Entscheidungsstichwort (Thema)

Übergangsfrist und Nachweiserfordernisse nach "Meilicke II"

 

Leitsatz (redaktionell)

Ungeachtet der Frage, wann eine nach den Vorgaben des EuGH bei Einführung des § 175 Abs. 2 Satz 2 AO zu wahrende angemessene Übergangsfrist beginnt und wie diese zu bemessen ist, kommt eine Anrechnung belgischer Körperschaftsteuer im Zusammenhang mit Gewinnausschüttungen einer belgischen Kapitalgesellschaft wegen unzureichendem Nachweis der tatsächlichen Vorbelastung nicht in Betracht, wenn die Steuer "anhand der prozentualen Belastung mit belgischer Körperschaftsteuer vom jeweiligen Jahresabschluss zuzüglich der belgischen Körperschaftsteuer des entsprechenden Jahres berechnet" worden ist und zudem Steuerbelastungen ausgewiesen werden, die nicht mit dem nominellen Körperschaftsteuersatz übereinstimmen. Auch steht einer Anrechnung entgegen, wenn die vorgelegten Unterlagen keine einer inländischen Kapitalgliederung entsprechenden Informationen enthalten.

 

Normenkette

EStG a.F. § 36 Abs. 2 S. 2 Nr. 3; AO § 175 Abs. 2 S. 2; EGAO Art. 97 § 9 Abs. 3; EStG a.F. § 20 Abs. 1 Nr. 3

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die gegenüber der Klägerin ergangenen Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Jahre 1990 bis 1997 nachträglich im Hinblick auf die Einbeziehung von anrechenbarer belgischer Körperschaftsteuer im Zusammenhang mit Gewinnausschüttungen einer belgischen Kapitalgesellschaft zu ändern sind.

Die Klägerin ist eine Kommanditgesellschaft, an der in den Streitjahren die VR GmbH als Komplementärin ohne Gewinnbeteiligung sowie (bis 1995) Herr S, Herr J. und Frau M als Kommanditisten beteiligt waren. Zum 31.12.1995 wurde der Kommanditanteil des Herrn S. unter Nießbrauchsvorbehalt auf seinen Sohn J übertragen und schied Frau M als Kommanditistin aus.

Geschäftsfeld der Klägerin war bis 1973 die Eigenherstellung und der Vertrieb von …produkten. Im Jahr 1973 gründeten die damaligen Gesellschafter der Klägerin die belgische Aktiengesellschaft C, welche nachfolgend die Herstellung der Produkte und deren Vertrieb außerhalb Deutschlands übernahm, während die Gesamtleitung, Forschung und Entwicklung sowie der Vertrieb der Produkte auf dem deutschen Markt bei der Klägerin verblieben. In den Jahren 1990 bis 1997 wurden von Herrn J 70 % und in den Jahren 1990 bis 1995 von Herrn S 20 % der Anteile an der C in ihrem jeweiligen Sonderbetriebsvermögen bei der Klägerin gehalten. Ab 1996 hielt die Klägerin selbst 10 % der Anteile an der C

Die Gewinnausschüttungen der C wurden in den Streitjahren dementsprechend in Deutschland in Höhe der jeweiligen Nettodividende als Sonderbetriebseinnahmen der Herren J und S bei der Klägerin bzw. als unmittelbare Betriebseinnahmen der Klägerin selbst steuerlich erfasst und fanden Eingang in die jeweiligen Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen. Sämtliche Feststellungsbescheide für die Streitjahre ergingen endgültig.

Mit Schreiben vom 23.03.2005 beantragte die Klägerin beim Beklagten unter Hinweis auf das EuGH-Urteil vom 07.09.2004 in der Rs. „Manninen” (C-319/02) und den Vorlagebeschluss des FG Köln vom 24.06.2004 (Az. 2 K 2241/02, EFG 2004, 1374) die „Anrechnung der auf die Gewinnausschüttungen der C in Belgien gezahlten Körperschaftsteuer unter gleichzeitiger Erfassung der Körperschaftsteuer als Betriebseinnahme”. In Ergänzung dieses Antrags legte die Klägerin dem Beklagten mit Schreiben vom 03.05.2005 von der C erstellte, als „Steuerbescheinigungen der ausschüttenden Körperschaft für Bezüge, für die noch das Anrechnungsverfahren gilt” bezeichnete Bescheinigungen für die Jahre 1990 bis 1997 sowie Kopien der belgischen Körperschaftsteuerbescheide der C für die vorgenannten Jahre vor. Die vorgelegten Steuerbescheinigungen der C enthielten im Wesentlichen die folgenden Angaben:

„[Name des Dividendenempfängers]

Bilanzabschluss 30/06/[Jahr]

wurde laut Beschluss vom [Datum] am [Datum] für [Jahr]

folgende Dividende gezahlt:

Brutto-Dividende

BEF

[Betrag]

belgische Körperschaftsteuer

BEF

[Betrag]

Netto-Dividende

BEF

[Betrag]

belgische Quellensteuer

BEF

[Betrag]

Zahlbetrag

BEF

[Betrag]

Finanzamt, an das die Steuern abgeführt worden sind: […]

Belgische Steuernummer: […]”

Die auf die ausgewiesene Bruttodividende erhobene belgische Körperschaftsteuer betrug nach den vorgelegten Bescheinigungen für

1990

rund 45,29 %

1991

rund 41,52 %

1992 und 1994

rund 40,07 %

1993

rund 39,58 %

1995

rund 41,02 %

1996

rund 41,60 %

1997

rund 40,49 %

der jeweiligen Bruttodividende. Der in den Streitjahren jeweils geltende nominelle Körperschaftsteuersatz („Basisbelasting”) betrug ausweislich der seitens der Klägerin vorgelegten Steuerbescheide der C in

1990

43 %

1991

41 %

ab 1992

39 %

Ab dem Jahr 1994 weisen die vorgelegten Steuerbescheide der C ferner zusätzlich die Erhebung einer Krisenabgabe („Aanv. Crisisbijdrage”) in Höhe von 3 % der jeweils festgesetzten Körperschaftsteuer aus.

Mit Bescheid vom 30.05.2005 lehnte de...

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