Entscheidungsstichwort (Thema)
Ablehnung der rückwirkenden Fristverlängerung für die Anträge auf Vorsteuervergütung 1992 und 1993
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Fristen auf Vergütung von Vorsteuern für die Jahre 1992 und 1993 rückwirkend zu verlängern sind.
Die Klägerin ist eine im Ausland ansässige Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach … Recht, die von ihrem Sitz aus ein internationales Unternehmen betreibt.
Mit Schreiben ihrer Prozeßbevollmächtigten vom 07.10.1994 beantragte die Klägerin für das Vergütungsverfahren für die Jahre 1992 und 1993 die nachträgliche Verlängerung der Frist des § 61 Abs. 1 UStDV unter Berufung auf Abschnitt 243 Abs. 5 UStR i.V.m. § 109 AO. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Umstand, daß bisher Vergütungsanträge nicht gestellt worden seien, habe seine Ursache in einem Fehlverhalten der mit der Beantragung der Vergütung sämtlicher Antragsteller betrauten Sachbearbeiterin. Diese habe für die Vorjahre bis einschließlich 1991 die Vergütungsanträge rechtzeitig und zutreffend gestellt, ohne daß es Beanstandungen gegeben habe. Ursächlich für die erstmals für die Jahre 1992 und 1993 versäumte Antragstellung sei die Überlastung der Sachbearbeiterin gewesen, die jedoch für den zuständigen Abteilungsleiter nicht erkennbar gewesen sei. Die Sachbearbeiterin habe weder ihre Kollegen noch ihren Abteilungsleiter auf die Arbeitsüberlastung hingewiesen, sondern versucht, ihren Aufgabenbereich ohne weitere Hilfe zu erledigen. Dies habe sich als nicht durchführbar dargestellt. Aufgrund ihres großen Arbeitseinsatzes und der bislang einwandfreien Erledigung aller Aufgaben habe die Sachbearbeiterin als besonders zuverlässig gegolten. Infolge der Arbeitsüberlastung sei sie mit der Erledigung ihrer Arbeiten immer weiter in Verzug geraten. Dabei habe sie nicht erkannt, daß für die Beantragung gem. § 61 Abs. 1 Satz 2 UStDV eine sechsmonatige Frist zu beachten gewesen sei. Erst eine Routinekontrolle durch den zuständigen Abteilungsleiter habe zur Entdeckung der Mißstände und zur Unterlassung der Anträge für 1992 und 1993 geführt. Mittlerweile seien die Aufgaben innerhalb der Abteilung neu verteilt worden, so daß eine Wiederholung derartiger Versäumnisse ausgeschlossen sei. Die Antragsunterlagen ständen jederzeit abrufbereit zur Verfügung.
Mit Bescheid vom 31.10.1994 lehnte der Beklagte die Anträge auf rückwirkende Fristverlängerung ab. Zur Begründung führte er aus, gem. § 109 Abs. 1 AO komme eine rückwirkende Fristverlängerung in Betracht, wenn der Antragsteller ohne Verschulden den Antrag nicht vor Fristablauf habe stellen können. Der vorgetragene Hinderungsgrund des Fehlverhaltens der Sachbearbeiterin rechtfertige eine nachträgliche Fristverlängerung nicht. Die Fristversäumnisse seien durch einen Organisationsmangel schuldhaft verursacht, wenn die in der Rechts- und Steuerberatung tätigen Berufsträger ihr Büro nicht so organisiert hätten, daß die Fristen zuverlässig überwacht und eingehalten werden.
Mit der am 21.11.1994 beim Beklagten eingegangenen Beschwerde verwies die Antragstellerin darauf, daß die Finanzverwaltung an die Umsatzsteuerrichtlinien gebunden sei, die Abschnitt in 243 Abs. 5 Satz 1 UStR unter ausdrücklichem Verweis auf § 109 AO die Möglichkeit der Fristverlängerung eröffneten. Die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Fristverlängerung seien gegeben. Anders als bei § 110 AO schließe eine schuldhafte Fristversäumnis eine Verlängerung von Fristen nicht von vornherein aus.
Die Frist des § 61 Abs. 1 Satz 2 UStDV stelle keine Ausschlußfrist dar, sondern eine verlängerbare Steuererklärungsfrist. Eine sechsmonatige Ausschlußfrist sei nicht von der Ermächtigungsnorm des § 18 Abs. 9 UStG gedeckt und deshalb unwirksam sei.
Am 12.12.1994 gingen die auf den 27.09.1994 datierten Anträge auf Vergütung der Umsatzsteuer der Klägerin für die Jahre 1992 (beantragter Vergütungsbetrag 20.508,45 DM) und für 1993 (beantragter Vergütungsbetrag 8.001,71 DM) nebst Belegen beim Beklagten ein. Mit den Vergütungsbescheiden vom 06.01.1995 lehnte der Beklagte die Vergütung der Vorsteuern mit der Begründung, daß die Anträge verspätet gestellt worden seien, ab. Über die hiergegen mit Schreiben vom 19.01.1995 eingelegten Einsprüche ist noch nicht entschieden.
Mit der Beschwerdeentscheidung vom 27.11.1995 wies das Bundesministerium der Finanzen die Beschwerde wegen der Ablehnung der Fristverlängerungsanträge als unbegründet zurück. In der Begründung der Entscheidung wird ausgeführt, daß die Sechsmonatsfrist durch die Ermächtigungsnorm des § 18 Abs. 9 UStG gedeckt sei. Deren Ziel sei es gewesen, die Umsetzung der 8. EG-Richtlinie, in der die Sechsmonatsfrist vorgesehen sei, durch eine Rechtsverordnung zu ermöglichen. Es könne offen bleiben, ob es sich um eine nach § 109 AO verlängerbare oder um eine wiedereinsetzungsfähi...