Entscheidungsstichwort (Thema)
Antragsfrist gemäß § 50d Abs. 1 EStG bei vgG i.S. von § 8a Abs. 1 KStG a.F.
Leitsatz (redaktionell)
Für den Zeitpunkt des Bezugs der Kapitalerträge i.S. von § 50d Abs. 1 Satz 7 EStG a.F. i.V. mit §§ 11, Abs. 1, 44 Abs. 1 Satz 2, 3 EStG und damit für den Beginn der Antragsfrist kommt es im Falle einer fingierten verdeckten Gewinnausschüttung i.S. des § 8a Abs. 1 KStG a.F. ohne eine tatsächliche Zahlung von Vergütungen für Fremdkapital auf den Zeitpunkt an, in dem die Gläubigerin über die Kapitalerträge wirtschaftlich verfügen konnte.
Normenkette
KStG § 8a Abs. 1; EStG §§ 43b, 50d
Nachgehend
BFH (Aktenzeichen I B 15/21) |
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Zusammenhang mit der Beantragung der Freistellung und Erstattung von deutschen Abzugsteuern vom Kapitalertrag darum, ob die Antragsfrist gemäß § 50d Abs. 1 Satz 7 EStG a.F. (entspricht § 50d Abs. 1 Satz 9 EStG n.F.) für die Kapitalertragsteuererstattung gewahrt ist, und in diesem Zusammenhang im Wesentlichen um die Frage, wann der zutreffende Zeitpunkt des Zuflusses von verdeckten Gewinnausschüttungen im Sinne von § 8a Abs. 1 KStG a.F. anzunehmen ist.
Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der luxemburgischen Z S.A. (nachfolgend Z S.A. (Luxemburg)). Anteilseignerin der Klägerin, vermittelt über eine weitere Gesellschaft (W Ltd.), ist die R S.A. (nachfolgend R S.A. (Schweiz)). Z S.A. (Luxemburg) war die 100 %ige Muttergesellschaft der in Deutschland ansässigen Z1 GmbH (nachfolgend Z1 GmbH (Deutschland)) und hat dieser Darlehen gewährt. In den Jahren 2006 und 2007 entstanden hieraus Zinsaufwendungen in Höhe von … EUR (2006) und … EUR (2007). Diese Zinsaufwendungen wurden erfolgswirksam als Verbindlichkeiten gebucht und entsprechend in den Bilanzen der Z1 GmbH (Deutschland) jeweils zum 31. Dezember der Jahre 2006 bis 2008 ausgewiesen.
Eine tatsächliche Zahlung der Zinsen erfolgte nicht. Nach Schilderung der Klägerin sei die Z1 GmbH (Deutschland) in den Jahren 2006 und 2007 faktisch nicht in der Lage gewesen, die Zinsverpflichtungen zu erfüllen; es mangelte an ausreichenden liquiden Mitteln. Hierzu verweist die Klägerin darauf, dass zu den Bilanzstichtagen 31. Dezember 2006 und 31. Dezember 2007 jeweils ein Kassen-/Bankbestand in Höhe von 20.000 EUR vorgelegen und ein negatives Eigenkapitalkonto in Höhe von …EUR bzw. … EUR bestanden habe. Die Zinsverbindlichkeiten der Z1 GmbH (Deutschland) gegenüber der Z S.A. (Luxemburg) (Rechtsvorgängerin der Klägerin) wurden, nachdem die R-Gruppe Anteile an der Z-Gruppe erworben hatte, im Rahmen von Umstrukturierungen innerhalb der Z-Unternehmensgruppe durch Verträge vom 23. Dezember 2009 und vom 28. Dezember 2009 ausgeglichen. Im Ergebnis dieser Umstrukturierungen wurden die Verbindlichkeiten der Z1 GmbH (Deutschland) gegenüber ihrer Anteilseignerin, Z S.A. (Luxemburg), ohne tatsächliche Zahlung ausgeglichen.
Im Einzelnen wurden die Verbindlichkeiten wie folgt umstrukturiert: Die Z1 GmbH (Deutschland) vereinbarte mit der R S.A. (Schweiz) am 23. Dezember 2009, dass R S.A. (Schweiz) unter gleichzeitigem Verzicht auf jegliche Ansprüche gegenüber der Z1 GmbH (Deutschland) von den Schulden der Z1 GmbH (Deutschland) gegenüber Z S.A. (Luxemburg) einen Teilbetrag von … Millionen im Wege einer befreienden Schuldübernahme übernimmt. Die danach noch bestehenden Forderungen der Z S.A. (Luxemburg) gegenüber der Z1 GmbH (Deutschland) in Höhe von … EUR trat die Z S.A. (Luxemburg) zur Erfüllung einer eigenen Verbindlichkeit gegenüber der R S.A. (Schweiz) mit Vertrag vom 28. Dezember 2009 an R S.A. (Schweiz) ab. Ebenfalls mit Vertrag vom 28. Dezember 2009 trat die Z1 GmbH (Deutschland) eine Forderung gegenüber der R1 GmbH (Deutschland) in Höhe von … EUR an R S.A. (Schweiz) ab, um damit die bestehende Verbindlichkeit gegenüber der R S.A. (Schweiz) zu erfüllen. Im Ergebnis schuldete sodann die Z1 GmbH (Deutschland) der R S.A. (Schweiz) noch einen Betrag von … EUR. Dieser Betrag wurde in der Bilanz der Z1 GmbH (Deutschland) zum Stichtag 31. Dezember 2009 als Verbindlichkeit ausgewiesen.
Im Rahmen der vom Finanzamt G aufgrund der Prüfungsanordnungen vom 24. Februar 2010 und vom 23. Dezember 2011 für den Zeitraum 2005 bis 2007 durchgeführten Betriebsprüfung bei der Z1 GmbH (Deutschland) wurde festgestellt, dass es sich bei den aufwandswirksam erfassten Zinsaufwendungen 2006 in Höhe von … EUR um sog. unechte verdeckte Gewinnausschüttungen im Sinne von § 8a KStG (in der damaligen Fassung) handelte. Die entsprechenden Feststellungen sind sowohl in den vorläufigen Prüfungsfeststellungen vom 15. Februar 2012 unter Teilziffer 1 (Anlage K 16 zur Klageschrift, vgl. Bl. 161 der Gerichtsakte –GA–) als auch im Betriebsprüfungsbericht des Finanzamts G vom 4. November 2013 (Anlage K 15 zur Klageschrift, vgl. Bl. 138 der GA) unter Teilziffer 20 enthalten, wobei sich lediglich bei den vorläufigen Prüfungsfeststellungen am Ende des entsprechenden Passus der Vermerk „(jedoch keine Ausschüttungsbelastung herstellen da kein Abfluss)” findet.