Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen eines Zweckbetriebes i.S.v. § 65 AO
Leitsatz (redaktionell)
1) Ein steuerbegünstigter Zweckbetrieb i.S.v. § 65 AO ist nur dann gegeben, wenn die steuerbegünstigten Zwecke ohne die wirtschaftliche Betätigung nicht erreichbar sind. Dies ist nur dann der Fall, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb sich von der Verfolgung des steuerbegünstigten Zwecks nicht trennen lässt, sondern als das unentbehrliche und einzige Mittel zur Erreichung des steuerbegünstigten Zwecks anzusehen ist und es sich nicht bloß um eine Tätigkeit zur Mittelbeschaffung handelt.
2) Wirtschaftliche Geschäftsbetriebe sind demnach keine Zweckbetriebe, wenn sie nicht i.S.v. § 65 Nr. 2 AO das einzige Mittel zur Erreichung des steuerbegünstigten Zwecks sind. Eine mittelbare Verwirklichung des Satzungszwecks durch Zuführung der Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb reicht für eine Qualifikation als Zweckbetrieb nicht aus.
Normenkette
AO § 65
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob es sich bei den Veranstaltungen „E”-Day und „E”-Congress um einen Zweckbetriebe i.S. § 65 AO handelt.
Der Kläger, ursprünglich „CMS e.V. – Verein zur Förderung … CMS” verfolgt unstreitig gemeinnützige Zwecke. Gemäß § 2 der Satzung vom ….12.2004 ist Zweck des Vereins die Förderung der Nutzung freier Software im Sinne der Open Source Definition, …. Der Verein fördert sowohl die allgemeine als auch die berufliche Bildung, …. Der Satzungszweck sollte u.a. verwirklicht werden durch die Durchführung von öffentlichen Veranstaltungen wie Messen, Vortragsreihen und Workshops sowie die Einführung und Fortbildung von Mitgliedern und Nichtmitgliedern in die Thematik. Im Mittelpunkt steht das … CMS bzw. das Nachfolgesystem „E”-Day. Es handelt sich um eine sog. freie Software, für die der Quellcode frei verfügbar ist und die ohne Einschränkungen benutzt werden darf. Sie darf ohne Zahlungsverpflichtungen kopiert, verändert und weitergegeben werden. Die Freie Software ist auf eine kooperative Softwareentwicklung und eine weitestgehende Beteiligung der Anwender ausgerichtet.
Der Kläger veranstaltet in der Regel einmal jährlich einen sog. „E”-Day bzw. „E”-Congress. Hierbei handelt es sich um einen Kongress für die E Community, zu der Anwender und Programmierer gehören. Die Konferenz besteht aus Vorträgen, Diskussionen sowie gemeinsamer Programmierung im Zusammenhang mit dem CMS „E”-Day; in der Lounge finden Ausstellungen statt. Um die Gebühren für die Teilnehmer der Veranstaltung möglichst niedrig zu halten, wurde ein Sponsoring-Programm aufgesetzt. Der „E”-Day ist national auf Deutschland beschränkt, während die Veranstaltung „E”-Congress international ausgerichtet ist. In 2010 fand E”-Congress 2010 vom … bis ….2010 in M statt.
In Deutschland werden die „E”-Day bzw. „E”-Congress ausschließlich von dem Kläger veranstaltet. Dabei richtet sich der Kläger nach den Vorgaben des internationalen Dachverbandes „P Inc.” (P), die im sog. „E”-Day Charter geregelt sind. Die P ist eine gemeinnützige Organisation (not-for-profit Organisation) mit Sitz in den USA, die das E Projekt international koordiniert. Zu den Vorgaben der P gehört insbesondere, dass „E”-Day bzw. „E”-Congress nur von Organisationen veranstaltet werden dürfen, die keine Gewinnerzielungsabsicht verfolgen. Darüber hinaus dürfen nur solche Sponsoren berücksichtigt werden, die positiv gegenüber dem Open Source Gedanken eingestellt sind. Des Weiteren dürfen die Organisatoren und die Vortragenden für Ihre Tätigkeit keine besondere Vergütung erhalten.
Nach der Einnahme-/Überschussrechnung für das Streitjahr 2010 betrugen die Einnahmen aus „E”-Day-Veranstaltungen insgesamt mehr als 35.000 € …
Im Jahr 2012 führte der Beklagte beim Kläger eine Betriebsprüfung durch (BP-Bericht vom 6.11.2012). Die Betriebsprüfung gelangte zu der Auffassung, dass der Kläger mit den „E”-Day-Veranstaltungen und dem dazugehörigen Sponsoring einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gemäß § 14 AO begründet habe und als Messe-, Ausstellungsund Kongressveranstalter zu behandeln sei. Für die Jahre 2008 und 2009 ergab sich keine Auswirkung, da die Bruttoeinnahmen unstreitig die Grenze von 35.000 € i.S. § 64 Abs. 3 AO unterschritten und der Kläger für diese Jahre die Kleinunternehmerregelung in Anspruch genommen hatte. Da die Einnahmen des Jahres 2009 allerdings mehr als 17.500 € betrugen, unterwarf der Beklagte die Einnahmen aus den Veranstaltungen des Jahres 2010 dem Regelsteuersatz von 19 %. Die übrigen Korrekturen der Einnahme/Überschussrechnung für das Jahr 2010 sind inzwischen unstreitig, nachdem der Beklagte die Vorsteuerkürzung aus der Rechnung des K (Hotelkosten) i.H.v. … € rückgängig gemacht hat.
Auf der Grundlage dieser Feststellungen erließ der Beklagte unter dem 19.12.2012 die vorliegend streitgegenständlichen Bescheide über Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer für 2010 sowie am 10.1.2013 den Gewerbesteuermessbescheid.
Mit den Einsprüchen machte der Kläg...