Entscheidungsstichwort (Thema)
Örtliche Zuständigkeit des Finanzgerichts bei Beklagtenwechsel; Kindergeld bei Behinderung des Kindes
Leitsatz (redaktionell)
1.) Wird nach Erhebung der Klage statt der ursprünglich beklagten eine andere Finanzbehörde für die Steuerfestsetzung zuständig und beruht dieser Zuständigkeitswechsel auf einem Organisationsakt der Finanzverwaltung, tritt die zuständig gewordene Behörde an die Stelle des bisherigen Beklagten in den anhängigen Rechtsstreit ein. Die örtliche Zuständigkeit des Finanzgerichts bleibt hiervon unberührt.
2.) Ein Anspruch auf Kindergeld für ein behindertes Kind besteht nur dann, wenn das Kind wegen der Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten und seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, wenn das Kind ausweislich eines medizinischen Gutachtens einer zumindest 20 Stunden pro Woche umfassenden Tätigkeit nachgehen kann.
Normenkette
FGO §§ 38, 70 S. 1; EStG § 62 Abs. 1 Nr. 1, § 63 Abs. 1 Nr. 1, § 32a Abs. 4 S. 1 Nr. 3; GVG § 17 Abs. 1 S. 1
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger hat eine am … 1978 geborene Tochter …, welche seit 1986 zu 50 vH schwerbehindert ist. Die Tochter des Klägers wurde 1984 eingeschult, besuchte dann bis 1994 die allgemeinbildende Schule und bis 1998 das Wirtschaftsgymnasium. Danach absolvierte sie in Vollzeit ein 10-monatiges Berufspraktikum. Am … 1999 schloß sie mit der Berufsschule für Technik in … einen Ausbildungsvertrag über die Ausbildung zur staatlich geprüften Gestaltungstechnischen Assistentin. Die Ausbildung dauerte nach dem Vertrag vom 6. September 1999 bis zum 31. August 2001 (auf den Lehrvertrag in den Kindergeldakten wird verwiesen), bis zu diesem Zeitpunkt zahlte ihr Vater auch Schulgeld, ihr Zeugnis erhielt seine Tochter allerdings bereits am 27. Juni 2001. Gemäß einer Mitteilung der Bundesanstalt für Arbeit vom 25. Juni 2001 war die Tochter des Klägers seit dem 28. Juni 2001 als arbeitslos beim Arbeitsamt … gemeldet. Seit Februar 2003 ist die Tochter des Klägers verheiratet.
Am … 2001 beantragte der Kläger für seine Tochter Kindergeld für den Zeitraum 1. September 2001 bis 31. Dezember 2003 und legte zur Begründung eine Kopie des Schwerbehinderten-Ausweises vor (auf dessen Kopie in den Kindergeldakten wird verwiesen). Zudem gab er an, seine Tochter sei seit Juli 2001 arbeitslos und erziele weder Einkünfte noch erhalte sie sonstige Bezüge.
Der Beklagte erwiderte, es müsse zunächst die Stellungnahme der Reha/SB-Stelle des zuständigen Arbeitsamtes … abgewartet werden. Auf Grund amtsärztlicher Begutachtung gelangte die vorgenannte Behörde zu der Einschätzung, dass die Tochter des Klägers in der Lage sei, eine arbeitslosenversicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden umfassende Beschäftigung unter üblichen Bedingungen auszuüben.
Auf Grund der langen Bearbeitungszeit des Einspruchs im Parallelverfahren zum Festsetzungszeitraum 1. Juli bis 31. August 2001 (hiesiges Az. 2 K 6686/03) wandte sich der Kläger mit Schreiben vom 7. August 2002 an den Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen. Dieser reichte die Eingabe des Klägers zur Stellungnahme an den Beklagten weiter, woraufhin er eine Stellungnahme gegenüber der mit der Fachaufsicht betrauten Behörde abgab. Um dem Beschwerdeverfahren nicht vorzugreifen, wurde der Kindergeldantrag zunächst nicht beschieden.
Am 21. Januar teilte der Kläger allerdings mit, dass er eine Sachentscheidung begehre und gab am 24. Februar 2004 zudem – vom Beklagten unbestritten– an, dass seine Tochter am 20. Februar 2003 geheiratet habe. Zudem erhob er Untätigkeitsbeschwerde, woraufhin der Beklagte ihm gegenüber am 26. März 2003 eine Sach- und Rechtsauskunft erteilte und ihm Gelegenheit zur weiteren Stellungnahme gab. Der Kläger gab daraufhin an, seine Tochter leide an Diabetes und an einer Sehschwäche. Die Wertung der Reha/SB-Stelle des Arbeitsamtes … sei daher falsch und seine Tochter sei gerade nicht in der Lage, sich selbst zu unterhalten.
Am … 2003 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers ab, weil keines der in § 32 Abs. 4 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) genannten Tatbestandsmerkmale für eine Kindergeldfestsetzung gegeben sei. Dagegen legte der Kläger am … 2003 Einspruch ein, den er nochmals damit begründete, die Sacheinschätzung der Reha/SB-Stelle des Arbeitsamtes … sei falsch.
Durch Einspruchsentscheidung vom … 2004 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Arbeitslose Kinder würden nur bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres unterstützt, während die Tochter des Klägers bereits im Februar 1999 dieses Alter erreicht habe. Die Tochter sei auch in der Lage, sich selbst zu unterhalten, weil dies die konkrete Bewertung der Einzelfallumstände durch einen Amtsarzt der Reha/SB-Stelle des Arbeitsamtes … ergeben habe. Im Übrigen bestehe seit der Heirat des Kindes im Februar 2003 keine Unterhaltspflicht des Klägers mehr.
Gegen den Ablehnungsbescheid vom … 2003 in Gestalt...