Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen einer Musikerin für ein Übezimmer
Leitsatz (redaktionell)
1) Das Übezimmer eines Musikers stellt kein häusliches Arbeitszimmer im Sinne von § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG dar.
2) Aufwendungen für das Übezimmer sind grundsätzlich unbeschränkt abziehbar, sofern die Räumlichkeit nahezu ausschließlich beruflich genutzt wird.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, 5 Nr. 6b
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Berücksichtigungsfähigkeit von Aufwendungen der Klägerin für ein sogenanntes Übezimmer bei den Einkünften der Klägerin aus selbständiger Arbeit als Musikerin im Streitjahr 2007 streitig.
Im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2007 machte die Klägerin im Rahmen ihrer Einkünfte aus selbständiger Arbeit als Musikerin Aufwendungen für einen innerhalb ihrer Wohnung gelegenen Raum geltend, der zum Proben, Einüben und Einstudieren der von ihr aufzuführenden Musikstücke genutzt wurde. Der Raum hatte mit einer Fläche von 45,12 qm einen Anteil von 21,49 % an der Gesamtwohnfläche in Höhe von 210 qm. In Anbetracht ihres Umzugs im September des Streitjahres machte die Klägerin für die Dauer von 8 Monaten hinsichtlich der in dieser Zeit für die Wohnung entstandenen Gesamtkosten in Höhe von 14.277,96 EUR einen Anteil von 21,49 % geltend, mithin einen Betrag von 3.068,33 EUR. Daneben setzte die Klägerin weitere unstreitige Betriebsausgaben in Höhe von 6.837,17 EUR von ihren Betriebseinnahmen in Höhe von insgesamt 14.803,74 EUR ab und ermittelte so einen Gewinn in Höhe von 4.898 EUR aus ihrer freiberuflichen Tätigkeit als Musikerin, den sie im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung in Ansatz brachte.
Im Rahmen des Einkommensteuerbescheides für 2007 vom 11.08.2009 wurden diese Raumkosten in Höhe von 3.068,33 EUR nicht berücksichtigt. In den Erläuterungen des Bescheids wies der Beklagte darauf hin, dass das Übezimmer nicht berücksichtigt werden könne. Es zeige die Eigenschaft eines Arbeitszimmers auf (Bearbeiten von Notenmaterial; Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer Arbeiten) und bilde zudem nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit der Klägerin.
Hiergegen legte die Klägerin fristgerecht Einspruch ein.
Im Verlaufe des Einspruchsverfahrens wurde der angegriffene Bescheid wegen anderweitiger für das vorliegende Verfahren nicht relevanter Streitpunkte am 11.11.2009 zugunsten der Klägerin geändert. Dieser Änderungsbescheid wurde gemäß § 365 Abs. 3 AO Gegenstand des Einspruchsverfahrens.
Mit Einspruchsentscheidung vom 12.11.2009 wurde der Einspruch der Klägerin im übrigen als unbegründet zurückgewiesen. Dabei stellte der Beklagte im Wesentlichen darauf ab, dass als sonstiges Arbeitszimmer zwar ein Raum anzusehen sei, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre eingebunden sei und vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher, verwaltungstechnischer oder organisatorischer Arbeiten diene. Dabei müsse es sich jedoch nicht zwingend um Arbeiten büromäßiger Art handeln. Vielmehr könne ein häusliches Arbeitszimmer auch dann vorliegen, wenn es sich um eine geistige, künstlerische oder schriftstellerische Betätigung handele, wobei eine häusliche Einbindung regelmäßig zu bejahen sei, wenn der Raum zur privaten Wohnung oder zum Wohnhaus des Steuerpflichtigen gehöre. Zudem habe der BMF in seinem Schreiben vom 03.04.2007 (BStBl I 2007, 442) ausdrücklich das häusliche Musikzimmer einer freiberuflich tätigen Musikerin als Arbeitszimmer definiert.
Darüberhinaus sei der angefochtene Bescheid auch insoweit nicht zu beanstanden, als davon auszugehen sei, dass das Übezimmer nicht als Mittelpunkt der gesamten beruflichen bzw. betrieblichen Tätigkeit anzusehen sei, da dieser Mittelpunkt dort anzunehmen sei, wo nach Würdigung des Gesamtbilds der Verhältnisse und der Tätigkeitsmerkmale diejenigen Handlungen vorgenommen und Leistungen erbracht würden, die für die ausgeübte Tätigkeit wesentlich und prägend seien. Dies sei bei einer Musikerin nicht der häusliche Übungsraum.
Im Rahmen ihrer hiergegen fristgerecht erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, dass sich in dem von ihr als Übezimmer genutzten Raum ausschließlich Musikinstrumente (Flügel, Klarinetten und Bratsche) sowie Regale zur Aufbewahrung von Noten befunden hätten. Den Flügel habe sie benötigt, um mit einer Zweitstimme die entsprechenden Stücke zu proben (sogenannte Korepitition).
Die Klägerin hat insoweit Fotografien eingereicht, auf dem zum einen die Platzierung des Flügels ersichtlich ist, zum anderen ein kleinerer Tisch im Sinne eines Sekretärs. Hierzu hat die Klägerin ausgeführt, dass sie diesen Tisch mit dem darauf liegenden Rohrblattbaugerät zur Erstellung der Klarinettenblätter (Abprobieren und Kopieren der Schachtelhahn-Rohrhölzer) benötige. Insoweit sei darauf hinzuweisen, dass für das Musizieren mit einer Klarinette jeweils erforderlich sei, ...