStG 2000-2002 § 20 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Kläger erklärten im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung für die Streitjahre 2000 bis 2002 u.a. Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S.d. § 20 EStG, darin enthalten insbesondere auch Zinseinnahmen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Diese wurden in den Steuerbescheiden vom 1. Juni 2004 erklärungsgemäß der Besteuerung zugrunde gelegt. Mit den Einsprüchen begehrten die Kläger, auch ohne Steuerverkürzung in den Genuss des pauschalen Steuersatzes nach dem Strafbefreiungserklärungsgesetz (StraBEG) zu gelangen. Der Beklagte verneinte einen Grundgesetz-Verstoß, da es nicht geboten sei, einen besonderen Befreiungstatbestand auf ordnungsgemäß veranlagte Steuerpflichtige auszudehnen.
Die Kläger machen geltend, dass Steuerunehrliche nach dem StraBEG lediglich 60% ihrer bisher verschwiegenen Einnahmen mit einem pauschalen Steuersatz von 25% versteuern, sofern die Nacherklärung bis zum 31. Dezember 2004 erfolgt sei. Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage mit nur 60% der Einnahmen werde nach dem StraBEG lediglich nach Steuerarten differenziert, anders als in der Regelung des § 9a EStG aber nicht zwischen den Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 EStG. Gerade im Bereich der Zinseinnahmen führe der pauschale Abschlag von 40% der Kapitaleinnahmen zu einer unverhältnismäßigen Bevorzugung der Steuerunehrlichen, da hier für Steuerehrliche nur ein Werbungskosten-Pauschbetrag von lediglich 51 EUR vorgesehen sei. Die Ungleichbehandlung durch den Ansatz der verminderten Bemessungsgrundlage werde durch den pauschalen Steuersatz von 25% potenziert.
Eine derartige Ungleichbehandlung im Rahmen einer Amnestie sei nur dann zu rechtfertigen, wenn sie eine Ausnahmeregelung darstelle. Es sei dem steuerehrlichen Bürger nicht zuzumuten, dass der Gesetzgeber dem gesetzeswidrigen Verhalten anderer Steuerpflichtiger nicht durch eine wesentliche Verbesserung der Vollzugsmöglichkeiten entgegenwirke, sondern stattdessen lediglich in regelmäßigen Abständen eine Amnestieregelung beschließe. Insbesondere in Bezug auf Zinseinnahmen knüpfe das StraBEG unmittelbar an den Amnestiezeitraum des Art. 17 des Steuerreformgesetzes 1990 an. Die erneute Amnestie stelle damit keine hinzunehmende Ausnahme dar, sondern führe zu einem langfristigen Nebeneinander von geltenden, aber offensichtlich nicht erfolgreich durchsetzbaren Steuergesetzen und einer den Steuerunehrlichen begünstigenden Amnestieregelung. Eine solche Amnestie könne deshalb die Benachteiligung der ehrlichen Steuerpflichtigen nicht rechtfertigen.
Die Erforderlichkeit einer erneuten Amnestie zeige darüber hinaus, dass der Gesetzgeber seinem verfassungsrechtlichen Auftrag zur Nachbesserung der Erhebungsregelungen für die Steuer auf Kapitalerträge seit dem Zinsurteil des BVerfG nicht nachgekommen sei. Die rechtliche Gestaltung des Erhebungsverfahrens sei gegenüber dem Besteuerungstatbestand insoweit auch nach dem 1. Januar 1993 weiterhin strukturell so gegenläufig ausgestaltet, dass der Steueranspruch weitgehend nicht durchgesetzt werden könne und damit der Verstoß gegen das Gebot der Belastungsgleichheit andauere. Dieser andauernde und erkannte Verstoß gegen die Belastungsgleichheit führe (über die Verfassungswidrigkeit der Kapitaleinkünfte-Besteuerung nach den Regelungen des StraBEG hinaus) zur Verfassungswidrigkeit des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG für den Zeitraum ab 1993.
Die Kläger beantragen, die Einkomme...