Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Kindergeld bei bloßer Duldung
Leitsatz (redaktionell)
Ausländer, die sich im Rahmen einer ausländerrechtlichen Duldung im Inland aufhalten, haben keinen Anspruch auf Kindergeld.
Normenkette
EStG § 52 Abs. 61a S. 2, § 62 Abs. 2
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger für seine Kinder im Jahr 2005 einen Anspruch auf Kindergeld hat.
Der Kläger ist mazedonischer Staatsangehöriger. Er lebt seit 1995 mit seiner Lebensgefährtin und den gemeinsamen Kindern, B, geb. 3.7.1997, und N, geb. 16.2.1999, in Deutschland. Ausländerrechtlich ist der Kläger in Deutschland nach § 55 Abs. 2 AuslG und ab 2005 nach § 60a AufenthG geduldet (Bl. 64 – 67 der FG-Akte).
Bis zum 31.12.2003 stand der Kläger in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis. Im Anschluss daran erhielt er Arbeitslosengeld. In der Zeit vom 1.9.2004 bis 31.12.2005 war der Kläger im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme bei E e.V. tätig. Der Verein führte Kranken- und Rentenversicherungsbeiträge ab, jedoch keine Arbeitslosenversicherungsbeiträge (s. Vermerk vom 29.9.2005 Bl. 156 der KiG-Akte).
Mit Bescheid vom 15.2.2005 hob die Familienkasse die bisherige Kindergeldfestsetzung ab Januar 2005 auf. Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein, der mit Einspruchsentscheidung vom 19.10.2005 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Zur Begründung berief sich die Beklagte auf die fehlenden Voraussetzungen des § 62 Abs. 2 EStG. Auch nach dem deutsch-jugoslawischen Abkommen bestünde kein Anspruch, da während der ABM-Maßnahme keine Arbeitslosenversicherungspflicht bestanden hätte.
Mit der Klage verfolgt der Kläger seinen Kindergeldanspruch ab 2005 weiter. Zur Begründung führt er an, dass er während des gesamten Jahres 2005 Beiträge an die Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung abgeführt habe. Insofern sei er sozialversicherungspflichtig gewesen. Von der Arbeitslosenversicherung sei er gemäß § 27 Abs. 3 Nr. 5 SGB III befreit gewesen. Ihm stehe daher als mazedonischer Staatsangehöriger nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über Soziale Sicherheit vom 12.10.1968 Kindergeld zu. Der Kläger sei als Arbeitnehmer im Sinne des Abkommens anzusehen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 15.2.2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.10.2005 zu verpflichten, dem Kläger für das Jahr 2005 Kindergeld zu bewilligen,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Am 1.1.2005 sei das neue deutsch-mazedonische Abkommen über Soziale Sicherheit vom 8.7.2003 in Kraft getreten (BGBl. II 2004, 1066 und BGBl. II 2005, 95). Mit dem Inkrafttreten des neuen Abkommens seien im Verhältnis zwischen Deutschland und Mazedonien das deutsch-jugoslawische Abkommen über Soziale Sicherheit vom 12.10.1968 in der Fassung des Änderungsabkommens vom 30.9.1974 sowie die Durchführungsvereinbarung zu diesem Abkommen nicht mehr anwendbar (Art. 42 des Abkommens). Das neue Abkommen beziehe Kindergeld nicht mehr in den sachlichen Geltungsbereichs ein (Art. 2 Abs. 1 des Abkommens). In Deutschland lebende Staatsangehörige Mazedoniens könnten daher nur nach § 62 Abs. 2 EStG einen Kindergeldanspruch begründen. Da der Kläger nicht im Besitz einer der in § 62 Abs. 2 EStG genannten Aufenthaltstitel sei, bestehe kein Anspruch. Ferner lägen auch die Voraussetzungen des § 62 Abs. 2 EStG n.F. nicht vor. Insoweit werde auf das Urteil des BFH vom 15.3.2007 III R 93/03 verwiesen.
Die Beklagte hat mit Bescheid vom 12.1.2006 dem Kläger Kindergeld ab 2006 bewilligt.
Der Kläger ist seit dem 2.5.2007 im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis.
Die Beteiligten wurden in der mündlichen Verhandlung auf den Vorlagebeschluss des FG Köln vom 9. Mai 2007 (10 K 1690/07 nv juris) hingewiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Der Aufhebungsbescheid der Beklagten vom 15.2.2005 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Ausländer, die sich Rahmen einer ausländerrechtlichen Duldung im Inland aufhalten, haben keinen Anspruch auf Kindergeld. Der erkennende Senat folgt insoweit der im BFH-Urteil vom 15. März 2007 (III R 93/03, DB 2007, 1122) dargelegten Auffassung.
1. Nach § 62 Abs. 2 Satz 1 EStG i.d.F. des JStG 1996 hing der Anspruch eines Ausländers auf Kindergeld davon ab, dass er im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung (§ 27 AuslG) oder Aufenthaltserlaubnis (§ 15 AuslG 1990) war. Eine Aufenthaltsbewilligung (§§ 28, 29 AuslG 1990), Aufenthaltsbefugnis (§ 30 AuslG 1990) oder eine Duldung (§§ 55, 56 AuslG 1990) reichte nicht aus.
Diese Regelung hielt das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) für die wortgleiche Regelung in § 1 Abs. 3 des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) i.d.F. des Ersten Gesetzes zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms (1. SKWPG) vom 21. Dezember 1993 (BGBl I, 2353) insoweit für unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG, als die Gewährung von Kindergeld von de...