Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen für Kur- und Internatunterbringung von Kindern als außergewöhnliche Belastungen oder Sonderausgaben
Leitsatz (redaktionell)
1) Aufwendungen für den Besuch einer Privatschule sind grundsätzlich durch die Kinderfreibeträge bzw. das Kindergeld abgegolten. Soweit ausbildungsbedingte Mehrkosten für auswärtige Unterbringung entstehen, werden diese durch den Ausbildungsfreibetrag des § 33a Abs. 2 EStG abgegolten.
2) Der Fall der Hochbegabung der Kinder ist kein Ausnahmefall, der einen Abzug von Internatskosten als außergewöhnliche Belastungen gem. § 33 EStG rechtfertigen würde.
3) Aufwendungen für ausländisches Schulgeld sind nach dem EuGH-Urteil v. 11.9.2007 - Rs. C-76/05, DStR 2007, 1670 nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG zu 30% abziehbar.
Normenkette
EStG §§ 33, 10 Abs. 1 Nr. 9, § 33a Abs. 2
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Aufwendungen für Kur- und Internatunterbringung von drei Kindern der Kläger als außergewöhnliche Belastungen steuermindernd zu berücksichtigen sind bzw. in welcher Höhe die Kläger Schulgeldzahlungen als Sonderausgaben abziehen können.
Die Kläger sind Eheleute, die in den Streitjahren 1998 und 1999 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden.
Die Kläger haben drei gemeinsame Kinder, die Töchter M (geb. 01.11.1981), L (geb. 16.01.1986) und den Sohn N (geb. 24.12.1987).
Da die Kläger zunächst ihre Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre nicht abgaben, wurden die Besteuerungsgrundlagen geschätzt. Gegen die Schätzungsbescheide legten die Kläger rechtzeitig Einspruch ein.
In den im Laufe der Rechtsbehelfsverfahren eingereichten Steuererklärungen machten die Kläger außergewöhnliche Belastungen in Höhe von 43.426,78 DM für 1998 und 64.549,79 DM für 1999 geltend. Hierbei handelte es sich um Aufwendungen für den Privatschulbesuch ihrer drei Kinder sowie um Aufwendungen für eine stationäre Kinderkur wegen Übergewichts und gestörten Essverhaltens der Tochter L. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Kläger haben drei hochbegabte Kinder, die nach ihren Angaben, wenn sie schulisch nicht entsprechend ihren geistigen Bedürfnissen und Potentialen angemessen gefordert und gefördert werden, umgehend an somatisierten Konflikten erkranken, die adäquate und erfolgversprechende Maßnahmen zur Behandlung erforderlich machen. Die einzig erfolgversprechende und zumutbare Maßnahme zur Verhinderung somatisierter Konflikte bestehe aus medizinisch-psychologischer Sicht in einer den geistigen Anlagen und Talenten der Kinder entsprechenden und somit auf die Bedürfnisse von Hochbegabung abgestellten schulischen Förderung. Unterbleibe diese, würden die Kinder, wie die Vergangenheit gezeigt habe, physisch und psychisch krank. Wegen der weiteren Begründung wird auf die Anlagen zum Schriftsatz vom 19. August 2002 Bezug genommen.
Von den Kosten entfielen 1998 DM 33.867,79 und 1999 DM 27.415,62 auf den Besuch der C-Schule im Land T durch die beiden Töchter. Das hierin enthaltene Schulgeld, das nicht auf Beherbergung, Betreuung oder Verpflegung entfällt, wurde von den Klägern nicht nachgewiesen, beläuft sich aber pro Jahr auf mindestens DM 10.000. Wegen der weiteren Zusammenstellung wird auf die Aufstellung der Kläger, die diese den Einkommensteuererklärungen 1998 und 1999 beigefügt haben, Bezug genommen.
Die Tochter M studierte nach Abschluss der C-Schule an der Universität S.
Der Beklagte erließ während des Einspruchsverfahrens am 13. September 2001 geänderte Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre, in denen er den erklärten Besteuerungsgrundlagen mit Ausnahme der geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen folgte. Da die Kläger ihre Einsprüche weiterverfolgten, wies der Beklagte diese mit Einspruchsentscheidung vom 6. Dezember 2001 als unbegründet zurück.
Mit der Klage verfolgen die Kläger ihr Ziel der Berücksichtigung von außergewöhnlichen Belastungen weiter. Zur Begründung führen sie ergänzend aus:
Die streitgegenständlichen Aufwendungen für ihre Kinder stünden rechtlich Kosten zur Vorbeugung und Therapie von Krankheiten gleich und seien deshalb als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen. Sie seien ihnen als Eltern, die für das geistige und leibliche Wohl ihrer Kinder verantwortlich seien, aus sittlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Andere Maßnahmen zur Behandlung und Reaktion auf den Befund „Hochbegabung” hätten ihnen bei ihren Kindern und deren persönlichen Veranlagung im Streitzeitraum in Deutschland nicht zur Verfügung gestanden. Die Anmeldung bei speziellen, auf Hochbegabtenförderung spezialisierten Schulen sei aus medizinischer Sicht die einzig erfolgversprechende Maßnahme zur Therapie der Kinder gewesen. Es gehe mithin nicht primär um Kosten für Schulausbildung und schulische Förderung, sondern um die adäquate Behandlung somatisierter Konflikte, also um die Behandlung von Gesundheitsstörungen. Hätten die Kinder bei Besuch der Normalsc...