Entscheidungsstichwort (Thema)
Gleitende Vermögensübergabe, Anwendung des neuen Rechts
Leitsatz (redaktionell)
1) Die zu § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG a.F. entwickelten Grundsätze zur Beurteilung des sachlichen Zusammenhangs von Versorgungsleistungen zur Vermögensübergabe sind auch bei der Frage maßgeblich, ob Versorgungsleistungen i.S.d. § 52 Abs. 23g EStG auf einer vor dem 1.1.2008 vereinbarten Vermögensübertragung beruhen.
2) Bei Ablösung eines Nießbrauchs nach dem 31.12.2007 kann die Anwendung von § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG a.F. nicht auf Fälle beschränkt werden, in denen die Ablösung und deren Zeitpunkt bereits in dem Übertragungsvertrag verbindlich vereinbart wurden.
Normenkette
EStG § 52 Abs. 23g, § 10 Abs. 1 Nr. 1a
Nachgehend
BFH (Aktenzeichen X R 31/15) |
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob monatliche Zahlungen i.H.v. 2000 € des Klägers an seine Eltern im Rahmen einer so genannten gleitenden Vermögensübergabe als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1a des Einkommensteuergesetz – EStG – zu berücksichtigen sind. Dabei ist ausschließlich streitig, ob § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG in der vor dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung anwendbar ist. Die übrigen Voraussetzungen für die Berücksichtigung der Altenteilsleistungen als Sonderausgaben liegen nach den übereinstimmenden Angaben beider Beteiligten unstreitig vor.
Mit notariellem Vertrag vom 5. April 2003 übertrugen die Eltern dem Kläger und seiner Schwester das mit einem Mehrfamilienhaus bebaute und vermietete Grundstück in der A-Straße … in B. In § 4 in der notariellen Urkunde behielten die Eltern sich den Nießbrauch bis zum Tod des Längstlebenden vor. Die Möglichkeit, das vorbehaltene Nießbrauchsrecht durch eine spätere Rente abzulösen, wurde in den notariellen Vertrag nicht aufgenommen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Urkunde Nr. …/2003 des Notars C aus D, verwiesen (Bl. 38 ff. der Prozessakte). In einer weiteren notariellen Urkunde vom 6. April 2011 wurde das Nießbrauchsrecht der Eltern gegen Gewährung einer vom Kläger zu zahlenden monatlichen Rente i.H.v. 2000 € abgelöst. Wegen der Einzelheiten wird auf die Urkunde Nr. …/2011 des Notars E verwiesen (Bl. 45 ff. der Prozessakte).
In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2011 machte der Kläger 10.000 € Sonderausgaben im Rahmen einer gleitenden Vermögensübergabe geltend. Im (geänderten) Einkommensteuerbescheid vom 20. Dezember 2013 ließ der Beklagte diese Sonderausgaben unberücksichtigt. Stattdessen setzte er den in der Rente enthaltenen Zinsanteil als laufende Werbungskosten an und erhöhte die AfA aufgrund der aus der Rentenzahlung resultierenden nachträglichen Anschaffungskosten.
Hiergegen legte der Kläger am 3. Januar 2014 Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 9. April 2014 als unbegründet zurückwies.
Hiergegen hat der Kläger fristgerecht am 13. Mai 2014 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er wie bereits im Einspruchsverfahren vor, aus einem Schreiben seiner Eltern vom 21. Dezember 2002 und einem Schreiben von ihm und seiner Schwester vom 27. Dezember 2002, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird (Anlagen K5 und K6 zum Schriftsatz des Klägers vom 20. Juni 2014), ergebe sich eine verbindliche Vereinbarung, das vorbehaltene Nießbrauchsrecht später durch eine Rentenzahlung abzulösen. Dass diese Schreiben kein Datum für die Ablösung enthielten, sei unschädlich. In den Schreiben sei festgelegt, dass der Nießbrauch nur solange bestehen solle, wie die Eltern in B wohnen und sich um die vermieteten Wohnungen kümmern konnten. Entsprechend hätte der Nießbrauch mit Wegzug der Eltern aus B durch eine Rentenzahlung ersetzt werden sollen.
Der Kläger beantragt
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 9. April 2014 den Einkommensteuerbescheid 2011 vom 20. Dezember 2013 mit der Maßgabe zu ändern, dass Versorgungsleistungen i.H.v. 10.000 € als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG berücksichtigt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist er auf das BMF-Schreiben vom 11. März 2010, 2010-03-11 IV C 3-S 2221/09/10004, BStBl I 2010, 227. In Randziffer 85 dieser Verwaltungsanweisung sei geregelt, dass die Ablösung eines Nießbrauchs gegen Zahlung einer Rente nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2008 ab dem 1. Januar 2008 nur noch dann in voller Höhe als Sonderausgabe berücksichtigt werden könne, wenn die Ablösung des Nießbrauchsrechts bereits im Übertragungsvertrag vor dem 1. Januar 2008 verbindlich vereinbart worden sei. Nur in diesem Falle gelte § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG in der alten Fassung weiter. Der Kläger und seine Eltern hätten in dem notariellen Übertragungsvertrag nicht festgelegt, ob und unter welchen Bedingungen das mit der Übertragung vereinbarte Nießbrauchsrecht zu einem späteren Zeitpunkt abgelöst werden solle. Die Schreiben vom 21. Dezember 2002 und 27. Dezember 2002 könnten eine solche vertragliche Vereinbarung nicht ersetzen. Die steuerrechtliche Anerkennung eines Übertragungsvertrages gegen Ver...