Entscheidungsstichwort (Thema)
"Einen Ausbildungsplatz suchend" im Sinne von § 32 Abs. 4 Nr. 1 EStG bei lediglich einer Meldung an Amtsstelle bei der Agentur für Arbeit für die Rentenversicherung
Leitsatz (redaktionell)
1) Ergeht eine Aufforderung der Agentur für Arbeit an ein Kind, dem Rentenversicherer einen bestimmten Zeitraum mit dem Meldegrund " Ausbildungssuche bei einer deutschen Agentur für Arbeit (§ 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 3a SGB VI)" zu melden, so wird damit auch für die Gewährung von Kindergeld vermutet, dass das Kind sich um einen Ausbildungsplatz bemüht. Diese kann die Kindergeldkasse widerlegen.
2) Da Familienkasse und Berufsberatung dem Kind bzw. dem Kindergeldberechtigten einheitlich als "Agentur für Arbeit" gegenübertreten, ist es nicht gerechtfertigt, dem Kindergeldberechtigten das Nachweisrisiko für unterschiedliche Arbeitsweisen der Behörden-Abteilungen der Agentur für Arbeit aufzuerlegen. Wenn die Berufsberatung der Agentur für Arbeit entsprechende Vorgänge gelöscht hat, geht dies nicht zu Lasten des Kindergeldberechtigten.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. c; SGB VI § 58 Abs. 1 Nr. 1 Nr. 3a; EStG § 32 Abs. 4 Nr. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Tochter der Klägerin in den Monaten Mai 2005 bis August 2006 ausbildungsplatzsuchend war und der Klägerin deshalb das Kindergeld für diesen Zeitraum zusteht.
Die Klägerin hat in der Vergangenheit laufend das Kindergeld für ihre im September 1986 geborene Tochter T bezogen. Diese besuchte im Schuljahr 2004/2005 eine Gesamtschule in H. Ausweislich einer Schulbescheinigung sollte der Schulbesuch voraussichtlich bis Juli 2007 andauern (Kindergeldakte, Bl. 79). Am 20. April 2005 brach die Tochter der Klägerin ihre Schulausbildung allerdings ab. Am 27. April 2005 hat sie den Abbruch ihrer Schulausbildung offensichtlich der Berufsberatung der Agentur für Arbeit H mitgeteilt. Denn diese hat sich mit Schreiben vom 30. April 2006 unter dem Aktenzeichen … und unter Hinweis auf die Meldung über die Beendigung der Schulausbildung an die Tochter der Klägerin gewandt. Darin wurde die Tochter der Klägerin darüber informiert, dass eine beitragsfreie Zeit im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung unter bestimmten Voraussetzungen als Anrechnungszeit berücksichtigt werden könne. Deshalb wurde die Tochter der Klägerin aufgefordert, ihrem Rentenversicherungsträger den Zeitraum vom 27. April 2005 bis 30. September 2005 zu melden, und zwar mit dem Meldegrund „Ausbildungssuche bei einer deutschen Agentur für Arbeit (§ 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 3a SGB VI)” [Kindergeldakte, Bl. 96]. Die Familienkasse der Agentur für Arbeit H wurde von der Berufsberatung über den gesamten Vorgang nicht informiert.
Seit Juli 2006 ist die Tochter der Klägerin mit einem in der Türkei lebenden Ehemann verheiratet (Kindergeldakte, Bl. 84, 97). Im November 2006 beantragte die Klägerin Kindergeld für ein verheiratetes Kind und erklärte dabei, dass ihre Tochter nicht die Schule besuche. Auf Kontrollanfrage bei der Schule wurde der Familienkasse bekannt, dass die Tochter der Klägerin ihre Schulausbildung am 20. April 2005 abgebrochen hatte. Am 15. Januar 2007 wurde der Beklagten das o.g., an die Tochter der Klägerin gerichtete Schreiben der Agentur für Arbeit H übermittelt. Mit Schreiben vom 22. Februar 2007 forderte die Beklagte die Klägerin auf, den beigefügten Vordruck „KG 11a” betreffend Kinder ohne Ausbildungsplatz ausgefüllt zurückzusenden sowie zur Vorlage einer Bestätigung der für die Arbeitsvermittlung zuständigen Stelle darüber auf, ob und ggfs. seit wann das Kind dort als arbeitssuchend geführt werde und außerdem zur Übersendung von Nachweisen über aktuelle eigene Bemühungen um einen Ausbildungsplatz. Die Klägerin sandte jedoch lediglich den Vordruck „KG 11a” ausgefüllt zurück; eigene Bemühungen der Tochter der Klägerin um einen Ausbildungsplatz sind unstreitig weder vorgetragen noch feststellbar.
Mit dem vorliegend streitgegenständlichen Bescheid vom 28. März 2007 hob die Beklagte die Kindergeldfestsetzung für die Tochter der Klägerin für die Monate Mai 2005 bis August 2006 auf und forderte das nach ihrer Ansicht für diese Zeit überzahlte Kindergeld von 2.464 EUR zurück. Nach dem Abbruch der Schulausbildung habe die Tochter der Klägerin keine weitere Berufsausbildung aufgenommen und sei auch nicht ausbildungsplatzsuchend gewesen.
Der Einspruch blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 8. Mai 2007). Eine Berücksichtigung der Tochter der Klägerin nach § 32 Abs. 4 Nr. 1 EStG sei nicht möglich, weil diese im Streitzeitraum nicht arbeitssuchend gemeldet gewesen sei. Die Bescheinigung über Meldezeiträume sei ausschließlich für die Rentenversicherung bestimmt und begründe keinen Kindergeldanspruch.
Zwischen den Beteiligten besteht Streit über den Inhalt der Meldung vom 27. April 2005 gegenüber der Berufsberatung der Agentur für Arbeit H. Während die Beklagte mangels Beweises des Gegenteils durch die Klägerin dav...