Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorzeitiger Zugewinnausgleich als nicht steuerbare Ausgleichsforderung
Leitsatz (redaktionell)
Der durch die ehevertragliche Beendigung des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft entstehende Ausgleichsanspruch ist keine steuerpflichtige freigebige Zuwendung i.S.v. § 7 Abs. 1 ErbStG, sondern eine gemäß § 5 Abs. 2 ErbStG nicht steuerbare Ausgleichsforderung. Dies gilt auch dann, wenn auf die Beendigung des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft alsbald dessen Neubegründung erfolgt. Ein Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO kommt dabei - unabhängig von der Frage nach dessen Anwendbarkeit - nicht in Betracht, wenn für das Vorgehen beachtliche außersteuerliche Gründe bestehen.
Normenkette
ErbStG § 7 Abs. 1, 1 S. 1; BGB § 1378 Abs. 3; ErbStG § 5 Abs. 2
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob der Ehemann der Klägerin dieser eine freigebige – unbenannte – Zuwendung i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gemacht hat oder ob durch Abschluss des notariellen Ehevertrags vom 20. Dezember 1991 eine nach § 5 Abs. 2 ErbStG nicht steuerbare Zugewinnausgleichsforderung zugunsten der Klägerin entstanden ist.
Die Klägerin und ihr Ehemann, die seit dem 9. Februar 1954 miteinander verheiratet sind, hatten durch notariellen Ehevertrag vom 28. Januar 1971 mit sofortiger Wirkung den Güterstand der Zugewinngemeinschaft vereinbart. Am 20. Dezember 1991 schlossen sie in … einen weiteren – ausdrücklich deutschem Recht unterstellten – Ehevertrag, der auszugsweise folgenden Inhalt hat:
„1. Wir beenden mit Ablauf des heutigen Tages den Güterstand der Zugewinngemeinschaft.
2. Der bislang während der Dauer der Zugewinngemeinschaft bis zum Abschluss dieses Ehevertrags entstandene Zugewinn wird ausgeglichen. Die Höhe des beiderseitigen Zugewinns und des daraus folgenden Zugewinnausgleichsanspruchs bestimmen wir wie folgt: …
… Es verbleiben danach… DM …
Die Parteien setzen einvernehmlich die Zugewinnausgleichsforderung der Ehefrau gegen den Ehemann auf Deutsche Mark … Millionen … (DM …,–) fest.
3. Zur Ausgleichsforderung bestimmen wir das nachfolgende:
- Die Ausgleichsforderung darf nicht abgetreten werden. Eine vollständige oder teilweise Abtretung an unsere gemeinschaftlichen Abkömmlinge ist jedoch gestattet.
- Die Ausgleichsforderung ist vom Zeitpunkt der Entstehung an mit anderthalb Prozent (1,5 %) zu verzinsen.
4. Mit dem Beginn des morgigen Tages begründen wir erneut für die Zukunft den Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Die jeweiligen neuen Anfangsvermögen ergeben sich aus den oben berechneten Endvermögen unter Berücksichtigung des durchgeführten Zugewinnausgleichs….
Unter dem 19. Mai 1993 trafen die Klägerin und ihr Ehemann eine weitere schriftliche Vereinbarung, in deren „Vorbemerkung” auf den Ehevertrag vom 20. Dezember 1991 Bezug genommen und nochmals zusammengefasst ist, dass durch diesen Vertrag der Güterstand der Zugewinngemeinschaft beendet und der der Klägerin zustehende Anspruch auf Ausgleichung des während der Ehe entstandenen Zugewinns einvernehmlich auf …,– DM festgelegt worden sei. Außerdem wird auf die dortige Zins- und Stundungsabrede hingewiesen. Im Anschluss an den Vorspann heißt es weiter:
- „Wir vereinbaren hiermit, dass die Dr. … zustehende Zugewinnausgleichsforderung vorzeitig in der Weise erfüllt wird, dass Dr. … eine Teilbeteiligung in Höhe von DM …,– (Stand per 31.12.1992) der ihm gehörenden Beteiligung an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts unter der Bezeichnung „…”… an Erfüllungs Statt an Dr. … abtritt und überträgt, die die Übertragung der Beteiligung hiermit annimmt.
- „Die Übertragung der Beteiligung … erfolgt schuldrechtlich mit Wirkung vom 1. Januar 1993.
- „Die Vertragsparteien sind sich einig, dass mit Wirksamwerden der vorstehend vereinbarten Übertragung der Beteiligung am … der Dr. … aufgrund des notariellen Vertrags vom 20. Dezember 1991 zustehende Zugewinnausgleichsanspruch einschließlich eventueller Zinsforderungen vollständig beglichen ist….”
Nachdem das seinerzeit für die Erbschaft- und Schenkungsteuer zuständige Finanzamt … den Bevollmächtigten der Klägerin unter anderem mitgeteilt hatte, dass nach seiner Auffassung ein als freigebige Zuwendung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG steuerpflichtiger sogenannter vorweggenommener Zugewinnausgleich vorliege, weil durch den Ehevertrag vom 20. Dezember 1991 kein Wechsel der Güterstands eingetreten sei, nahmen die Bevollmächtigten der Klägerin hierzu mit Schreiben vom 21. August 1996, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, ausführlich Stellung. Die vom Finanzamt angeforderten Schenkungsteuererklärungen reichten sie nicht ein.
Mit Bescheid vom 30. August 1996 setzte das Finanzamt …, ausgehend von einem mit …,– DM bezifferten Wert des Erwerbs aus der Schenkung des Ehemannes der Klägerin vom 20. Dezember 1991, Schenkungsteuer i.H. von …,– DM gegen sie fest. In der Anlage zum Schenkungsteuerbescheid begründete das Finanzamt die Schenkungsteuerfestsetzung mit dem Hinweis, im Streitfall seien die Voraussetzungen ...