Entscheidungsstichwort (Thema)
Abzinsung eines Darlehens trotz nachträglicher Zinsvereinbarung
Leitsatz (redaktionell)
Eine Darlehensforderung ist auch dann gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG abzuzinsen, wenn für eine bis zum Bilanzstichtag unverzinsliche Darlehensforderung aufgrund einer erst nach dem Bilanzstichtag getroffenen Absprache eine Verzinsung vereinbart wird.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1, §§ 5, 6 Abs. 1 Nr. 3
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Anschluss an eine Betriebsprüfung über die Abzinsung von Darlehen gem. § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG.
Die Klägerin betreibt einen Einzelhandel mit … (A) und einen Handel für … (B). Bis 2009 ermittelte sie den Gewinn gem. § 4 Abs. 3 EStG durch Einnahme-Überschussrechnung, seit 2010 (Streitjahr) erstellt sie für beide Betriebe Bilanzen.
Mit Fertigstellungszeitpunkt 2011 errichtete die Klägerin auf dem zuvor erworbenen Grundstück „C-Straße …” in M ein gemischt genutztes Gebäude. Die Anschaffungskosten des Grund- und Bodens und die Baukosten betrugen rd. 1.629.000,– €. Nach den Feststellungen der Betriebsprüfung nutzt die Klägerin das Objekt zu 17,35 % für eigene Wohnzwecke, zu 63,92 % für den Einzelhandel A und zu 18,73 % für den Betrieb B (Betriebsprüfungsbericht vom 23.12.2013). Die Baukosten finanzierte die Klägerin mit diversen Darlehen, die sie mit dem Nennwert als sonstige Verbindlichkeiten passivierte. So gingen in 2010 auf dem Betriebskonto als betriebliche Darlehen verbuchte Auslandsüberweisungen in Höhe von 238.216,37 € (22.01.2010) und 257.480,02 € (20.01.2010) ein. Zum Nachweis legte die Klägerin auf den 14.10.2009 datierende Darlehensverträge mit den im Ausland wohnhaften Herrn F (Darlehensbetrag 238.216,37 € –vgl. Bl. 27 des Vorhefters BP-Handakte I) und P (Darlehensbetrag 257.480,02 € –Bl. 29 des Vorhefters BP-Handakte I) vor. Ein Zins wurde danach nicht geschuldet, die Rückzahlung der Darlehen sollte vertragsgemäß ab Oktober 2030 innerhalb von 15 Jahren in gleichmäßigen Raten erfolgen. Als Verwendungszweck ist in beiden Darlehensverträgen „Neubau eines Geschäftshauses” angegeben. Herr F ist der Schwager der Klägerin, zu Herrn P besteht kein Verwandtschaftsverhältnis.
Nach Erörterung schenkungsteuerlicher Konsequenzen übersandte die Klägerin am 26.11.2012 auf den 10.08.2012 datierende Zusatzvereinbarungen. Darin heißt es, „in Ergänzung” zu den Darlehensverträgen vom 14.10.2009 werde hiermit vereinbart, dass ab dem 01.01.2012 jeweils zum Jahresende Zinsen in Höhe von 2 % zu zahlen sind.
Der Prüfer wies darauf hin, dass unverzinsliche Verbindlichkeiten ertragsteuerlich nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG abzuzinsen seien, nach dem Stichtagsprinzip auf die Verhältnisse zum Bilanzstichtag abgestellt werden müsse und die nachträglichen Vereinbarungen ertragsteuerlich nicht zurückwirkten. Demgemäß zinste der Prüfer die Darlehen für die vertraglich vereinbarte Laufzeit ab. Die Unterschiedsbeträge zwischen den Darlehensnennbeträgen und den steuerlichen Wertansätzen rechnete er dem Gewinn hinzu. Wegen der Berechnung der Abzinsungserträge und der weiteren Prüfungsfeststellungen wird auf den BP-Bericht vom 23.12.2013 verwiesen.
Im Anschluss an die BP erließ der Beklagte für das Streitjahr entsprechend dem Prüfungsbericht geänderte Steuerbescheide (Einkommensteuerbescheid vom 04.02.2014 und Gewerbesteuermessbetragsbescheid vom 27.02.2014).
Die Kläger legten dagegen fristgerecht Einspruch ein und machten geltend, die früher zinslos abgeschlossen Darlehensverträge seien einvernehmlich aufgehoben und rückwirkend durch neue verzinste Darlehensverträge ersetzt worden. Aufgrund dieser Sachlage und dem Grundsatz, dass das Steuerrecht dem Zivilrecht folge, sei eine Abzinsung nicht mehr gerechtfertigt. Im Verfahren 12 V 1542/14 reichte die Klägerin dazu Vertragsentwürfe ein, wonach der Zinssatz für die in 2010 gewährten Darlehen rückwirkend auf 1 % festgelegt wurde. Die Entwürfe beruhten -so der Bevollmächtigte- auf dem einschlägigen BMF-Schreiben vom 26.05.2005, BStBl I 2005, 699 und der aktuellen Kommentierung; danach sei bereits bei einer geringfügigen Verzinsung die Abzinsung ausgeschlossen. Mit weiterem Schriftsatz vom 16.07.2014 übersandten die Kläger inzwischen unterschriebene Vertragsdokumente und führten aus, eine schuldrechtliche Rückbeziehung von Verträgen sei steuerlich anzuerkennen, wenn sich daraus keine steuerlichen Folgen ergeben würden. Ein solcher Ausnahmefall liege hier vor, weil sich die Steuerfolgen bezogen auf die Gesamtlaufzeit der Darlehensverhältnisse letztlich ausgleichen würden. Inzwischen seien alle Verträge auf Zinszahlungen umgestellt worden.
Mit Einspruchsentscheidungen vom 31.10.2014 gab der Beklagte den Einsprüchen insoweit statt, als er den Anteil der Fremdmittel, der auf den zu privaten Wohnzwecken genutzten Gebäudeteil entfiel, ausschied (17,35 %) und den Abzinsungsertrag entsprechend kürzte. Die weitergehenden Einsprüche wies er zurück.
Mit der vorliegenden –gegen den Einkommensteuerbesc...