Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorerwerb trotz entgeltlicher Nießbrauchsablösung
Leitsatz (redaktionell)
Eine Grundstücksschenkung unter Vorbehalt eines lebenslänglichen unentgeltlichen Nießbrauchsrechts zugunsten des Schenkers ist auch dann nach § 14 ErbStG als Vorerwerb im Rahmen der nachfolgenden Erbschaftsteuerveranlagung zu berücksichtigen, wenn der Grundstückserwerber und spätere Alleinerbe das Nießbrauchsrecht des Schenkers (Erblassers) vor dem Tod gegen Zahlung einer dem Verkehrswert entsprechenden Abfindung abgelöst hat.
Normenkette
ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1, §§ 25, 29 Abs. 1, § 14 Abs. 1 S. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob eine Grundstücksschenkung unter Vorbehalt eines lebenslänglichen unentgeltlichen Nießbrauchsrechts zugunsten der Schenkerin deshalb nicht gemäß § 14 ErbStG als Vorerwerb im Rahmen der nachfolgenden Erbschaftsteuerveranlagung zu berücksichtigen ist, weil der Grundstückserwerber und spätere Alleinerbe (Kläger) das Nießbrauchsrecht der Schenkerin (Erblasserin) vor deren Tod gegen Zahlung einer dem (behaupteten) Verkehrswert entsprechenden Abfindung abgelöst hat.
Der Kläger ist ausweislich des Erbscheins des Amtsgerichts der Stadt L vom 20. Dezember 1999 testamentarischer Alleinerbe seiner am 22. Mai 1999 verstorbenen Mutter Frau O (Erblasserin). Diese hatte dem Kläger mit notariellem Vertrag vom 30. August 1993 (Urk.-Nr. … des in der Stadt L amtsansässigen Notars Herr X), auf dessen weiteren Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, unter Vorbehalt eines lebenslangen unentgeltlichen Nießbrauchsrechts das in der Stadt L belegene Grundstück C-Str. ohne Vereinbarung einer Gegenleistung zu Alleineigentum übertragen. Am 25. August 1997 hatte die Erblasserin mit dem Kläger und seiner Ehefrau, Frau O 2, unter der laufenden Urk.-Nr. … desselben Notars einen weiteren Vertrag abgeschlossen, in dem sich die Erblasserin bereit erklärt hatte, das zu ihren Gunsten eingetragene Nießbrauchsrecht gegen Abfindungszahlung seitens des Klägers und seiner Ehefrau in Höhe von insgesamt 750.000 DM, die sie zur Tilgung von Verbindlichkeiten verwenden wollte, im Grundbuch löschen zu lassen. Dabei sollten der Kläger und seine Ehefrau einen Teilbetrag von 585.000 DM bis zum 30. September 1997 auf ein Notaranderkonto überweisen; den Rest der Abfindung sollten sie durch Übernahme grundpfandrechtlich gesicherter Darlehensverbindlichkeiten leisten, die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch mit ca. 165.000 DM valutierten. Wegen der darüber hinaus getroffenen Vereinbarungen wird auf den Inhalt der Vertragsurkunde vom 25. August 1997 verwiesen.
Nachdem der Kläger im Februar 2000 seine Erbschaftsteuererklärung beim Beklagten eingereicht hatte, setzte dieser ausgehend von einem mit 2.985.022 DM bezifferten Erwerbswert mit Bescheid vom 5. Oktober 2004 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 AO) Erbschaftsteuer i.H. von 487.350 DM (=249.178 Euro) gegen den Kläger fest. In die Ermittlung des Nachlasswerts bezog er dabei unter anderem den auf 1.252.500 DM geschätzten Bedarfswert des Grundstücks C-Str. ein. Vorerwerbe wurden erklärungsgemäß nicht berücksichtigt.
Mit seinem hiergegen gerichteten Einspruch begehrte der Kläger unter Hinweis auf die als Anlage übersandten Notarverträge vom 30. August 1993 und 25. August 1997 unter anderem, das Objekt C-Str., das bereits 1993 in sein zivilrechtliches Eigentum übergegangen sei und seit Anfang 1998 auch in seinem wirtschaftlichen Eigentum stehe, weder bei der Ermittlung des Nachlasswertes noch als Vorschenkung nach § 14 ErbStG in die Berechnung der Erbschaftsteuer einzubeziehen. Hierzu vertrat er die Auffassung, ein schenkungsteuerpflichtiger Vorerwerb liege hinsichtlich der Übertragung des Objekts C-Str. nicht vor, weil der zur Ablösung des Nießbrauchsrechts gezahlte Betrag von insgesamt 750.000 DM mit dem Verkehrswert des Objekts identisch, der Erwerb des Grundstücks mithin nicht unentgeltlich erfolgt sei.
Mit Teilabhilfebescheid vom 14. Januar 2005 ermäßigte der Beklagte die Erbschaftsteuer des Klägers auf 91.550 DM (= 46.808 Euro). Dabei erfasste er das Grundstück C-Str. antragsgemäß nicht mehr als Teil des Nachlasses, wohl aber mit seinem um 40 v.H. erhöhten Einheitswert (250.500 DM × 140 v.H. = 350.700 DM) als Vorschenkung, die er dem auf 792.612 DM verminderten Erbanteil des Klägers nach Maßgabe des § 14 ErbStG hinzurechnete. Den Vorbehalt der Nachprüfung hob er auf (§ 164 Abs. 3 AO).
Den aufrechterhaltenen Einspruch des Klägers, der gegen die Berücksichtigung des Grundstückserwerbs C-Str. als Vorschenkung weiterhin einwandte, die entgeltliche Ablösung des Nießbrauchsrechts in 1997 sei wirtschaftlich als Rückabwicklung der unentgeltlichen Grundstücksschenkung aus dem Jahre 1993 anzusehen, wies der Beklagte mit Rechtsbehelfsentscheidung vom 8. November 2005, auf deren Inhalt Bezug genommen wird, als unbegründet zurück. Dabei vertrat er die Auffassung, bei dem später vereinbarten entgeltlichen Nießbr...