Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachweis der Vollmacht bei Vertretung durch einen "Berufsträger"
Leitsatz (redaktionell)
1) Ein Auftreten i. S. des § 62 Abs. 3 Satz 6 FGO (i. F. d. 2. FGOÄndG) setzt nicht voraus, dass der Bevollmächtigte an der mündlichen Verhandlung teilnimmt. Es genügt, dass seine Beteiligung sich auf die Erhebung der Klage beschränkt. Das gesetzliche Tatbestandsmerkmal des Auftretens entfällt nicht rückwirkend durch die spätere Mandatsniederlegung.
2) Aus dem übertragbaren Rechtsgedanken des § 88 ZPO folgt, dass der Fall der Berücksichtigung des Mangels der Vollmacht von Amts wegen demjenigen der Berücksichtigung aufgrund einer Vollmachtsrüge gegenübersteht. Im Fall einer Vollmachtsrüge besteht auch beim Auftreten eines Rechtsanwalts die Verpflichtung des Gerichts zur Prüfung der Vollmacht.
3) § 62 Abs. 3 Satz 6 FGO (i. F. d. 2. FGOÄndG) ändert nichts daran, dass ein zu berücksichtigender Mangel der Vollmacht zur Unzulässigkeit der Klage führt.
Normenkette
FGO § 62 Abs. 3, 3 S. 6; ZPO § 88
Tatbestand
Der Kläger betrieb im Streitjahr ein Unternehmen als Fahrlehrer. Die Klägerin erzielte als Angestellte dieses Unternehmens Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Mit dem Einkommensteuerbescheid vom 20.08.1999 schätzte der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen und setzte die Steuer auf … DM fest. Dabei legte Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit in Höhe von … DM und Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit der Klägerin von … DM sowie als Sonderausgaben Kirchensteuer von … DM und die Vorsorgepauschale von … DM zugrunde. Den Einspruch wies der Beklagte mangels Vorlage der Steuererklärung als unbegründet zurück.
Im Klageverfahren traten für die Kläger zunächst die im Tenor bezeichneten Prozeßvertreter auf. Prozeßvollmachten für die Kläger legten sie trotz Aufforderung nicht vor. Der Kläger legte mit Schreiben vom 08.10.2000 den Ausdruck eines Schreibens vom 12.12.1999 an den Beklagten vor, wonach er die Einkommensteuererklärung anliegend übersende (Bl. 43 der Gerichtsakte – GA). Dem Schreiben waren nicht unterschriebene Ausdrucke bzw. Kopien Einkommensteuererklärung nebst Gewinnermittlung (Einnahme-Überschuß-Rechnung) beigefügt. Danach beträgt der Gewinn … DM. Aus der Gewinnermittlung ergeben sich u.a. folgende Einzelangaben zu den ausgewiesenen Betriebseinnahmen von insgesamt … DM:
Umsätze zu 7 v.H. |
… DM |
Umsätze zu 15 v.H. |
… DM |
Umsätze zu 16 v.H. |
… DM |
aus beruflicher Tätigkeit Ehegatte |
… DM |
Unter die ausgewiesenen Betriebsausgaben von insgesamt … DM setzen sich wie folgt zusammen:
Vorsteuern |
… DM |
Lohnkosten |
… DM |
Raumkosten |
… DM |
Kraftfahrzeugkosten |
… DM |
Betriebskosten |
… DM |
In den Lohnkosten sind Aufwendungen für eine Lebensversicherung von … DM und eine Position Krankenversicherung – Arztkosten von … DM enthalten. Die Betriebskosten enthalten mit einem Gesamtumfang von … DM folgende Positionen:
Darlehnsaufwendungen und Zinsen: |
… DM |
Ausstehende TÜV+SVA Geb. |
… DM |
Betriebsausstattung |
… DM |
Arztaufwendungen – Medikamente |
… DM |
In einer bereits im Vorauszahlungsverfahren vorgelegten Summen- und Saldenliste zum 31.12.1997 (Kopie Bl. 53 ff. GA) sind die Raumkosten mit insgesamt … DM ausgewiesen.
In der Anlage N sind für die Klägerin ein Bruttolohn von … DM sowie als Werbungskosten 365 Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ohne Kilometerangabe, Beiträge zu Berufsverbänden von … DM und Kontoführungsgebühren in Höhe von … DM angesetzt. Als Sonderausgaben werden Vorsorgeaufwendungen (Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung) von … DM und Kirchensteuern von … DM geltend gemacht.
Belege zu den einzelnen Positionen der Gewinnermittlung und der Steuererklärung im übrigen haben die Kläger nicht vorgelegt.
Mit Bescheid vom 03.07.2000 hob der Beklagte den Vorbehalt der Nachprüfung des Umsatzsteuerbescheids auf. Der Kläger hat beantragt, den Änderungsbescheid zum Gegenstand des Verfahrens zu machen. Die Klägerin hat keinen entsprechenden Antrag gestellt.
Der Kläger hat keinen Sachantrag gestellt.
Der Beklagte beantragt,
den angefochtenen Bescheid in der Weise zu ändern, daß der Gewinn des Klägers aus selbständiger Arbeit mit … DM, die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit der Klägerin mit … DM und die beschränkt abzugsfähigen Sonderausgaben – Vorsorgeaufwendungen (Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung) – mit … DM angesetzt werden, und im übrigen die Klage abzuweisen.
Der Beklagte rügt den Mangel der Vollmacht bezüglich der Klägerin.
Er verweist darauf, daß eine unterschriebene Steuererklärung nicht vorliege. Die Gewinnermittlung weiche von der früher eingereichten Summen- und Saldenliste ab. Beide Aufstellungen enthielten Aufwendungen, die keine Betriebsausgaben enthielten. Die Werbungskosten der Klägerin seien nicht belegt. Auch die Lohnsteuerkarte fehle.
Die Prozeßvertreter der Kläger haben nach Zustellung der Ladung mit Schreiben vom 4.1.2001 mitgeteilt, daß sie die Kläger nicht mehr verteten. Die Ladung enthielt einen Hinweis darauf, daß noch keine Prozeßvollmachten vorgelegt seien. Ladungen wurden auc...