Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuervergütung an in Brasilien ansässige Unternehmer
Leitsatz (redaktionell)
1) Die Gewährung einer Vorsteuervergütung nach § 18 Abs. 9 S. 6 UStG ist wegen Fehlens der Gegenseitigkeit im Ansässigkeitsstaat für in Brasilien ansässige Unternehmer ausgeschlossen, da in Brasilien eine umsatzsteuerähnliche Steuer erhoben wird, die in Deutschland ansässigen Unternehmern nicht vergütet wird.
2) § 18 Abs. 9 S. 6 UStG verstößt nicht gegen Art. 2 Abs. 2 der 13. EG-Richtlinie.
3) § 18 Abs. 9 S. 6 UStG verstößt weder gegen Art. 20 Abs. 3 GG noch gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
4) § 18 Abs. 9 S. 6 UStG ist mit Art. 25 DBA-Brasilien vereinbar.
Normenkette
13. EG-Richtlinie Art. 2 Abs. 2; GG Art. 20 Abs. 3, Art. 3 Abs. 1; DBA BRA Art. 25; UStG § 18 Abs. 9 S. 6
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im wesentlichen über die Frage, ob der Beklagte zu Recht die Gewährung einer Vorsteuervergütung nach § 18 Abs. 9 Satz 6 des Umsatzsteuergesetzes – UStG – wegen Fehlens der Gegenseitigkeit im Ansässigkeitsstaat der Klägerin, Brasilien, abgelehnt hat.
Die Klägerin ist eine brasilianische Gesellschaft, die im Bereich der grenzüberschreitenden Beförderung bzw. als Reederei tätig ist. Die Klägerin beantragte 1997 fristgemäß beim Beklagten eine Vorsteuervergütung i.H.v. 80.370,– DM für den Vergütungszeitraum Januar bis Dezember 1996.
Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 19.08.1997 die Festsetzung der entsprechenden Vergütung ab. Dies begründete er im wesentlichen damit, daß für Antragsteller aus Drittstaaten, bei denen eine Gegenseitigkeit nicht gegeben sei, nach § 18 Abs. 9 UStG eine Vorsteuervergütung nicht mehr möglich sei.
Wegen der weiteren Ablehnungsgründe wird auf den Bescheid vom 19.08.1997 Bezug genommen.
Dagegen wandte sich die Klägerin mit fristgerecht erhobenem Einspruch. Mit ihm trug sie vor, daß ihres Erachtens § 18 Abs. 9 Satz 6 UStG gegen Artikel 25 des Doppelbesteuerungsabkommens – DBA – zwischen Deutschland und Brasilien verstoße, da dieses eine Nichtdiskriminierungsklausel enthalte.
Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 25.05.1998 als unbegründet zurück. Im Rahmen der Einspruchsentscheidung führte er aus, daß seines Erachtens keine Diskriminierung brasilianischer Unternehmer vorliege, da deutsche Unternehmer bei korrespondierenden Lebenssachverhalten in Brasilien ebenfalls keine Entlastung enthielten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Klage.
Mit ihr verfolgt sie weiterhin das Ziel der antragsgemäßen Vergütung. Ausgehend von der Tatsache, daß im Verlaufe des außergerichtlichen Verfahrens die zunächst fehlende aktuelle Unternehmerbescheinigung und die Originalbelege vorgelegt worden sind und zwischen den Beteiligten unstreitig ist, daß die Klägerin keine Vorsteuern aus dem Bezug aus Kraftstoffen geltend macht, geht die Klägerin – insoweit in Übereinstimmung mit dem Beklagten – davon aus, daß vorbehaltlich der Gegenseitigkeitsklausel in § 18 Abs. 9 Satz 6 des Umsatzsteuergesetzes alle Voraussetzungen für die Festsetzung der begehrten Vergütung erfüllt sind.
Nach Überzeugung der Klägerin steht § 18 Abs. 9 Satz 6 UStG dem Vergütungsanspruch nicht entgegen.
Der Ausschluß vom Vorsteuervergütungsverfahren nach § 18 Abs. 9 Satz 6 UStG findet im Streitfall nach Auffassung der Klägerin keine Anwendung, weil der Tatbestand der Norm nicht erfüllt ist.
1. Ihres Erachtens wird in Brasilien weder eine Umsatzsteuer noch eine ähnliche Steuer im Sinne des Gesetzes erhoben.
Nach Überzeugung der Klägerin ist der Begriff der Umsatzsteuer und der der Umsatzsteuer ähnlichen Steuer entsprechend dem Umsatzsteuerbegriff in Artikel 33 der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie der Europäischen Gemeinschaft – 6. EG-Richtlinie – zu bestimmen. Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs – EuGH – habe eine Steuer den Charakter einer Umsatzsteuer, wenn sie eine allgemeine Verbrauchssteuer sei, die auf allen Handelsstufen einschließlich des Einzelhandels ohne Berücksichtigung der Zahl der Umsätze, die auf den vor der Besteuerungsstufe liegenden Produktions- und Vertriebsstufen bewirkt wurden, für Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen genau proportional zum Preis dieser Gegenstände und Dienstleistungen und unter Abzug der auf vorangegangene Umsätze gezahlten Mehrwertsteuer erhoben werde.
Eine derartige Steuer gebe es in Brasilien nicht.
Auf der Ebene des brasilianischen Bundesstaates bestehe eine Steuer für Umsätze für körperlichen Wirtschaftsgüter (Imposto sobre Produtos Industrializados, IPI). Diese Steuer werde lediglich auf der Herstellerstufe erhoben und sei damit keine allgemeine Verbrauchssteuer, die auf allen Handelsstufen erhoben werde. Außerdem besteuere die IPI keine Dienstleistungen.
Brasilianischen Einzelstaaten erhöben eine Steuer auf die Umsätze mit körperlichen Wirtschaftsgütern und die Importe sowie auf innerstaatliche ...