rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Buch- und Belegnachweis einer innergemeinschaftlichen Lieferung
Leitsatz (redaktionell)
1) Solange der sog. Belegnachweis gemäß § 17a UStDV nicht geführt ist, kann eine innergemeinschaftliche Lieferung grundsätzlich nicht als steuerfrei behandelt werden.
2) Das Fehlen einer der in § 17a Abs. 2 UStDV aufgeführten Voraussetzungen führt nicht zwangsläufig zur Versagung der Steuerbefreiung. Der Belegnachweis, u.a. der Nachweis des Bestimmungsorts, kann auch durch andere Belege erbracht werden.
3) Im Wege einer zwingenden europarechtskonformen Auslegung ist der Bestimmungsort in Verbringungsfällen ausreichend nachgewiesen, wenn auf den Rechnungen die zutreffende Anschrift des Leistungsempfängers angegeben ist und keinerlei Zweifel darüber besteht, dass die Ware in das Gemeinschaftsgebiet gebracht und dort vom Empfänger weiter verkauft und weiter geliefert worden ist.
4) Die Forderung nach Angabe des weiteren (End)Bestimmungsorts jeder einzelnen Teillieferung verstößt gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und gegen den Grundsatz der Neutralität des Mehrwertsteuersystems der Europäischen Union.
5) Hat ein Unternehmer zweifelsfrei innergemeinschaftliche Lieferungen i.S. des § 6a Abs. 1 UStG ausgeführt, kann der Belegnachweis bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem FG nachgeholt werden.
Normenkette
UStG § 6a Abs. 1 S. 1, Abs. 3; UStDV §§ 17a, 17c; UStG § 4 Nr. 1 Buchst. b
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im zweiten Rechtsgang über die Frage, ob Warenverkäufe der Klägerin an einen österreichischen Käufer als eine umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung anzusehen sind.
Die Klägerin ist eine GmbH; ihr Unternehmenszweck ist u.a. das „Recycling” von Altpapier. Sie berechnet die Umsatzsteuer nach vereinbarten Entgelten (§ 16 Abs. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes 1999 –UStG).
Die Klägerin schloss mit einem österreichischen Papierhändler, der Firma H mit Sitz in X, telefonisch Verträge über den Verkauf von Altpapier. Dieses wurde – beginnend im Dezember 2000 und sodann ebenso in separaten, weiteren Lieferungen – im hier streitigen Monat Januar 2001 mittels eigener LKW des H in einer deutschen Niederlassung der Klägerin abgeholt und – unstreitig – nach Österreich gebracht. Die Klägerin erstellte über die Verkäufe aus dem Monat Januar 2001 an die H Rechnungen sowie Gutschriften über insgesamt 62 977 DM, die jeweils aus dem Januar 2001 datieren. Diese beziehen sich – unstreitig– auf diejenigen Abhollieferungen, die in den von der Klägerin dazu vorgelegten Lieferscheinen (Bl. 44 bis 53 Gerichtsakte des zweiten Rechtsganges) dokumentiert sind.
In den Rechnungen mit der Rechnungsanschrift K-Straße 1 in X ist die – unstreitig zutreffende – österreichische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer der H genannt und keine Umsatzsteuer ausgewiesen. Die Rechnungen und Gutschriften enthalten keinen Hinweis auf die Steuerfreiheit der Umsätze als innergemeinschaftliche Lieferungen.
Die Klägerin erklärte diese Umsätze in ihrer Umsatzsteuer-Voranmeldung für Januar 2001 sowie unter Angabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer der H in ihrer zusammenfassenden Meldung nach § 18a Abs. 4 UStG 1999 als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen. Das damals für die Besteuerung der Klägerin zuständige Finanzamt Y folgte zunächst dieser Voranmeldung.
Aufgrund einer Außenprüfung bei der Klägerin – die auch den Monat Dezember 2000 umfasste – vertrat die Prüferin – u. a. – für die Abhollieferungen des Monats Januar 2001 die Auffassung, die Klägerin habe die Ausfuhr der Ware nach Österreich nicht nachgewiesen. In der Buchführung lagen zunächst nur die Ausgangsrechnungen (Bl. 39 bis 43 der Gerichtsakte des zweiten Rechtsganges) sowie an die Adresse der H in Österreich adressierte Lieferscheine (Bl. 44 bis 53 der Gerichtsakte des zweiten Rechtsganges) vor; der Endbestimmungsort der Ware ergab sich daraus nicht. Die Klägerin bat daraufhin die österreichische Firma mit Telefax vom 23. Juli 2001 unter Auflistung der Rechnungs- und Lieferschein-Nummern, Daten, Warenbezeichnungen und Gewichtsangaben der Warenbewegungen um Angabe des „Verbringungsortes” und des „Empfangslandes” betreffend Dezember 2000 und Januar 20001. Mit zwei Telefaxen vom 24. Juli 2001 sandte H die beiden Anschreiben der Klägerin mit dem Zusatz des jeweils folgenden identischen Textes zurück: „Wir bestätigen hiermit verbindlich, dass wir die nebenstehend aufgeführten Altpapier-Ladungen bei der Firma T übernommen haben, aus Deutschland ausgeführt und nach Österreich verbracht haben.”
Ausweislich des ersten, bereits im ersten Rechtsgang vorgelegten Telefaxes vom 24. Juli 2001 betrifft die erste dieser beiden Bestätigungen Lieferungen lt. Lieferscheinen aus der Zeit zwischen 6. und 20. Dezember 2000, die zweite, nunmehr ebenfalls dem erkennenden Senat vorliegende Bestätigung (Bl. 36 der Gerichtsakte des zweiten Rechtsganges) betrifft Lieferungen lt. Lieferscheinen aus der Zeit zwischen dem 2. und dem 31. Januar 2001.
Das FA Y hielt d...