Entscheidungsstichwort (Thema)
Erledigungsgebühr
Leitsatz (redaktionell)
Aus Gründen der Praktikabilität und Vereinfachung wird eine nicht unwesentliche Einschränkung des ursprünglichen Begehrens und damit das Entstehen einer Erledigungsgebühr angenommen, wenn eine Einschränkung des Klagebegehrens um mehr als 10 % erfolgt.
Die Erledigungsgebühr ist mit 1,0 und nicht mit 1,3 anzusetzen.
Normenkette
RVG VV Nr. 1003; BRAGO § 24; RVG VV Nr. 1002
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob im Rahmen der Kostenfestsetzung eine Erledigungsgebühr in Ansatz zu bringen ist.
In der Hauptsache stritten die Beteiligten über die Rechtmäßigkeit von Hinzuschätzungen im Rahmen des Gewerbebetriebs des Erinnerungsgegners.
In diesem Zusammenhang beauftragte das Gericht im Klageverfahren (Az.: 5 K 2468/06) den gerichtseigenen Prüfer mit der Begutachtung der Buchführung des Erinnerungsgegners. Im Rahmen der gutachterlichen Tätigkeit unterbreitete der Gerichtsprüfer einen Einigungsvorschlag (Blatt 93 der Gerichtsakte zum Klageverfahren). Diesem Einigungsvorschlag schloss sich der Erinnerungsgegner mit Schriftsatz vom 22.07.2009 und der Erinnerungsführer mit Schriftsatz vom 07.01.2010 an. Der Erinnerungsführer änderte daraufhin die streitbefangenen Steuerbescheide. Der ursprüngliche Klageantrag hatte einen Streitwert von 25.806,– DM. Der Streitwert auf Basis der Anträge unter Berücksichtigung des Einigungsvorschlags des Gerichtsprüfers hatte gemäß Beschluss des Gerichts vom 13.01.2010 einen Streitwert von 10.661,– EUR.
Auf den Kostenfestsetzungsantrag des Erinnerungsgegners setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle mit Beschluss vom 26.01.2010 die vom Erinnerungsführer gemäß der Kostengrundentscheidung zu erstattenden Kosten in Höhe von insgesamt 2.458,– EUR fest. Im Rahmen der Rechnung setzte er eine Erledigungsgebühr von 1,3 in Höhe von 683,– EUR an. Dieser Kostenfestsetzungsbeschluss wurde am 03.02.2010 dem Erinnerungsführer zugestellt. Mit Schreiben vom 05.02.2010 legte der Erinnerungsführer Erinnerung ein, die er dahingehend begründete, dass die Erledigungsgebühr nicht angefallen sei, da der Prozessbevollmächtigte des Erinnerungsgegners keine besondere Tätigkeit entfaltet habe, die den Ansatz einer Erledigungsgebühr rechtfertigen würde. Die Abhilfe auf Basis des Vorschlags des Gerichtsprüfers sei ausschließlich aus verwaltungsökonomischen Gründen erfolgt. Ein besonderer Vortrag des Prozessbevollmächtigten des Erinnerungsgegners oder ein Einigungsvorschlag des Prozessbevollmächtigten sei nicht Ursache für die Abhilfe gewesen. Der bloße Umstand, dass der Erinnerungsgegner nach Vorliegen des gerichtlichen Einigungsvorschlages sein Klagebegehren um mehr als 10 % eingeschränkt habe, rechtfertige nicht den Ansatz einer Erledigungsgebühr. Eine Einschränkung des Klagebegehrens um mehr als 10 % stelle – gemessen an der Rechtsprechung des 10. Senats des FG Köln – allenfalls ein Indiz für das Entstehen einer Erledigungsgebühr dar. Keinesfalls könne hieraus jedoch ein zwingender Ansatz einer Erledigungsgebühr gefolgert werden.
Der Erinnerungsführer beantragt,
den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 26.01.2010 dahingehend abzuändern, dass keine Erledigungsgebühr in Ansatz gebracht wird.
Der Erinnerungsgegner beantragt,
die Erinnerung zurückzuweisen.
Er vertritt unter Hinweis auf die Rechtsprechung des 10. Senats des FG Köln die Auffassung, dass alleine aus dem Umstand, dass er den Klageantrag um mehr als 10 % eingeschränkt habe, eine Erledigungsgebühr in Ansatz zu bringen sei. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass nicht bereits in unmittelbarer Folge des Einigungsvorschlags durch den Gerichtsprüfer eine Abhilfe durch den Erinnerungsführer vorgenommen worden sei. Vielmehr habe es auch weiterer schriftsätzlicher Ausführungen bedurft. Insoweit sei von einem besonderen Tätigwerden des Prozessbevollmächtigten des Erinnerungsgegners auszugehen, welches den Ansatz einer Erledigungsgebühr rechtfertige.
Entscheidungsgründe
II.
Die Erinnerung ist nur teilweise begründet.
Die angegriffene Kostenfestsetzung ist rechtmäßig und verletzt den Erinnerungsführer nicht in seinen Rechten, soweit eine Erledigungsgebühr dem Grunde nach in Ansatz gebracht worden ist.
1. Nr. 1002 VV RVG sieht die Entstehung einer Erledigungsgebühr vor, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt (Nummer 1003 i.V.m. Nummer 1002 VV). Das Gleiche gilt, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise durch den Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsakts erledigt.
Ebenso wie § 24 BRAGO erfordert Nr. 1002 VV RVG eine anwaltliche Mitwirkung bei der Erledigung, die über die überzeugende Begründung sowie die allgemein auf Verfahrensförderung gerichtete Tätigkeit hinausgeht und auf eine Erledigung der Rechtssache ohne förmliche Entscheidung gerichtet ist (BFH-Beschluss vom 12. Februar 2007 III B 140/06, BFH/NV 2007, 1109).
Die Erledigungsgebühr ist keine re...