rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechnung der Spekulationsfristen des § 23 Abs. 1 EStG
Leitsatz (amtlich)
§ 193 BGB und § 108 Abs. 3 AO sind nur auf sog. eigentliche Fristen nicht aber auf sog uneigentliche Fristen anzuwenden und damit nicht auf die in § 23 Abs. 1 EStG normierten Fristen da diese uneigentliche Fristen darstellen.
Normenkette
EStG § 22 Nr. 3, § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a; AO 1977 § 108 Abs. 3; BGB § 193
Tatbestand
Streitig ist, ob und ggf. in welcher Höhe aufgrund eines Grundstücksverkaufs ein Spekulationsgewinn zu versteuern ist.
Die Kläger (Kl) sind zusammenveranlagte Eheleute. Mit notariellem Vertag von Dienstag, den 04. Oktober 1994 (Notar …) veräußerten die Kl das bislang der Eigennutzung dienende Grundstück … in … zum Kaufpreis von …,– DM, das sie durch notariellen Vertrag vom 02. Oktober 1992 (Notar …: …) erworben hatten. Bei der Einkommensteuerveranlagung beurteilte der Beklagte (Bekl) diesen Vorgang als Spekulationsgeschäft i. S. des § 23 Abs. 1 Nr. 1 a EStG und erfaßte im Einkommensteuerbescheid 1994 vom … einen Spekulationsgewinn i.H. v. … – DM (Verkaufserlös … DM abzüglich Anschaffungskosten einschließlich Nebenkosten … – DM). Die Einkommensteuer 1994 betrug hjernach … – DM (zu versteuerndes Einkommen … – DM, Einkommensteuer – nach der Splittingtabelle – … – DM abzüglich kinderbedingte Ermäßigung nach § 34 f EStG i.H. von … – DM); wegen der Berechnung der zweijährigen Spekulationsfrist berief sich der Bekl. auf § 108 Abs. 3 AO und § 193 BGB.
Gegen den Einkommensteuerbescheid legten die Kl. Einspruch ein mit der Begründung, daß § 108 Abs. 3 AO und § 193 BGB nur auf Erklärungs- und Leistungspflichten anwendbar seien und im übrigen der Gewinn wegen einer Belastung des veräußerten Objektes durch das Städtebauförderungsgesetz, die der Erwerber nicht übernommen habe, niedriger festzusetzen sei im Hinblick auf ggf. zu zahlende Ausgleichsbeträge.
In seiner ablehnenden Einspruchsentscheidung vom … berief sich der Bekl. auf das Urteil des erkennenden Senates vom 21. September 1988 12 K 356/84 (EFG 1989, 114), wonach bei der Fristenberechnung von Spekulationsgeschäften die Vorschriften des § 108 AO und § 193 BGB Anwendung finden, sowie auf Jansen in Herrmann/Heuer/Raupach, § 23 EStG Anm. 138, wonach bei einem Fristende an einem Sonntag, einem gesetzlichen Feiertag oder einem Sonnabend gem. § 108 Abs. 3 AO die zweijährige Spekulationsfrist erst mit Ablauf des nächstfolgenden Werktags ende. Im übrigen lehnte er eine Änderung des Spekulationsgewinns der Höhe nach mit der Begründung ab, daß eine Erlösschmälerung bisher nicht eingetreten sei.
Mit der vorliegenden Klage halten die Kl an ihrer bisher vertretenen Rechtsauffassung fest, daß ein steuerlich relevanter Spekulationsgewinn nicht angefallen und im übrigen der vom Bekl. errechnete Spekulationsgewinn überhöht sei.
Die Kläger beantragen,
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom … und Änderung des angefochtenen Einkommensteuerbescheides 1994 vom … die Einkommensteuer 1994 auf 0,– DM festzusetzen; hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen; hilfsweise, die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.
Er bezieht sich auf seine Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor, daß § 193 BGB sowohl zu Gunsten als auch zu Lasten von Steuerpflichtigen gelte.
Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 FGO).
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt dadurch die Kl in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Bekl. hat bei der Einkommensteuerveranlagung des Streitjahres zu Unrecht die Voraussetzungen für den Ansatz eines aus dem Verkauf des in Rede stehenden Grundstücks resultierenden Spekulationsgewinns als erfüllt angesehen.
Nach § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Nr. 1 a EStG gehört der Überschuß aus der Veräußerung eines Grundstücks zu den sonstigen Einkünften, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung des Grundstücks nicht mehr als zwei Jahre beträgt (Spekulationsgeschäft). Für die Berechnung der Zwei Jahresfrist sind die Zeitpunkte des Abschlusses der schuldrechtlichen Verträge von An- und Verkauf des Grundstücks maßgeblich (vgl. BFH-Urteil vom 2. Februar 1982 VIII R 3/79, BStBl II 1982, 459); hierbei gelten – wie der erkennende Senat in seinem vom Bekl. zitierten Urteil vom 21. September 1998 ausgeführt hat – gem. § 108 Abs. 1 AO die Vorschriften der §§ 187 bis 193 BGB, soweit nicht in den Absätzen 2 bis 5 etwas anderes bestimmt ist. Unter Berücksichtigung von §§ 187 Abs. 1 und 188 Abs. 2 BGB endete die streitbefangene Zweijahrsfrist für das von den Kl mit notariellem Vertrag vom 02. Oktober 1992 erworbene Grundstück am 02. Oktober 1994. Entgegen der Ansicht des Bekl. führt die Tatsache, daß es sich hierbei um einen Sonntag und beim 03. Oktober 1994 um einen gesetzlichen Feiertag gehandelt hat, nicht zu einer Verlängerung der Spekulationsfrit bis zum nächsten Werktag, so daß die am Dienstag den 04. Oktober...