Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerfreiheit von Leistungen im Bereich der Behindertenhilfe
Leitsatz (redaktionell)
Umsätze als Subunternehmer im Bereich der ambulanten Eingliederungshilfe und Betreuung von geistig behinderten Menschen sind nach § 4 Nr. 16 UStG steuerfrei.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 16 S. 1 Buchst. k; SGB XII § 54; UStG § 4 Nr. 16
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Rahmen der Festsetzung der Umsatzsteuer 2010 über die Frage, ob Umsätze der Klägerin als Subunternehmerin im Bereich der ambulanten Eingliederungshilfe und Betreuung von geistig behinderten Menschen gem. § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. k UStG steuerfrei sind.
Die Klägerin absolvierte von 2001 bis 2004 eine ca. dreijährige Ausbildung als Psychologische Beraterin bei der „A GmbH” in B. Die Ausbildung umfasste teilweise ein Abendstudium (18 Monate), teilweise ein „Tages-Intensivstudium” (14 Monate) und ein Video-Lehrprogramm. Lerninhalte waren insbesondere psychologische Grundkenntnisse, Theorie und Praxis der wichtigsten psychotherapeutischen Verfahren und die gezielte Vorbereitung auf eine eingeschränkte Heilpraktikererlaubnis. Anschließend besuchte die Klägerin Fortbildungen, insbesondere zu „systemischer Beratung” und „analytischer Psychologie”. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die in der mündlichen Verhandlung eingereichten Ausbildungsnachweise verwiesen.
Im Streitjahr war die Klägerin – was zwischen den Beteiligten unstreitig ist – selbständig als Subunternehmerin in der ambulanten Eingliederungshilfe gem. § 53 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe – (SGB XII) tätig. Hierbei betreute sie volljährige Personen „Klienten”) mit einer Behinderung im Sinne des Sozialgesetzbuch Neuntes Buch – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen – (SGB IX) im Alltag durch Beratungs-, Begleitungs-, Betreuungs- und Förderleistungen mit dem Ziel, den Klienten einen eigenständigen Alltag und die Eingliederung in das soziale Leben zu ermöglichen. Hierzu zählte beispielsweise die Sicherstellung von Wohnung, Unterhalt und hauswirtschaftlicher Versorgung, die Hilfestellung bei behördlichen Antragstellungen, die Begleitung bei Behördengängen, die Entwicklung beruflicher Perspektiven, der Aufbau und die Festigung sozialer Kontakte, die gesundheitliche Stabilisierung sowie die Bewältigung von Krisen. Ein unmittelbares Vertrags-, Abrechnungs- und Vergütungsverhältnis mit dem zuständigen gesetzlichen Sozialhilfeträger, dem Landschaftsverband Rheinland – LVR – bestand dabei nicht, da die Klägerin nicht die vom LVR geforderte Ausbildung für einen Status als „Fachkraft” besaß, sondern als eine „sonstige qualifizierte Person” eingestuft wurde.
Der organisatorische Ablauf stellte sich im Streitjahr und stellt sich auch gegenwärtig wie folgt dar: Sofern eine leistungsberechtigte Person i.S.d. § 53 SGB XII „Klient”) eine ambulante Eingliederungshilfe wünscht, bespricht diese Art und Umfang der gewünschten Tätigkeiten mit der Klägerin. Die Klägerin erarbeitet dann zusammen mit einem beim LVR zugelassenen Anbieter (im Vertrag mit dem LVR als „Leistungserbringer” bezeichnet) einen Hilfeplan. Die Klägerin wird im Hilfeplan als vom Klienten gewünschte Betreuerin benannt. Der Antrag wird mit weiteren Angaben – auch des Anbieters – versehen und beim LVR eingereicht. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf einen in der mündlichen Verhandlung eingereichten (Muster-)Hilfeplan verwiesen.
Der LVR genehmigt sodann – ggf. unter Einberufung einer Hilfeplankonferenz (HPK) – bei anerkannter Hilfsbedürftigkeit ein bestimmtes Stundenkontingent zur Betreuung. Für Verwaltungsaufgaben wird ein pauschaler Zeitaufwand bewilligt. Der Bewilligungsbescheid wird gegenüber dem Klienten erteilt, der entscheidet, welche Personen im Rahmen des genehmigten Kontingents Leistungen erbringen. In der Praxis erfolgt die Leistungserbringung regelmäßig durch die im Hilfeplan vorgesehenen Personen, sofern ein entsprechendes Vertrauensverhältnis (fort-)besteht. Der Klient hat jedoch auch die Möglichkeit, den Betreuer und den Anbieter zu wechseln. In vielen Fällen erfolgen die Betreuungsleistungen nur von der Klägerin an den Klienten, ohne dass der Klient mit dem im Hilfeplan benannten Anbieter näher in Kontakt tritt. Manchmal besteht auch ein zwischen der Klägerin und dem Anbieter aufgeteiltes Stundenkontingent, d.h. Klägerin und Anbieter erbringen beide unmittelbare Betreuungsleistungen gegenüber dem Klienten.
Die Vertrags- und Abrechnungsbeziehung gestaltet sich wie folgt: Die Klägerin schließt mit einem Anbieter (d.h. einem ggü. dem LVR abrechnungsberechtigten Leistungserbringer) einen Vertrag über eine freie Mitarbeit in Form eines Dienstvertrages. Im Vertrag werden insbesondere Art und Umfang der Tätigkeiten, eine Schweigepflicht, die Weisungsfreiheit der Klägerin, die Vergütung sowie Kündigungsmöglichkeiten geregelt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird beispielhaft auf den in der mündlichen Verhandlung eingereichten Vertrag...