Entscheidungsstichwort (Thema)
Freiberufliche Tätigkeit als Werbegrafiker und Werbedesigner
Leitsatz (redaktionell)
Die Tätigkeit eines Werbegrafikers und Werbedesigners, der den Kunden die Erstellung von Konzepten und deren Verwirklichung in Form von Werbeplakaten, Postern, Zeitungsanzeigen, Werbemappen und Verpackungen diverser Produkte des täglich Bedarfs anbietet und hierbei als Paket neben der Konzepterstellung, den Text, das Layout, Reinzeichnung und Lithografie sowie die Vervielfältigung und Auslieferung der fertigen Produkte mit einer Auflage zwischen 100 und weit über 100.000 Stück übernimmt, die von Druckereien durchgeführt werden, kann eine freiberufliche künstlerische Tätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG sein.
Normenkette
EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
Strittig ist, ob der Kläger aus seiner Tätigkeit als Werbegrafiker und Werbedesigner Einkünfte aus Gewerbebetrieb oder freiberufliche Einkünfte erzielt.
Mit Prüfungsbeginn vom 22. April 1997 fand bei dem Kläger eine Betriebsprüfung für die Jahre 1992 bis 1995 statt. Nach den Feststellungen des Prüfers umfasste die Tätigkeit des Klägers in diesen Jahren die Erstellung von Konzepten und deren Verwirklichung unter anderem in Form von Werbeplakaten, Postern, Zeitungsanzeigen, Werbemappen oder auch Verpackungen diverser Produkte des täglichen Bedarfs. Das gesamte Leistungspaket, das der Kläger den Kunden in Rechnung stellte, umfasste gemäß der geprüften Auftrags- und Rechnungsunterlagen neben der Konzepterstellung den Text, dass Layout, Reinzeichnung und Lithografie sowie die Vervielfältigung und Auslieferung der fertigen Produkte. Hierbei variierte die Auflage zwischen 100 und weit über 100.000 Stück, wobei die Vervielfältigung hauptsächlich von zwei Druckereien durchgeführt wurde. Die angefallenen Aufwendungen für Lithografie und Druck steigerten sich von 220.000 DM im Jahr 1992 bis ca. 700.000 DM im Jahr 1995. Nach Auffassung des Prüfers war bei diesem Sachverhalt die Frage, ob es sich bei Teilen der Tätigkeit des Klägers um eine künstlerische Tätigkeit handelte, nicht erheblich, weil eine gemischte Tätigkeit vorliege, die insgesamt als gewerblich zu beurteilen sei. Hierfür sprächen in erster Linie die Urteile des BFH vom 10.12.1964 (BStBl. III 1965, 114) und vom 14.12.1976 (BStBl. II 1977, 474), wonach eine eigene Serienproduktion oder Vervielfältigung geschaffener Werke zur Annahme einer gewerblichen Tätigkeit führe.
Mit Verfügung vom 15.07.1997 wurde der Prüfungszeitraum auf Gewerbesteuer 1990 bis 1991 erweitert.
Aufgrund der Betriebsprüfung erließ der Beklagte erstmalige Gewerbesteuermessbescheide für die Jahre 1990 bis 1995, für die ein Postaufgabevermerk nicht festgestellt werden kann. Am 28.04.1998 erhob der Kläger gegen Gewerbesteuermessbescheide 1990 bis 1995 vom 30.03.1998 bzw. 01.04.1998 Einspruch. Nach einer in den Akten vermerkten Mitteilung der Stadt L sind die Gewerbesteuermessbescheide 1990 bis 1992 am 30.03. und die Gewerbesteuermessbescheide 1993 bis 1995 am 01.04.1998 bekannt gegeben worden. Der Bevollmächtigte des Klägers kündigte eine Begründung der Einsprüche innerhalb von fünf Tagen an. Nachdem diese nicht einging, erließ das Finanzamt unter dem 23.09.1998 eine Einspruchsentscheidung, in der es die Einsprüche gegen die Gewerbesteuermessbescheide 1990 bis 1995 als unbegründet zurückwies. In der Einspruchsentscheidung hielt der Beklagte an seiner Rechtsauffassung fest, dass es sich bei der Tätigkeit des Klägers um eine sogenannte gemischte Tätigkeit handele, die einheitlich zu beurteilen sei, weil die einzelnen Tätigkeiten sich gegenseitig bedingen und miteinander verflochten seien, so dass nach allgemeiner Verkehrsauffassung sie als Einheit anzusehen seien. Für diese Einheit spreche im vorliegenden Fall insbesondere die Tatsache, dass dem Auftraggeber ein einheitlicher Erfolg in Form des vervielfältigten Endproduktes geschuldet worden sei. Bei der Tätigkeit des Klägers herrsche das gewerbliche Moment der Tätigkeit vor, so dass sie insgesamt als eine gewerblich geprägte Tätigkeit zu würdigen sei. Dafür spreche in erster Linie, dass der Kläger eine eigene Serienproduktion und Vervielfältigung geschaffener Werke übernommen habe.
Gegen die Einspruchsentscheidung vom 23.09.1998 hat der Kläger am 21.10.1998 Klage erhoben. Sein Bevollmächtigter trägt vor, der Kläger sei weder mit der Werbemittelverbreitung noch mit der Werbemittlung befasst. Er sei Grafikdesigner und erbringe die für diesen Beruf typischen Leistungen. Als Grafikdesigner entwickele er Gestaltungsideen, die mit den spezifischen Ausdrucksmitteln der Grafik realisiert würden. Die Tätigkeit des Grafikdesigners erfordere kreatives, schöpferisches und damit geistiges Vermögen. Die persönliche Schöpfungsleistung und die Fähigkeit, die gefundene Gestaltungsidee sichtbar zum Ausdruck zu bringen, charakterisiere die Arbeit des Grafikdesigners als künstlerische Tätigkeit. Der Kläger habe Grafikdesign an der Fachhochschule für Kunst und Gestaltung studiert. Die Kenntnisse und Fer...