Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Gewährung des Entlastungsbetrag für Alleinerziehende
Leitsatz (redaktionell)
1) Bei mehreren Alleinerziehenden soll dieser Betrag dem Gesetzeswortlaut gemäß nur einmal gewährt werden. Hätte der Gesetzgeber eine Aufteilung gewollt, hätte er den Entlastungsbetrag "denjenigen" Alleinstehenden zuweisen müssen, die das Kind in ihren Haushalt aufgenommen haben.
2) Aus der Vorschrift des § 24b Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG lässt sich auch kein freies, von der Bestimmung des Kindergeldberechtigten unabhängiges Wahlrecht auf Gewährung des Entlastungsbetrages entnehmen.
Normenkette
EStG § 64 Abs. 2, § 24b Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Gewährung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende nach § 24b des Einkommensteuergesetzes – EStG –.
Der Kläger ist ausgebildeter Soziologe, erzielt jedoch mit einem Computerhandel Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 10.593 EUR. Zur Bestreitung seines Lebensunterhalts empfängt er außerdem Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (sog. Hartz IV-Leistungen). Seit dem 08.05.2002 ist er geschieden. Mit seiner geschiedenen Ehefrau, die ebenfalls in L wohnt, hat er eine im Streitjahr neun Jahre alte gemeinsame Tochter, die bei beiden Elternteilen während des Streitjahres gemeldet ist. Dem Wunsch der Tochter folgend, auch nach der Scheidung beide Elternteile sehen zu können, haben die Eltern folgende Betreuungsregelung getroffen. Von Montag nach der Schule bis Mittwoch früh lebt die Tochter beim Kläger, anschließend von Mittwoch nach der Schule bis Freitag früh bei ihrer Mutter, am Wochenende ab freitags nach der Schule bis Samstag Vormittag – alle zwei Wochen bis Sonntag Nachmittag – hält sich die Tochter beim Kläger auf und ab Sonntag Nachmittag bis Montag früh wieder bei der Mutter. Der Kläger übernimmt in den Zeiten, in denen die Tochter bei ihm lebt, die gesamte Betreuung von der Essenszubereitung mittags und abends, über die Hausaufgabenbetreuung und Begleitung zum Ballettunterricht bis zum gemeinsamen Spielen. Seine gewerbliche Tätigkeit schränkt er in diesen Zeiten entsprechend ein. Zum Haushalt des Klägers gehört keine weitere volljährige Person. Das Kindergeld für die Tochter des Klägers wird einvernehmlich seiner geschiedenen Ehefrau in voller Höhe ausgezahlt, da das Konto des Klägers von Pfändungen bedroht war. Seine geschiedene Ehefrau erzielt im Streitjahr kein steuerpflichtiges Einkommen.
In seiner Einkommensteuererklärung beantragte der Kläger den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende. Mit Einkommensteuerbescheid vom 28.11.2006 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers mit der Begründung ab, dass der Entlastungsbetrag demjenigen Alleinstehenden zustehe, soweit das Kind bei mehreren Steuerpflichtigen gemeldet ist, der die Voraussetzungen auf Auszahlung des Kindergeldes nach § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG erfülle. Dies sei im Fall des Klägers die Mutter des Kindes, an die das Kindergeld geleistet werde.
Den hiergegen eingelegten Einspruch vom 22.12.2006 begründete der Kläger nicht, so dass der Beklagte den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 15.03.2007 als unbegründet zurückwies.
Gegen diese Entscheidung des Beklagten erhob der Kläger am 17.04.2007 die vorliegende Klage. Der Kläger ist unter Bezugnahme auf die Gesetzesbegründung zu § 24b EStG der Ansicht, dass er die Voraussetzungen für die Gewährung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende erfülle. Er sei alleinstehend, seine Tochter gehöre an drei und ein halb Tagen pro Woche zu seinem Haushalt und er habe nach § 1612b des Bürgerlichen Gesetzbuches – BGB – und nach § 64 Abs. Satz 1 EStG Anspruch auf die Hälfte des Kindergeldes. Da auch seine geschiedene Ehefrau, als Mutter der Tochter, Anspruch auf Kindergeld habe, offenbare sich eine Gesetzeslücke in § 24b EStG, der für solche Fälle lediglich auf Satz 1 des § 64 Abs. 2 EStG verweise, nicht jedoch auf die folgenden Sätze. Einen Lebensmittelpunkt bei dem einen oder anderen Elternteil gebe es für seine Tochter nicht, da sie von beiden Eltern völlig gleichberechtigt erzogen und betreut werde. Die Lösung in der Praxis der Kindergeldkassen bestehe darin, in derartigen Fällen die Eltern untereinander bestimmen zu lassen, wer das Kindergeld ausgezahlt bekommen solle oder im Konfliktfalle an beide Eltern anteilig auszuzahlen. Entsprechend solle der Beklagte auch im Streitfall verfahren. Auch bei der Berechnung der Unterstützungsleistungen nach „Hartz IV” für die geschiedene Ehefrau des Klägers werde ihr das Kindergeld nur zur Hälfte angerechnet, obwohl sie auch den Anteil des Klägers am Kindergeld ausgezahlt bekomme. Schließlich weist der Kläger darauf hin, dass die Auszahlung von Kindergeld keine gesetzliche Voraussetzung für die Gewährung des Entlastungsbetrags nach § 24b EStG darstelle.
Der Kläger beantragt,
unter Änderung des angefochtenen Einkommensteuerbescheids 2005 vom 28.11.2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.03.2007 die...