Entscheidungsstichwort (Thema)
Vollständiger Freistellungsanspruch nach § 50d Abs. 1 EStG für ausländische Gesellschafter einer amerikanischen S-Corporation betreffend Gewinnausschüttung einer inländischen Tochtergesellschaft. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: I R 13/23)
Leitsatz (redaktionell)
1. Zu Gunsten einer US-amerikanischen S-Corporation findet trotz ihrer Qualifikation als sog. hybride Gesellschaft bei Ausschüttungen ihrer deutschen Tochtergesellschaft Art. 10 Abs. 3 DBA-USA Anwendung.
2. Einer Geltendmachung des aus § 50d Abs. 1 Satz 2 EStG i. V. m. Art. 10 Abs. 3 DBA-USA i. V. m. § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG und Art. 29 Abs. 2 DBA-USA folgenden Freistellungs- und Erstattungsanspruchs durch die S-Corporation selbst steht § 50d Abs. 1 Satz 11 EStG i. d. F. des AmtshilfeRLUmsG entgegen.
3. Mangels materiell-rechtlicher Wirkung führt diese Regelung nicht zu einer betragsmäßigen Verringerung des Anspruchs.
4. Infolge der verfahrensrechtlichen Wirkung, die § 50d Abs. 1 Satz 11 EStG i. d. F. des AmtshilfeRLUmsG beizumessen ist, ist der Anspruch gem. § 50d Abs. 1 Satz 2 EStG i. V. m Art. 10 Abs. 3 DBA-USA i. V. m. § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG und Art. 29 Abs. 2 DBA-USA durch die Gesellschafter der S-Corporation geltend zu machen.
Normenkette
DBA USA Art. 10, 29; KStG § 31; EStG § 50d Abs. 1
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der in den USA ansässigen Klägerin zu 1) – eine sog. S-Corporation – oder ihren Gesellschaftern, den Klägern zu 2) bis 17), im Hinblick auf eine Gewinnausschüttung einer inländischen Tochtergesellschaft der Klägerin zu 1) ein Anspruch auf vollständige Freistellung und Erstattung der Kapitalertragsteuer zusteht.
Die Klägerin zu 1) ist eine Kapitalgesellschaft US-amerikanischen Rechts mit Sitz in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA). Sie hat nach US-Steuerrecht für die Besteuerung als sog. „S-Corporation” optiert und ist daher in den USA nicht körperschaftsteuerpflichtig; ihre Einkünfte werden stattdessen unmittelbar bei den in den USA ansässigen Gesellschaftern besteuert (Subchapter S, §§ 1361 bis 1378 des Internal Revenue Code (IRC)). Gesellschafter der Klägerin zu 1) sind ausschließlich natürliche Personen, die in den USA ansässig sind, sowie nach US-Recht errichtete und in den USA ansässige Trusts, deren Begünstigte wiederum ausschließlich in den USA ansässige natürliche Personen sind. Die Gesellschafter der Klägerin zu 1) sind die Kläger zu 2) bis 17).
Die Klägerin zu 1) hält seit mehreren Jahren eine 100%-Beteiligung an der A Deutschland Holding GmbH mit Sitz in B (kurz: „GmbH”, eingetragen beim Handelsregister des Amtsgerichts B unter der Registernummer HRB …). Aufgrund eines Gewinnverwendungsbeschlusses vom …November 2013 schüttete die GmbH am …Dezember 2013 eine Dividende i.H.v. … € (brutto) an die Klägerin zu 1) aus. Hiervon zählt nach Abzug des Anteils, für den Beträge aus dem steuerlichen Einlagekonto im Sinne des § 27 KStG als verwendet gelten (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG), ein Betrag i.H.v. … € zu den Einkünften aus Kapitalvermögen. Die GmbH behielt hierauf Kapitalertragsteuer i.H.v. 25% zzgl. Solidaritätszuschlag und damit insgesamt … € (Kapitalertragsteuer i.H.v. … € zzgl. Solidaritätszuschlag i.H.v. … €) ein und führte diese an das Finanzamt B ab.
Mit Schreiben vom 14. März 2014 beantragte die Klägerin zu 1) formlos die vollständige Erstattung der einbehaltenen Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag i.H.v. … € (vgl. Bl. 1 ff. Verwaltungsakte des Beklagten zum Az. US…, kurz VA). Mit Schreiben vom 21. Mai 2014 reichte sie bezugnehmend auf diesen Antrag u.a. ein ausgefülltes Antragsformular „Antrag auf Erstattung der deutschen Abzugsteuern von Kapitalerträgen” ein, wobei sie als Erstattungsberechtigten „A Corp. (S-Corporation) für ihre Gesellschafter” eingetragen hatte (vgl. Bl. 6 ff., 17f. VA). Die Gesellschafter ergaben sich aus dem ebenfalls beigefügten Dokument „Form 6166” für das Tax Year 2013 (vgl. Bl. 8 f. VA).
Mit Bescheid vom 4. September 2014 setzte der Beklagte den zu erstattenden Betrag gegenüber der Klägerin zu 1) als Erstattungsberechtigte auf … € (Kapitalertragsteuer i.H.v. … € sowie Solidaritätszuschlag i.H.v. … €) fest (vgl. Bl. 19 ff. VA). Dies entspricht einer Quellensteuerreduktion auf 15 %. Eine weitergehende Erstattung versagte der Beklagte mit der Begründung, dass aufgrund der Einführung des § 50d Abs. 1 Satz 11 EStG in der damals geltenden Fassung (EStG a.F.) die Vergünstigung nach Art. 10 Abs. 2 Buchst. a) DBA-USA nicht beansprucht werden könne. Die Reststeuer betrage 15%, da auf die Abkommensberechtigung der Gesellschafter der Klägerin zu 1) abgestellt werden müsse.
Dieser Bescheid berücksichtigte daneben eine weitere Gewinnausschüttung der GmbH an die Klägerin zu 1) vom …Dezember 2012 i.H.v. … €, für die eine Erstattung von Kapitalertragsteuer i.H.v. … € und Solidaritätszuschlag i.H.v. … € gewährt wurde. Insoweit hat der Beklagte während des Einspruchsverfahrens dem Begehren der Klägerin durch (Teil-)Abhilfebescheid vom 8...