Tatbestand

Der Kläger hat gegen den Vermögensteuerbescheid auf den 01.01.1996 vom ….1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom ….1997 Klage erhoben. Er begehrt die Aufhebung der Vermögensteuerfestsetzung und begründet sein Begehren unter Hinweis auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 22.06.1995 2 BvL 37/91 (BStBl.II 1995,655) damit, daß nach seiner Ansicht eine Festsetzung der Vermögensteuer nach dem 31.12.1996 auch für vorangegangene Zeiträume nicht mehr zulässig sei. Weitere Einzelheiten ergeben sich aus den Schriftsätzen des Klägers vom … und ….

Der Kläger beantragt,

den Vermögensteuerbescheid auf den 01.01.1996 vom ….1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom ….1997 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht, daß die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts das Vermögensteuergesetz für Veranlagungszeiträume bis zum 31.12.1996 für anwendbar erklärt habe.

 

Entscheidungsgründe

I.

Es erscheint sachdienlich, über die Klage durch Gerichtsbescheid zu entscheiden (§ 90 a FGO).

Die Klage ist nicht begründet.

Die Festsetzung der Vermögensteuer auf den 01.01.1996 ist auch nach dem 31.12.1996 verfassungsrechtlich zulässig. Der Senat schließt sich dem Beschluß des BFH vom 18.06.1997 II B 33/97(DStR 1997, 1042-1044 und NJW 1997, 2007-2008)an, wonach das Vermögensteuergesetz(VStG) trotz seiner vom BVerfG erklärten Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz(GG) auf alle bis zum 31.12.1996 verwirklichten Tatbestände weiterhin anzuwenden ist. Auch bei dieser Auslegung hält der Senat eine Fristsetzung auf den 31.12.1996, statt auf den Stichtag 01.01.1996, für sinnvoll, weil dadurch noch im Laufe des Jahres 1996 entstehende Vorauszahlungsansprüche auf die Vermögensteuer 1996 erfaßt werden.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

III.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Im Hinblick auf die Vielzahl der betroffenen Fälle ist das Interesse der Gesamtheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt.

Nach Auffassung des Senats besteht auch nach denm Beschluß des BFH vom 18.06.1997(Az.II B 33/97) eine Klärungsbedürftigkeit der strittigen Rechtsfrage. Zum einen erfolgt in einem Eilverfahren nur eine summmarische Prüfung, des weiteren sind in der Literatur Gesichtspunkte vorgetragen worden, mit denen sich die vorgenannte Entscheidung des BFH noch nicht auseinandergesetzt hat. Insoweit wird auf die Veröffentlichungen verwiesen (Schüppen, DStR 1997, 225; Felix, KÖSDI 1997, 11084; Gast de Haan, NWB 1997, 1629; Grögler, NWB 1997, 1109; Roser/Hamminger, GmbHR 1997, 492; Schmidt, GmbHR 1997,R 141).

Der erkennende Senat hat sich zwar der rechtlichen Würdigung durch den BFH angeschloßen. Jedoch haben die im Schrifttum erhobenen Bedenken einiges Gewicht. Das gilt insbesondere für die vom BFH vorgenommene Auslegung des Tenors „längstens bis zu diesem Zeitpunkt(31.12.1996) ist das bisherige Recht weiterhin anwendbar” unter dem Gesichtspunkt der Gleichmäßigkeit der Besteuerung (vgl. Schmidt, a.a.O.).

Die vorstehend zitierten Literaturmeinungen belegen, daß sowohl der Tenor als auch die Entscheidungsgründe des Beschlusses des BVerfG vom 22.06.1995(BStBl.II 1995, 655) verschiedenen Auslegungen zugänglich sind. Das BVerfG selbst hat bei der Auslegung von Gesetzen stets der verfassungskonformen Auslegung den Vorzug gegeben. Dies müßte auch für seine Entscheidungen gelten, die gemäß § 31 Abs.2 i.V.m. § 13 Nr.11 BVerfGG in Gesetzeskraft erwachsen.

Es erscheint zweifelhaft, ob Art.3 Abs.1 GG die vom BFH vorgenommene Auslegung der Übergangsregelung rechtfertigt. Gesetze, die das BVerfG für verfassungswidrig (nichtig) oder nur für unvereinbar mit der Verfassung erklärt, stellen gemessen an den Normen des Grundgesetzes Unrecht dar. Der Gleichheitsgrundsatz verlangt grundsätzlich keine Gleichstellung im Unrecht. Anderenfalls wäre die Regelung des § 79 BVerfGG wegen Verstoßes gegen Art.3 Abs.1 GG ebenfalls verfsssungswidrig, wonach im Falle der Nichtigkeitserklärung das VStG ab dem Zeitpunkt der Entscheidung des BVerfG nicht mehr anzuwenden gewesen wäre und in bereits abgeschloßenen Steuerfällen keine Erstattung mehr erfolgt. Dies trifft offensichtlich nicht zu. Es erscheint deshalb bedenklich, wenn der BFH in seinem Beschluß vom 18.06.1997 den Sinn und Zweck der bloßen Unvereinbarkeitserklärung darin sieht, die Rechtsfolge des § 79 BVerfGG auszuschließen und den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung(d.h. einer Gleichstellung im Unrecht) stärker zu berücksichtigen.

Das BVerfG hat bisher zur Rechtfertigung der Weitergeltung eines verfassungswidrigen Gesetzes auf diesen Gesichtspunkt auch nicht abgestellt, sondern übergeordnete Interessen des Gemeinwohls herangezogen, die der aus der Unvereinbarkeitserklärung folgenden Anwendungssperre des formell weiterbestehenden Gesetzes bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber entgegenstehen; im Steuerrecht insbesondere den Gesichtspunkt einer verläßlichen Finanz- und Haushaltsplanung, dem eine rückwirkende Umve...

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